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    Die Bühne als Wahrzeichen und eine alter Hase als Frischling

    Wieder einmal gibt es ein Jubiläum zu feiern in München. Und so mancher Beobachter der Kleinkunstszene reibt sich verwundert die Augen und fragt sich, ob es denn wirklich sein könne, dass das Theater im Fraunhofer tatsächlich erst 30 Jahre alt wird. Die kleine, überaus feine Bühne mitten im Zentrum der Stadt ist beinahe schon zu einem Wahrzeichen geworden. Und es lässt sich kaum noch ein humorinteressierter Mensch finden, der nicht der Meinung wäre, dass das Fraunhofer genauso zu München gehört wie die Zwiebeltürme der Frauenkirche. Und deshalb fällt es so schwer, sich vorzustellen, dass es die Kleinkunstschmiede in der Fraunhoferstraße nicht schon immer gegeben hat.

    Seinerzeit ist die Bühne entstanden aus der heute oft als legendär bezeichneten Kleinkunstszene der Stadt, die Kabarettsuperstars wie Gerhard Polt oder die Biermösl Blosn nach oben gespült hat. Gehalten hat sich die Bühne, weil sie immer noch eine der ersten Adressen der Stadt ist. Altmeister Sigi Zimmerschied stellt hier seine neuen Programme vor. Auch jüngere Stars wie Helmut Schleich haben ihre neuen Programme immer gerne im Fraunhofer gezeigt. Doch die gemütliche Bühne sorgt sich auch um die Pflege ganz anderer Traditionen. Es gibt einen Poetenstammtisch, der als offene Bühne für alle Kleinkünstler, die etwas Neues mitzuteilen haben, zur Institution geworden ist. Der musikalisch-literarische Frühschoppen hat sich der Mundartliteratur verschrieben und wird von Helmut Eckl, einem Urgestein der Szene, in unnachahmlich großstadt-uriger Art moderiert. Der MUH-Abend erinnert an die oben erwähnte Blütezeit der Szene und präsentiert aus Musik und Wortkunst zusammengemischte Programme, ganz in der Tradition des alten‚ Musikalischen Unterholz‘, des MUH eben, zu dessen Mitbegründern Fraunhofer-Chef Josef Bachmaier einst gehörte. Gerade putzt sich das Fraunhofer frisch heraus, will den Service für das Publikum erhöhen, indem es die hinteren Sitzreihen in die Höhe montiert. Außerdem soll eine gerade in den Sommermonaten ‚heiß ersehnte‘ Klimaanlage eingebaut werden. Das Fraunhofer rüstet sich für die nächsten 30 Jahre. Wir gratulieren!

    Gratulation auch für das neue Programm der Lach- und Schießgesellschaft. Der Versuch, sich ein Ensemble aus der gesamten Bundesrepublik zusammenzucasten, wurde von vielen mit Skepsis zur Kenntnis genommen. Jetzt steht ein Ensemble auf der Bühne, das modernes Komikerkabarett spielt, oder moderner formuliert: heiße Power-Polit-Comedy. Sonja Kling, Ecco Meineke, Michael Morgenstern und Thomas Wenke spielen, was das Zeug hält, gegen die Rollkragen-Nostalgie des verstaubten Ensemblekabaretts an – mit Erfolg. Michael Ehnert, Regisseur und Autor des Programms „Jenseits von Oz“, hat ganze Arbeit geleistet.

    Nichts anderes lässt sich auch von dem Sommerprogramm der Münchner Kabarettspezln im Lustspielhaus sagen. Was da auf die Beine gestellt wird, wirkt beinahe wie der Nachweis, dass waschechte Kabarettisten immer noch den besten Blödsinn auf die Bühne stellen können. „Kinik unter Almen – Dr. Occam operiert wieder“, heißt das neue Hurraprogramm von und mit Andreas Giebel, Alexander Liegl, Gabi Rothmüller, Manfred Kempinger und Helmut Schleich. Ein Jahr hatten sie pausiert. Das sollten sie nicht noch einmal machen. Denn so viel geballte Bühnenpräsenz bekommt man selten geboten in einem Theater.

    Große Erfahrung bekamen die Zuschauer in der Drehleier zu sehen. Da stellte sich doch glatt einer auf die Bühne, der eigentlich immer hinter, neben, unter und vor den Kleinkunstbühnen der Stadt gewirkt hat. Werner Winkler, Chef der traditionsreichen Drehleier, Regisseur und Autor ungezählter Varieté-Programme, Wirt mit Sinn für Geschmack und Ambiente, Talentsucher und Förderer in der Szene, hat etwas getan, womit nun wahrlich nicht gerechnet werden konnte: Er hat ein Soloprogramm vorgestellt. „Schnitzeljagd“ heißt es und nicht wenige Künstler dürften sich ertappt fühlen bei dem, was Winkler auf der Bühne erzählt. Was in einer Garderobe hinter der Bühne so abgeht, das hat uns alle schon immer interessiert. Werner Winkler weiß es und teilt es der staunenden Öffentlichkeit mit. Wer übrigens etwas über München wissen will, typische Münchner und Münchner Verhaltensweisen kennen lernen möchte, der bekommt von Winkler eine Lehrstunde geliefert. Der Münchner ist leise, laut, sympathisch und ein Arschloch, aber eben auch: ein Mensch. Im Herbst gehts in der Drehleiher u.a. weiter mit der München Premiere von Christian Springers neuem Programm "Fonsi - machts so weiter!" (ab dem 20.10.). FONSI, Kassenmann von Schloß Neuschwanstein. Er kennt sich aus. Denn die ganze Welt kommt zu ihm. Und Bayern kennt er sowieso. Der FONSI ist ein "Siebeng'scheiter" - wie man in Bayern sagt. Und ein Grantler dazu. Von "einfachen" Bürgern mit  Steuerproblemen über die glückliche Singlefrau bis zum Sozialhilfeempfänger als Millionär. FONSI kennt sie alle. Und vor allem weiß er alles besser. Dabei ist FONSI einer, der und den Spiegel vorhält: Warum wollen wir alles verändern, obwohl wir hoffen, dass alle so bleibt wie es ist? Also: Machts so weiter. Der FONSI sagt euch schon, wie.

    Am Ende sei noch vermeldet, dass es im Herbst ein neues Programm von Luise Kinseher geben wird. In „Glück & Co“ will uns das großäugige Kabarettvollweib bei der Beantwortung ganz bestimmter Fragen helfen. Notorische Besser-Esser könnten erfahren, warum nur glückliche Hühner richtig knusprig werden. Weitere Fragen werden im November in der Lach-und-Schießgesellschaft beantwortet. Im Oktober feiert Christian Springers neues Programm Premiere in der Drehleier. In „Fonsi – Machts so weiter!“ meldet sich wieder Springers Alter Ego, der Kassenmann von Schloss Neuschwanstein, zu Wort, einer, der alles weiß, jeden kennt und eigentlich für alles eine Lösung hat. Beispiel? „Warum wollen wir alles verändern, obwohl wir hoffen, dass alles so bleibt, wie es ist?“ Na, bitte!

    Redaktion: Andreas Rüttenauer

    2004-09-15 | Nr. 44 | Weitere Artikel von: Andreas Rüttenauer





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