Jahre-, ja vielleicht jahrzehntelang gab es nur ganz wenige Zauberkünstler, die ein abendfüllendes Programm zeigten. In der Fachpresse wurde sogar gelegentlich von einem solchen Programm abgeraten, da die Zauberei das Publikum nicht so lange unterhalten könne!
Um so erfreulicher ist es, dass in den letzten Jahren immer mehr Zauberkünstler den Versuch wagen, ein eigenständiges Soloprogramm zu entwickeln. Noch erfreulicher ist es für den Betrachter, dass dabei sehr unterschiedliche Programme zustande kommen, die der Öffentlichkeit das Spektrum der Zauberkunst vor Augen führen. Eines möchte ich hier vorstellen: Youri Obreskov – im Augenblick des Zauberers.
Eine komplett leere Bühne, keine Musik, kein spezielles Licht – nur ein Mann in Weste mit Kartenspiel und einigen anderen kleinen Requisiten, die er bei sich trägt.
Dieser puristische Ansatz ist bewusst gewählt: Der ursprünglich aus Petersburg stammende und heute in Deutschland lebende Zauberer Youri Obrezkov will, dass „alles so unmöglich wie möglich“ erscheint, damit die Menschen wieder staunen können. Und da würden Kisten und andere Requisiten nur stören. Er verlässt sich ganz und gar auf seine Fingerfertigkeit, die ihm schon viele Preise der Fachwelt eingebracht hat. Aber nicht nur das. Er gehört zu jenen wenigen Künstlern, die über die Kunst nachdenken, die Psychologie der Kunststücke bedenken. Wer also die große Show will, sollte wegbleiben. Wer aber erleben will, dass Zauberkunst „mit Nichts“ möglich ist, und letztlich im Kopf der Zuschauer stattfindet, der sollte sich das Programm anschauen. Youri Obrezkov liebt die Zauberei – und das merkt man!
2005-12-15 | Nr. 49 |