Eine gute Pointe zu erkennen ist leicht: Das Publikum lacht.
Zum Testen, ob das Publikum über die frischen Gags lacht, gibt es offene Bühnen. Dort spielen wir Comedians 5 - 10 Minuten des Programmes das wir ausprobieren möchten. Nach und nach kriegen wir mit, welche Gags funktionieren und welche nicht. Manchmal geht ein Gag drei mal in die Hose. Beim vierten mal betont man einfach nur anders und das Publikum geht total ab.
Aber bevor wir die Gags am Publikum ausprobieren können, müssen wir sie natürlich schreiben. Wer es noch nicht kann, kann es lernen: Es gibt Comedy-Autoren, die Comedywriting-Kurse geben. Man erfährt in ihren Seminaren zum Beispiel, wie man Sketche schreibt, ein Stand Up zu Papier bringt oder Sitcoms verfasst. Das alles sind Formate im Bereich Comedy. Aber wenn man sich auf reines Gag schreiben fokussieren möchte, dann empfiehlt sich ein Gagwriting-Workshop bei Comedy Alt Meister Michael Genähr. Er hat ein System von Kreativtechniken fürs Pointen schreiben entwickelt, das einem hilft auf gute Gags zu kommen. Pointen schreiben ist erlernbar - durch üben.
Michael Genähr gibt einem neun Techniken an die Hand - so genannte Comedy Tools. Diese neun `Denkwerkzeuge´ helfen der eigenen Phantasie auf die Sprünge. Eine dieser Techniken stelle ich Euch vor.
Ein Gag besteht aus zwei Sätzen oder Satzteilen: Einem einleitenden Satz - in Fachsprache das Setup - und einem zweiten Satz, der Pointe. Ein Beispiel:
Set Up: „Papa, darf ich Bungee springen?“
Pointe: „Nein, dein Leben hat schon mit ´nem kaputten Gummi angefangen“.
Wie ist der Autor des `Bungee-spring-Gags´ auf die Idee für seine Pointe gekommen? Dadurch, dass er – bewusst oder unbewusst – einen der 9 `Kreativ-Techniken´ eingesetzt hat. Es ist die Technik der Mehrfachbedeutungen. Viele Worte bedeuten Mehreres und das lässt sich zu Gags machen. Hier: Beim Bungee-Jumping braucht man ein Gummi(seil). Das Wort `Gummi´ hat mehrere Bedeutungen. Eine davon ist `Kondom´. Et voilá - eine Pointe ist geboren.
Wenn man als Comedy-Autor die Chancen erkennt, die Mehrfachbedeutungen haben, kann man diese Technik für seine Texte leicht einsetzen. Genähr zeigt einem, wie man diese – und 8 andere Techniken – üben kann.
In sehr konzentrierter Atmosphäre teilt Michael sein Wissen mit. Es ist viel Input in kurzer Zeit -man übt sämtliche Techniken- und findet schon im Workshop so manche Gagperle. Es macht Spaß, auch wenn die Köpfe ordentlich rauchen. Bei so viel Inhalt ist man am Ende froh, nach dem Kurs ausführliches Material zu bekommen, mit dem man weiter arbeiten kann.
Viele Comedian-Kollegen haben schon mit Michael Genähr gearbeitet und von allen hört man, dass es ihnen viel gebracht hat. Ich fand es ebenfalls großartig! Auch wenn man schon viele Pointen geschrieben hat, lohnt es sich auf jeden Fall. Denn die Systematik, die Michael einem an die Hand gibt, ist etwas, das man nicht mehr missen möchte: Auch wenn man mal nicht besonders inspiriert ist, kann man sich an die Übungen setzen und einfach weitermachen. Durch diese systematische Arbeitsweise findet man relativ leicht seine Gags. Ein tolles Handwerk, dass er da auf sehr angenehme Art vermittelt.
Bisher fand sein Kurs meist in Berlin statt, aufgrund der Nachfrage gibt es ab 2015 bundesweit Workshops. Man muss übrigens nicht Comedian sein, um teilzunehmen - für alle, die Reden halten, schreiben oder viel kommunizieren ist es sehr hilfreich Pointen produzieren zu können. Denn alle lachen gern.
Weitere Infos Michael Genähr:Capital-Comedy
Redaktion: Kassandra Knebel
2014-12-30 | Nr. 85 | Weitere Artikel von: Kassandra Knebel