Bequeme Sessel, hübsche Accessoires und brennende Kerzen im restaurierten Fachwerkspeicher laden die Besucher ein, sich wie zu Hause zu fühlen. Getränke werden gereicht. „Alles, was Sie hier erleben, ist das Ergebnis von 25 Jahren Erfahrung“, sagt Andreas Löher, mit Thomas Gisiger Betreiber der gerade in Altona gegründeten Off-Bühne Die 2te Heimat. Geboten werden Wohlgefühl zwischen Möbeln, die man auch kaufen kann, ein gelungenes tragikomisches Schauspiel-Solo, das sich Gisiger selbst auf den deutlich schweizerischen Leib geschrieben hat („Ueli Hürlimann oder Wie schüchtern darf ein Mann sein?“) sowie ein Bankett mit Käse, Quiche und Karaffen voller Wein – plus jeder Menge Kommunikation. „Mit unserem Konzept, das seine Ursprünge in der ‚Theaterkantine’ Düsseldorf hat, möchten wir an die Kultursalons der 20er- und 30er-Jahre anknüpfen“, erklärt Löher, der einst in der Möbelbranche begann – Gisiger, früherer Schaufenstergestalter, ist staatlich geprüfter Clown. Mit ihrer liebevoll geführten 2ten Heimat, in der bald auch andere Künstler gastieren sollen, bereichern Löher und Gisiger die mehr als 40 Spielstätten umfassende Privattheater-Szene der Stadt auf angenehm originelle Weise.
Auch Yvonne Bernbom und Inken Rahardt, Leiterinnen des 2002 in Eilbek gegründeten Jungen Musiktheaters, verwirklichten sich ihren Traum: Mit ihrem „Opernloft“ schufen die beiden dort eine veritable Bühne für Kinder, Jugendliche und Einsteiger. Verständliche Kurzfassungen und kühne Inszenierungen mit jungen Profi-Künstlern stehen auf dem Programm, Einstand gefeiert wurde im Herbst mit „Die lustigen Weiber von Windsor“ sowie einer abgefahrenen Version der Operette „Die Fledermaus“. In Letzterer improvisieren vier Schiffbrüchige auf einem Floß eine Aufführung des Strauss-Werks, weil Partitur und Libretto gerade vorbeigeschwommen kommen: In verteilten Rollen (und unter der Regie von Dejan Brkics) hauen sie auf die nicht vorhandene Pauke, dass sich die Zuschauer-Zwerchfelle biegen. Für tadellosen Klangzauber sorgen dabei eine Pianistin und ein Geiger.
Wie alle, so wirbt auch der traditionsreiche 120-Plätze-Kulturdampfer „Das Schiff“ um mehr Gäste: Jetzt werden dort erstmals Dinner-Shows arrangiert – der potente Freundeskreis spendierte schon mal eine edle, neue Bestuhlung. Außerdem holte Kapitän Gerd Schlesselmann den Autor, Schauspieler und Regisseur Michael Frowin (Herkuleskeule Dresden) mit ins Boot. Der 38-jährige Martin-Meier-Bode-Kumpel, der am Musenkai bereits sein Solo „Schlaflos im Sattel“ gezeigt hatte, trägt nun künstlerische Mitverantwortung. Nach einer Flaute nehme man seit einem Jahr ohnehin wieder ordentlich Fahrt auf, sagte Schlesselmann. Das von Eberhard Möbius begründete anspruchsvolle Konzept aus Literatur und Kabarett wolle man beibehalten. Gespannt sein dürfen Passagiere zudem auf die Gilbert-and-Sullivan-Operette „Piraten“ in der Saison 2008/9.
Sie locken bereits insgesamt 1,2 Millionen Besucher pro Jahr an, doch mehr könnten ja nicht schaden. Daher bündelten sieben Kiez-Bühnen ihre Marketing-Aktivitäten. Unter dem Logo „Die Reeperbahn-Theater“ publizieren sie jetzt gemeinsam Plakate und Flyer sowie einen Internetauftritt (www.Reeperbahn-Theater.de), die inhaltlich vielfältigen Institutionen Fliegende Bauten, Imperial-Theater, TUI-Operettenhaus Hamburg, Quatsch Comedy Club, Schmidt-Theater, Schmidts Tivoli und St. Pauli Theater. „Wir alle wollen das Gefühl, das zur Reeperbahn passt, an die Zuschauer verkaufen“, sagte Thomas Hermanns vom Quatsch Comedy Club dazu im St. Pauli Theater. „Es ist eine Kampagne der Liebe, die allerdings weder eine Fusion noch einen intensiveren Künstleraustausch bedeutet.“
„Mittlerweile bewegen sich etwa 25 nachgebaute Spiegelzelt-Paläste durch Europa. Damit kommen ein paar Hundert Artisten ganz gut über den Winter“, sagte Bernhard Paul zufrieden bei der Presse-Präsentation der diesjährigen Erlebnisgastronomie „Witzigmann & Roncalli Bajazzo“ in Hamburg. Wie in Köln, Düsseldorf, Frankfurt und München wird auch 2007/8 wieder ein erlesenes Menü geboten und „Spitzenartisten – Sie können es glauben oder auch nicht.“ 2006/7 genossen rund 120.000 Gäste die Bajazzo-Offerten. Der Zirkuschef erinnerte daran, dass er selbst vor 20 Jahren die alten holländischen und belgischen Tanzmusik-Zelte wiederentdeckt habe – für sein bis heute bestehendes Projekt „Panem et Circensis“. In der Hamburger Historie wurde Paul nun ebenfalls fündig: „Hier leben noch viele Liverpooler Musiker aus Star-Club-Zeiten. Die sollen uns diesmal aufspielen.“ Unter dem Namen Rudolf Rock All Stars stellte Urgestein Ulli Salm (alias R. R.) eine Band in wechselnder Besetzung zusammen, die samt Sängerin Susi die Dinner-Gäste mit dem Rock der frühen Jahre begeistern will.
Redaktion: Ulrike Cordes
2007-12-15 | Nr. 57 | Weitere Artikel von: Ulrike Cordes