Von Menschen, die für sich einen Sinn für Komik reklamieren, würde man erwarten, dass sie die gängigen Preisverleihungsgalas nicht kopieren, sondern parodieren. Auf die Mitwirkenden beim Deutschen Comedy-Preis, der im Jahr 2004 erneut in Köln im Rahmen der RTL-TV-Gala verliehen wurde, trifft das, sieht man von der einen oder anderen Kollegenflapserei mal ab, nicht zu. Hier blieb das Ritual unangetastet. Und da der Ablauf keine Überraschungen bot und die Energie der phallisch anmutenden Preise sich weder auf die Akteure noch auf die Zuschauer übertrug, breitete sich schnell Langeweile aus, und die Claqueure mussten Schwerstarbeit leisten. Auch in diesem Jahr war der „Ingroup“-Charakter der ganzen Veranstaltung überall erkennbar, wenn einige Mitwirkende (Pocher, Herbig) immer wieder nominiert wurden und einige der Laudatoren (Kerkeling, Mittermeier) auch als Preisträger auftraten. Kein Zweifel: Hier agierte ein Club, dem offenbar die Mitglieder ausgehen. Ist das schon das Ende der Spaßgesellschaft, oder haben die Macher einfach nur die Zeichen der Zeit nicht erkannt? Olli Dittrichs so zeitgeistnaher und wirklich großer „Dittsche“ blieb unberücksichtigt. Er hätte in diesem Umfeld auch wie ein Fremdkörper gewirkt. Ansonsten lässt sich nicht bestreiten, dass der Abend auch zu neuen Einsichten verhalf. Zwar wussten wir schon, dass „Sieben Tage – sieben Köpfe“ das Nonplusultra an geistreichem Witz und Spontaneität im deutschen Fernsehen darstellt und daher einen Sonderpreis verdient hat. Dass aber die bereits abgesetzte Produktion „Olm“ die beste Comedy-Show des deutschen Fernsehens war (zumindest im Jahr 2004), war uns bisher noch nicht klar. Was ist nun ein solcher Preis wert? - Mehr Qualität und weniger TV-Quotenstars würden diesem Preis und der deutschen Comedy-Szene insgesamt guttun. - Positiv dagegen ist festzuhalten, das das 14. Köln-Comedy-Festival auf 18 Kölner Bühnen 126 Shows präsentierte von der Kölner Philharmonie mit der Quatsch Comedy in Concert Gala, präsentiert von Thomas Hermanns, bis zu Olli´s kleiner Bühne, vor der gerade mal 66 Zuschauer Platz finden. Und die waren oft empfehlenswert. Wie zum Beispiel im Atelier Theater Scheibe & die Loneley-Heart-Combo mit ihrer Köln-Premiere „Zu viel Sex ist gar nicht gesund“ oder im Alten Wartesaal die U-Bahn Kontrollöre in tiefgefrorenen Frauenkleidern mit Ihrem Programm „Ohne Fahrschein“. Hervorragende Unterhaltung auch von Horst Evers, der in seinem Programm „Gefühltes Wissen“ im Atelier Theater mit seiner Faulheit kokettierte. Was Evers produziert, hat Weltklasse. Zu Recht hat man ihm dafür schon mindestens vier namhafte Kleinkunstpreise nachgeworfen. Vielleicht hätte er auch mal den Köln-Comedy-Preis verdient...? - Weitere empfehlenswerte Shows gab es bei der WDR 5 Comedy Night moderiert von Dieter Nuhr, der Comedy Poetry mit Jess Jochimsen bis zum Nightwash-Abend im Gloria Theater.
Auch die Kleinkunst unterliegt bekanntlich Modeerscheinungen. Noch vor fünf Jahren konnte man den Eindruck gewinnen, Programme mit vier und mehr Leuten auf der Bühne würden bald Seltenheitswert haben, und selbst die Zeit der Duos schien sich dem Ende zuzuneigen. Die Trennung von Tresenlesen, Konejung und Schroth und anderen schien eines deutlich zu machen: Dem Soloprogramm gehört die Zukunft. Und jetzt? Die Strategie der Kleinkunsttheater scheint wieder in die entgegengesetzte Richtung zu gehen. Man setzt auf Synergieeffekte durch die Kombination mehrerer Künstler. Dabei ist nicht entscheidend, dass die Betreffenden wirklich gemeinsam auftreten. Immer häufiger werden stattdessen Extrakte aus diversen Soloprogrammen kombiniert. Der Trend geht derzeit in Richtung Kabarett-Revue. Der vorläufige Höhepunkt dieser Entwicklung ist Welte Eight Night – ein Programm, in dem gleich acht verschiedene Comedians (u. a. Mark Welte, Christian Ehring, Dagmar Schönleber und Martin Maier Bode) gemeinsam bzw. nacheinander auftreten. Zweifellos ein Frühjahrs-Highlight im Stollwerck! Ensemblespaß klassischer Prägung vermitteln natürlich auch die traditionelle Karnevalsrevue Punk Pink Pantheon und der ebenfalls seit geraumer Zeit fest etablierte Jahresrückblick Zeitlupe des Klüngelpützensembles. Auch die Duos sind wieder auf dem Vormarsch – eines von ihnen, das sich selbst kokett Faberhaft Guth nennt und bereits so ehrwürdige Haushaltsgegenstände wie die St. Ingberter Pfanne oder den Stuttgarter Besen einheimsen konnte, ist im Januar erstmals in Kölner Atelier-Theater zu Gast. Damit die Freunde des gepflegten Soloprogramms hier jedoch nicht völlig unberücksichtigt bleiben: Ende Januar tritt der Münchener Nachwuchskabarettist Claus von Wagner als Isaak Nix (ein bayrisch zu lesender Name) auf den Plan, um shakespearelike „Der Rest ist Schweigen“ zu sagen. Doch selbst er ist nicht ganz allein auf der Bühne (siehe Foto). Der Gruppenzwang auf der Kleinkunstbühne – er scheint stärker zu werden.
Atelier-Theater, Köln
22.1. „Abgefahr’n“ – Faberhaft Guth
Bürgerhaus Stollwerck, Köln
27./28.1. „Der Rest ist Schweigen“ – Claus von Wagner
9.3. Welte Eight Night
Klüngelpütz, Köln
ab 31.12. „Zeitlupe“ – Klüngelpützensemble
Pantheon, Bonn
ab 31.12. „Pink Punk Pantheon“
AdNr:1047s AdNr:1047b
2004-12-15 | Nr. 45 |