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    Aktuelle Kritik: Margot Rothweiler mit „Berliner Seitensprünge“ ...

    Margot Rothweiler mit „Berliner Seitensprünge“ im „Bamah“

    Das klassische Berliner Chanson stirbt nie. Böse Menschen sagen, es sei schon tot, irgendwann in den Siebzigern von Künstlerinnen zu Grabe getragen, die einen Tucholsky, Nelson, Kästner zuviel ins Publikum chansoniert haben. So weit wollen wir hier nicht gehen. Aber wenn man die Berliner Stadtmagazine durchblättert, fällt schon auf, dass praktisch an jedem Abend irgendwo die ausgelutschten Kamellen dargeboten werden. Auch die Schauspielerin Margot Rothweiler bedient sich aus dem ollen Fundus von Hollaender und Zeitgenossen. Aber man kann ihr zugute halten, dass sie die Stücke zum Teil umtextet oder mit eigenen, gereimten Betrachtungen und Chansons anreichert und zu einer Hommage an den Potsdamer Platz verbindet. Das ist immer dann originell – und sogar lehrreich – wenn sie einen engen Bezug zum Material spürbar machen kann, etwa wenn sie von der Geschichte des Viertels um das ehemalige jüdische Kaufhaus „Tacheles“ erzählt, das in den Zwanzigerjahren die 2. Wahl des teureren Wertheim-Sortiments an die kleinen Leute des Viertels verkaufte. Und es wirkt immer dann ein bisschen altbacken, wenn Margot Rothweiler zu sehr in aufgesetzte Kessheit mit Zungenschnalzen und Kicksen verfällt. Dann passiert ihr das, was praktisch alle Chansonetten mit diesen im Grunde grandiosen Texten und Melodien ins Klischee absaufen lässt: Die besungene Straßengören-, Huren- und Schieberromantik der Dreißigerjahre hat mit dem heutigen Berlin maximal so viel zu tun hat wie eine Currywurst mit einer Sushiplatte.

    Redaktion: Susann Sitzler

    2004-09-15 | Nr. 44 | Weitere Artikel von: Susann Sitzler





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