Ein Stuhl, ein Tischchen mit „gefälschtem“ Whisky und im dunklen Hintergrund ein Klavier, so sieht seine Bühne im Stuttgarter Theaterhaus aus. Das reicht Josef Hader, einer der besten deutschsprachigen Kabarettisten. Auf jeden Fall der Beste in Österreich, denn da kommt er her, wie wir alle wissen. Der leichte schwarze Humor, den alle Wiener drauf haben, ist auch an ihm nicht vorbei gegangen. Der Titel „Hader on ice“ klingt ein wenig wie eine LP von 1986: „Paranoia on the Rocks!“, die Josef auf keinen Fall kennen kann. Seine Themen sind vielfältig: Beziehungen, Sex, Politik, Wölfe, Bettler, Ablasshandel, „Kopf ab“ Enthusiasten, Josef schreckt vor nichts zurück. Ab und an verlässt er seinen Stuhl, stellt das mit „Alkohol gefüllte Glas“ zur Seite, und wagt sogar mal ein ironisches Tänzchen.
Hader wohnt jetzt auf dem Land. Leute, die nicht ganz in die konservative Idylle passen, bekommen auch mal das zu hören: „Ich weiß, wo dein Haus steht“, was ein wenig an Fußball-Fanatiker erinnert: „Schiri, ich weiß wo dein Auto steht“. Immer wieder unterbricht er seinen Textfluss, der über zweimal eine Stunde geht, mit genial gemachten Geräuschen. Ob er mit 60 Ruhe und Weisheit erreicht hat, lässt er im Raum stehen. Es scheint aber sein letztes Programm zu sein. Was auch nicht weiter schlimm ist, denn seine Filme, voll von Ironie wie „Indien“, füllen ihn wahrscheinlich aus. Und immer wieder bekommt er von anderen Regisseuren Rollen angeboten, die er genial nörgelnd hin bekommt. Weiter im Text. Hader rast im zweiten Teil durch weitere Themen wie Handyverbot, Arm und Reich, Toleranz. Oder er lässt bitterböse Sätze los wie „Ein afrikanischer Diener ist besser als ein Serbe! Bitte nicht missverstehen!“. Nach Bullen und Rettungsgassen, bezogen auf aktuelle Aktionen der Klimaaktivisten, schleicht er, immer noch den halb Besoffenen spielend, in die dunkle Ecke zum Klavier. Tolles Klavierspiel wie immer, dazu mit fünf verschiedenen Stimmen, mal wie ein Bass, mal gefistelt, kämpft er sich zum Gaudi des Publikums durch den Song „Over the rainbow“ durch. Ein toller Schluss und langanhaltender stehender Applaus. Mehr als verdient!
Im gleichen Haus gab es zum an zwei Tagen mit rund 1000 Zuschauern „Die Nacht der Lieder“. Gegründet von dem Journalisten Joe Bauer. Es war ein Abend der Begegnung von rund 20 Nationen, zugunsten der Künstler-Hilfe, die auch Joe ins Leben gerufen hat, um während und nach der Pandemie Künstler zu unterstützen, die finanziell durch die Krisen in ein tiefes finanzielles Loch gefallen sind. Moderation machte Patrizia Moresco & Helge Thun, die in der gehoben Comedy zu Hause sind. Mal gemeinsam, mal solistisch wurden von ihnen die Künstler angekündigt. Das bunte Gemisch bestand aus Scelli, ein Cello Streichensemble, acht Männer und Frauen aus sechs Nationen. Zwei iranische Frauen, Paria Tavakoli mit Begleitung, die im Iran wie alle Künstlerinnen nicht singen dürfen, brachten zwei Freiheitslieder mit sehr lyrischen Texten. Auch das Salamaleque Dance Company mit TänzerInnen aus der ganzen Welt brachten hervorragende Choreographien. Am Ende hatten alle lange weiße Gewänder an, die als Protest mit roter Farbe wie Blut bearbeitet waren. Ekkehard Rössle & Meike Boltersdorf brachten ein Gemisch aus moderner Musik und Jazz, sehr gut, aber für einige Zuschauer gewöhnungsbedürftig. Zwischendurch brachte Helge immer wieder eigene Minigedichte, die entfernt an Heinz Erhard erinnerten. Der Initiator Joe Bauer sprach über Naziterror in den Kasernen im Rothebühlbau, in dem auch jüdischer Besitz versteigert wurde. Immer politisch, immer scharf geschossen. Linda Kyei sang Popsongs, Mazen Mohsen machte Weltmusik, Russo und Putte einen Mix aus georgischer Folklore und Elektronik.
Die Übergänge wurden von der Showband „Das Nacht- und Nebel-Orchester“ während der ständigen, anstrwenden Umbauten, genial gefüllt. Den Abschluss bildete die Schwäbische A Capella Gruppe Fuenf, mit eigenen Liedern und eins von Wolle Kriwanek. Dann kam wie jedes Jahr ein Bariton, diesmal Pawel Konik, von der Staatsoper Stuttgart, begleitet von der Pianistin Rita Kaufmann. Ein toller Abend, weit über drei Stunden, und danach sangen alle Künstler mit dem Publikum in einer berührenden Art und Weise „Imagine“ von John Lennon. Der Applaus wollte nicht mehr enden!
Fünfunddreißigstes Jubiläum der Gruppe „Loretta“ im Stuttgarter Laboratorium. Hier handelt sich um eine Gruppe, deren Musik, rund 13 LPs und 7 Singles, im „Rolling Stone“ und anderen wichtigen Musikzeitschriften lobend beschrieben wurde. Die Vorläufer Gruppe wurde 1987 vom Sänger und Songwriter 1987 gegründet
Natürlich sind sie in Stuttgart auch „Local Heros“ Stilistisch eine flotte Mischung aus Folk, Softrock, Power Pop und Alternative Country. Ein Schwerpunkt sind eingängige Balladen, aber immer wieder wird auch mal so richtig los gerockt. Das älteste Bandmitglied, der letzte aus der Gründergruppe, ist ein guter Sänger und Gitarrist.
Außerdem ist er für intelligente und humorvolle Ansagen zuständig. Auch die schwierige politische Lage fließt kurzfristig ein. Zitat: „Wenn Liebe laut ist, hat Hass keine Chance“. Das Quartett hat auch eine groovende Rhythmusgruppe mit Sebastian Zimmermann AM Bass und Johann Polzer am Schlagzeug und Percussion und Keyboard. Insgesamt sorgt die Gruppe für gute gute Atmosphäre und Stimmung im ausverkauften Laboratorium. Sie spielen ausschließlich ihre eigenen Hits! Wer Coverversionen erwartet, wird positiv überrascht ! Herausragend auch der Multiinstrumentalist Rainer Rupp, der ausgezeichnet Gitarre, Steal Guitar, Harp und Mundharmonika spielt. Er ist auch der Chef von einem der besten deutschen Plattenladen in Deutschland: „Second Hand Records“, wo auch bekannte Politiker als Rockfans mal reinschauen. Singles wie Veronica, Do What You Want, Carlotta’s Sleeping weisen auf eine Vorliebe für Lovesongs hin. Nach anderthalb Stunden mehrere Zugaben, aber dann muss wohl wegen der Nachbarn zur „nachtschlafenden Zeit“ leider Schluss sein!
Im Esslinger Theater der Galgenstricke landete der Chef Erich Koslowski mit seinem ständig erneuerten Programm „3 G im ICE, geschimpft, gewartet & gestorben “ weitere erfolgreiche Kabarett—Abende. Munter wechselt er in seinem Nummernprogramm Themen wie Kostüme. Mal spricht er frei von der Leber weg das Publikum wie bei einem privaten Treffen an, mal schlüpft er in ausgefeilte Rollen wie den Bundeswehroffizier, den Chefarzt oder in seine Lieblingsrolle, den alten Opa aus Masuren. Gekonnt setzt er sprachlich viele Emotionen ein, laut und leise, aggressiv und liebevoll! Oder er bleibt mal ganz ruhig eine Minute lang auf einem Stuhl sitzen, was die Aufmerksamkeit des Publikums erhöht.
Erich selbst muss immer mal wieder über seine Pointen lachen, aber alles ist sehr professionell gearbeitet. Neben den vielen neuen Stücken über Angst, Krieg, Korruption, fehlende Pflegekräfte, Energiepreise die sein Hauptthema sind, lässt er auch „Best of“ Nummern aus seiner langen Kariere einfließen.
Bildnachweis:
Loretta:Markus Milke
Hader: SlideEvent
Redaktion: Bruno Schollenbruch