Am 9. Juni feierte die ufaFabrik, das weit über Berlin hinaus bekannte Kulturzentrum, mit einer Gala sein 25-jähriges Jubiläum. Mitbegründer „Juppy“ (Joseph Becher) bezeichnet die Gründung gern als den „größten Postraub aller Zeiten“. Vorausgegangen waren alternative Kulturinitiativen in Kreuzberg und Schöneberg, als am 9. Juni 1979 rund 100 Leute das Gelände des ehemaligen Ufa-Filmgeländes in Tempelhof besetzten, das der Post gehörte, aber leer stand und vom Abriss bedroht war.
Die Zahl der Mitglieder der Kommune wechselte, nach der Besetzung waren es 40, zeitweise dann sogar 70. Heute wohnen in der ufaFabrik 30 Erwachsene, die alle dort arbeiten, und sechs Kinder. Insgesamt hat die ufaFabrik inzwischen 160 bis 200 Mitarbeiter, die z. T. saisonbedingt tätig sind.
Anfangs standen Politik und Nachbarn der Kommune eher skeptisch gegenüber, aber der Verzicht auf öffentliche Förderung und die Bemühungen um die Verbindung von Kultur und Ökologie überzeugten Politik und Öffentlichkeit mehr und mehr. Heute ist die ufaFabrik ein „Gesamtkunstwerk“, wie es Juppy gern bezeichnet, und kann auf Fördermittel nicht mehr verzichten. Die Miete für das Gelände und die Unterkunfts- und Verpflegungskosten der Bewohner werden nach wie vor von der Gemeinschaftskasse gedeckt. Geblieben ist der Anspruch, ein Ort der interdisziplinären und multikulturellen Begegnung zu sein. Die Kontakte reichen heute über Deutschland und Europa hinaus bis nach Asien und Afrika.
Unter dem Dach des Vereins „ufaFabrik e. V.“, der auch den Pachtvertrag mit dem Land Berlin trägt, sind heute mehrere Betriebe und Vereine zusammengeschlossen, so das Internationale Kultur Centrum, das Stadtteilzentrum NUSZ mit Freier Schule, Kita, Pflegedienst und Kinderbauernhof, ufaVollkornbäckerei und Naturkostladen, Café Olé, Gästehaus, das Projekt Netdays Berlin und der Bereich Ökologie und nachhaltige Entwicklung. Bereits in den ersten Jahren entstanden der UfaCircus und die Circusschule, in der heute schon die vierte Künstlergeneration arbeitet.
1988 wurde die Sambaband „Terra Brasilis“ gegründet, die inzwischen international bekannt ist.
Die ufaFabrik ist heute Mitglied des Netzwerks europäischer Kulturzentren Trans Europe Halles und der International Association of Residental Art Centers.
Die Besucher kommen natürlich nicht nur aus dem Bezirk Tempelhof, sondern aus ganz Berlin und darüber hinaus. Das kulturelle Spektrum ist reichhaltig und reicht in den zwei Veranstaltungssälen und der Open-Air-Bühne von der kleinen Form bis zum großen Varietéprogramm.
Zur Gala auf der Open-Air-Bühne am 6. Juni waren als Ehrengäste u. a. der regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, und die Landwirtschafts- und Verbraucher-ministerin Renate Künast erschienen. Ministerin Künast erinnerte in ihrer launigen Gratulation vor allem an die Vorreiterrolle der ufa-Leute für ökologisches Bauen und Wohnen, das – ebenso wie die kulturelle Vielfalt der ufaFabrik – republikbestimmend geworden sei.
Redaktion: Dietmar Winkler
2004-09-15 | Nr. 44 | Weitere Artikel von: Dietmar Winkler