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  • Themen-Fokus :: Clown | Mime

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    Clowninnen erobern die Welt!

    Eine neue Berufsgruppe etabliert sich: Die der Clownin! Seit den 80er-Jahren treten vermehrt Frauen als Clowninnen in die europäische Öffentlichkeit. Sie erobern zunehmend gesellschaftliche Bereiche, treten aus dem Zirkus heraus, hinein in die wirtschaftliche, religiöse, medizinische, pädagogische und soziale Sphäre. Das Clown-Sein begreifen die Frauen als einen Prozess, der vor allem durch Persönlichkeitsarbeit und Lebenserfahrung geprägt ist, und in dem immer wieder Grenzen auf persönlicher und gesellschaftlicher
    Ebene aufgebrochen worden.

    ZirkuspädagogikAngelika Schroers, Jahrgang 1973, studierte zunächst Sozialpädagogik, bevor sie ihren zweiten Studiengang in Ethnologie und Pädagogik an der Universität in Mainz abschloss. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt in der Durchführung von Seminaren zu Humor und Clownerie. Sie hat sich mit dem Phänomen der Clownin intensiv in einer Studie befasst, deren Kernstück zehn qualitative Interviews mit Frauen aus Deutschland und der Schweiz bilden, die beruflich als Clownin tätig sind. Ausbildungswege, Arbeitsfelder und Arbeitsweisen dieser neuen Berufsgruppe werden dargelegt. Welche Ziele verfolgen die Frauen in ihrer Arbeit und wo sehen sie die Grenzen des Clowns? Wie setzen sie sich mit der Spiritualität und dem Tod auseinander? Wie gestaltet sich das Wechselspiel zwischen Privatperson und Clownin? In mehreren Portraits und in vergleichenden Darstellungen finden sich Antworten, in denen die Frauen durch vielfältige Zitate immer wieder selber zu Wort kommen.

    Trottoir: Angelika, wofür steht die Figur des Clowns?

    Angelika Schroers: Durch die Recherche zu meiner Studie habe ich mir einen Überblick über Clownsphänomene in verschiedenen Kulturen und Zeiten erarbeitet, der mir die Bandbreite vor Augen geführt hat. Neben dem Zirkusclown als uns wohl bekanntester Figur tummeln sich dort: der Heyoka in mehreren indianischen Kulturen Nordamerikas, der Clown als Archetyp, der Trickster als mythische Gestalt, die rituellen Clowns, göttliche Narren und die stärker europäischen Phänomene wie der Mimus der Antike, die Hofnarren des Mittelalters, die Figuren der Commedia dell’Arte und viele mehr.

    T.: Hast Du auch beruflich mit verschiedenen Kulturen zu tun?

    A. S.: Ich bin Ethnologin und Pädagogin. In den letzten zehn Jahren war ich intensiv in der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit tätig, vor allem im Bereich des fairen Handels und der Freiwilligendienste. Jetzt bin ich selbstständig und biete Seminare in diesem Feld an, wobei ich kreative Auseinandersetzungen fördere, insbesondere durch Theatermethoden. Außerdem biete ich Humorfortbildungen und Clownseminare an. Und ich möchte gerne weiter forschen und schreiben.

    Clownschule Uli Tamm

    T.: Und was ist Dein persönliches Verhältnis zur Figur des Clowns?

    A. S.: Meine Sicht auf den Clown verändert sich. Ich vermute, dass dies nicht aufhört, denn der Clown ist ja ein Phänomen, das sich nicht in einer Definition klar fassen lässt. In der Literatur fand ich, dass der „Clown per definitionem nicht zu definieren ist“. Ich denke genau darin liegt auch die Spannung der Auseinandersetzung – welche Facetten sehe und entdecke ich in der Figur des Clowns und in meinen persönlichen Erfahrungen als Clownin?

    Während meiner zweijährigen Ausbildungszeit stand das Erleben im Vordergrund. Wir haben sehr viel improvisiert: Mit nichts auf die Bühne gehen und dann einen Impuls verspüren und ihm folgen und ausbauen und das Gefühl dabei körperlich in die Übertreibung steigern: Da war auch immer wieder Mut gefragt. Die Auseinandersetzung mit uns selber, mit dem, was an Gefühlen, Themen, Bewegungen hochkam, umzugehen – und es nicht festzuhalten! Der Clown ist Fluss, er springt von einem Jetzt ins nächste und dazwischen ist nichts, außer Jetzt, Jetzt, Jetzt.

    T.: Was motivierte Dich bei der Zusammenstellung des Buches?

    A. S.: Ich war sehr inspiriert von den Interviews mit den zehn Frauen, die als Clowninnen arbeiten, und schätze ihre Auseinandersetzung mit dem Clown sehr. Ich freue mich darüber, wenn mein Buch dazu beiträgt, dass mehr Menschen von ihrer Arbeit und ihren Sichtweisen erfahren und sich vielleicht selber auf die Entdeckungsreise zu ihrem inneren Clown machen – auf welche Weise auch immer.

    T.: Wem empfiehlst Du Dein Buch?

    A. S.: Das Buch ist für Menschen, die Interesse an Einblicken in die Lebensgeschichte von Clowninnen und ihrer Berufsauffassung haben. Dabei ist völlig egal, ob die Leserin (oder der Leser) selber als Clown aktiv ist, einfach gerne Clowns begegnet oder ihnen vielleicht sogar ein wenig skeptisch gegenübersteht. Etwas Anregendes zum Nachdenken oder Ausprobieren ist hoffentlich für alle dabei!

    T.: Kann man clowneskes Denken lernen?

    A. S.: Mit meinen Schweizer Kolleginnen und Kollegen biete ich neben Clownseminaren auch Humorfortbildungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Pflege- und sozialen Einrichtungen an, in denen wir mit Clownstechniken arbeiten. Das möchten wir auf weitere Arbeitsfelder ausweiten. Ja, was wir in unseren Seminaren vermitteln, oder besser gesagt, welchen Erfahrungsraum wir öffnen möchten: Der Wechsel vom Alltagsbewusstsein ins komische Bewusstsein ist für uns alle möglich! In dem komischen Bewusstsein erleben wir einen großen Haufen an Überraschungen und Möglichkeiten, die wir uns nicht ausdenken können, die unser Körper, unsere Stimme, … aber von alleine vollführen, sobald die „Kopfgrenzen“ aufgehoben sind. Und dafür ist die rote Nase ein tolles Hilfsmittel, sie gibt sozusagen die „offizielle Erlaubnis“, jetzt mal anders und völlig schräg sein zu dürfen.

    Uns geht es darum, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich in ihrem (beruflichen) Alltag immer wieder an die Clownsenergie anschließen, um mit vielleicht nervigen oder schwierigen Situationen anders und leichter umgehen zu können.

    T.: Warum ist clowneskes Denken notwendig, gerade in schwierigen Situationen?

    A. S.: Die Leichtigkeit und die Lebensfreude, die uns immer wieder im Alltag abhanden kommt – sie zu kultivieren und zu pflegen, dabei kann uns der Clown unterstützen. Flexibel und geschmeidig zu sein oder immer wieder ein bisschen zu werden, im Körper, im Verhalten, in Gedanken, in Gefühlen …, das finde ich ein schönes Ziel.

    T.: Was ist Deine Botschaft, Dein Motto?

    A. S.: Wachheit, Offenheit und Fülle. Der Clown hält eine Fülle an Ausdrucksmöglichkeiten bereit. Es ist genug für alle da – und noch viel mehr. Auf weitere Experimente! In und mit uns selbst. Und auf wunderbare Überraschungen, die andere Clowninnen und Clowns für uns bereithalten!

    T.: Was ist auf den Punkt gebracht das Ergebnis, die Erkenntnis Deines Buches?

    A. S.: Es gibt Clowninnen! Und es lohnt sich, ihre Arbeit kennenzulernen!

     

    Tipp:

    Schroers, Angelika: Clowninnen! Portrait einer Berufsgruppe. VDM Verlag Dr. Müller. 2008. 59,– Euro - www.comico.ch

    AdNr:1085; AdNr:1007

    2009-03-15 | Nr. 62 |





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