so lautete die DDR-Revue von Lehrenden und Studierenden des Unitheaters OUT der Carl-von-Ossietzki-Universität Oldenburg. Originalmusik, Filmmaterial und eigene Texte erzählen von der Utopie des Sozialismus, vom beschworenen Wir-Gefühl, der Staatsgängelei und der kleinbürgerlichen Kreativität eines Staates, der einmal auch funktioniert hat. Als kabarettistischer Einzelkämpfer konfrontiert Dietrich Kittner im Horst-Janssen-Museum, Oldenburg, unter dem naturidentischen Slogan „Bürger, hört die Skandale!“ mit unliebsamen Wahrheiten des gelebten Alltags. Das Duo schrulliger Bonner Querdenker, Rainer Pause und Norbert Alich, gibt den folgenschweren Rat (Unikum, Oldenburg) „Kopf hinhalten!“, denn die Welt brennt an allen Ecken und Enden.
Im Alten Kurhaus in Bad Zwischenahn waren – schon im Mai – die „Dresdner Salon Damen“, die das Ammerland erneut aufsuchten. Für Silke Krause (Kaktusblüte Dresden) fast schon ein Heimspiel, denn im Klein Scharreler LITERATURIUM gastierte sie schon öfter, nur waren dort die Auftritte publikumsfreundlicher. Denn in Bad Zwischenahn mussten sich die Gäste die Stühle selbst besorgen, nachdem die nummerierten Plätze vergeben waren und lustig weiter Karten verkauft wurden. Die von einigen, besonders älteren Gästen, dann selbst eroberten freien Plätze – glücklich ergatterte Stühle und Sessel aus den Vorräumen – wurden einfach rigoros nicht freigegeben, sodass einige Gäste, um nicht weiter vom Veranstalter im Saal hin- und hergetrieben zu werden, schon vor dem erhofften Abend den sicheren Heimweg angetreten hatten. Dennoch, wenige haben die schlaffe, unprofessionell Organisation mitbekommen, und die Dresdner Salon Damen waren trotzdem Spitze. Der Frauen-Fünfer aus der Zwingerstadt (Klavier, Cello, Violine, Klarinette und Gesang) ließ bekannte UFA-Melodien auferstehen, und das im Flair der Historie. Visuell natürlich im Chic der 30er, von feschen Kopfbedeckungen bis hin zum stilvollen Kleid. Das Quintett muss beobachtet werden, die Frauen sind Klasse.
Im UNIKUM (Oldenburg) war ein Knüller der Auftritt des Österreichers Severin Gröbner. Die ganze Geschichte des Witzes in 120 Minuten; er reimt, singt und lästert – mal wie ein mittelalterlicher Stadtausrufer, dann wieder wie ein lässiger Talkmaster. Hat sich gelohnt!
Wie in jedem Jahr gab es auch in diesem wieder die beiden herausragenden Kabarett-Festivals im Norden:
Das 9. Satirefestival SATIRICA fand in Bremerhaven statt. Gundula Ott-von Bonin hat sich wieder ins Zeug gelegt und ein hervorragendes Programm zusammengestellt. Die Distel (Berlin), das dienstälteste Kabarettensemble der Nachkriegszeit, brillierte mit „Wenn der Thierse 2-mal klingelt“. Wie kann man Demokratie wieder schmackhaft machen? war die Frage des Abends. Erwin Grosche (Paderborn) gab seinen „Warmduscher-Report“, Andreas Giebel (München) ging mit bayrischer Kraft „der Sonne entgegen“, Jess Jochimsen (Freiburg) erzählte von „Flaschendrehen und anderen miesen Bräuchen“, Jürgen Becker (Köln) aktualisierte sein schon recht bekanntes Programm „Da wissen Sie mehr als ich!“ und Thomas Freitag (Hamburg), der Stimmenimitator, der sich selbst „komödiantischer Rollenschauspieler“ nennt, zog giftig-komisch mit 5.278 Litern Gülle zum Berliner Finanzministerium und stellte die Frage: „Geld oder Gülle“( Bühnenstück von Dietmar Jacobs).
Das 12. MosKITO-Kabarettfestival in Bremen-Vegesack war eine Reise wert. Mit von der Partie waren dieses Mal Luise Kinseher mit ihrem dritten Programm „Glück & Co.“; Kerim Pamuk in seinem anatolischen Schwarzmeer-Temperament mit „Maximo Luder“; Die Altneihauser Feierwehrkapell’n, acht Bilderbuchbayern mit ihrem komischen Musiktheater „Ein Haufen Blech, dazu acht Mann“; Jess Jochimsen und Jürgen Becker mit den gleichen Programmen wie auch in Bremerhaven; Frank Sauer (früher bei den „Nestbeschmutzern“) machte seinem Namen Ehre, mit abstrusen Ideen, schwarzem Humor und vollendetem Blödsinn, „Stocksauer“ heißt sein aktuelles Programm; Tina Teubner, die Poetin mit Charme und Scharfsinn, stimm- und sprachgewaltig, begleitet von ihrem Lieblingspianisten Ben Süverkrüp, watschelte nicht, sondern galoppierte mit „Glückgalopp. Rettet die Maßlosigkeit“; Volkmar Staub rezitierte aus den Schützengräben der Liebe, der Freizeit und der Altersvorsorge mit „Heimatfront“ und Nessi Tausendschön, mit Heide Beckmann am Klavier, stellte ihr neues Programm namens „Frustschutz“ vor. Sie schlüpft dabei in die Rollen des Schutzengels, der Sportreporterin, des alten Mädchens und des Cowgirls. Wer sie kennt, weiß, was ihn erwartet.
Was gab es sonst noch?
Kai Lorenz und Birthe Schwarz gastierten mit ihrem musiretisch-kabarikalischen Abend im Fair-Café im friesischen Schortens. Neu in Oldenburg ist das Berliner Zimmer. Imke Barnstedt hat einen literarischen Salon in der Roggemannstraße 31 eröffnet (siehe Extratext/Portrait).
Im Kulturwerk (Nienburg) wurde "Wir sind noch zu haben" aufgeführt. Im Foyer begrüßten Joachim Bruns und Lutz Ellermann vom ClownComedyComplott die Gäste mit stimmungsvoller Live-Musik. Andreas Wetzig als Spaßkellner Herr Krawalli stiftete im Gastrobereich allerhand Verwirrung. Im fast ausverkauften Theatersaal führte dieser als jonglierender Moderator durch ein zweistündiges Programm. Das ClownComedyComplott strapazierte die Lachmuskeln der Zuschauer in ständig wechselnden Rollen. Am Ende verlangte das Publikum mehrfach Zugaben.
Dieter Nuhr und Jürgen von der Lippe gingen in die großen Säle der Oldenburger Weser-Ems-Halle, und Gerd Hofmann von den Berliner Radieschen war im Hatter Rathaus zu Gast. Ulf Goerges zeigte in einer Solo-Inszenierung Georg Büchners „WOZECK“ in der Oldenburger Kulturetage und die Neuenburger Kleinkunstbörse bot Hoch- und Plattdeutsches, einen Kulturmarkt, der inzwischen auch überregional Beachtung gefunden hat. Bis zum nächsten Mal.
Ein friedliches 2005 wünscht euer
Klaus Groh
Bremerhaven Arbeitnehmerkammer
21.01.2005 Matthias Deutschmann CAPITOL
27.01.2005 Dieter Hildebrandt Stadttheater
04.02.2005 Arnulf Rainer CAPITOL
11.02.2005 Martin Buchholtz CAPITOL
01.03.2005 Django Asül CAPITOL
10.03.2005 Hertha Schwätzig CAPITOL
16.04.2005 Ferrucio Cainero CAPITOL
23.04.2005 Helmut Schleich CAPITOL
2004-12-15 | Nr. 45 | Weitere Artikel von: Klaus Groh