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    Der Pferdeflüsterer

    Gastspiele größerer Zirkusse in Berlin werden zunehmend seltener, was auch mit Platzproblemen zu tun hat, und so ist die Hauptstadt mehr oder weniger ein Feld für zahlreiche Familienunternehmen geworden. Aus dieser Reihe der Familienzirkusse gastierte erstmals der Zirkus Aeros auf mehreren Plätzen.

    Zirkuszelte_Theater MetronomNachdem im Jahre 1999 das Warenzeichen „Zirkus Aeros Berlin“ durch die Treuhandanstalt an die Familie Frank verkauft wurde, war der Zirkusname für einige Jahre verschwunden. Seit Ende 2005 führt ihn nun das Unternehmen der Familie Schmidt. Die Seniorin, Gisela Schmidt, ist eine Schwester von Edmund Georg Frank, dessen Familie die Zirkusse Arena und Frankello betreibt.

    Das Programm kann sich natürlich nicht mit dem Unternehmen Aeros des Staatszirkus der DDR vergleichen, es bietet das, was im Rahmen eines Familienzirkus möglich ist. Hauptakteur ist Edmund Schmidt-Frank, der die Ponyfreiheit mit acht Tieren vorführt, dazu als Dacapo ein Mini-Pony. Ferner zeigt er eine Dressur Groß und Klein und arbeitet eine Stuhlbalance. Don Ricardo führt eine Kamelfreiheit mit drei Tieren vor, kombiniert mit einem Solopferd, ebenso einen Viererzug Rappen. Der Nachwuchs arbeitet am Vertikalseil, auf dem Tanzseil, mit einer Kautschukdarbietung und mit Hula-Hoop. Enrico vereint Tellerdrehen, Jonglerie und Feuerspucken in einer Darbietung. Dazu gibt es eine Jockeyreiterei, die von Edmund Schmidt-Frank und den Kindern bestritten wird. Die Clownerie beschränkt sich auf ein Musikentree. Livemusik begleitet das Programm, die Familie wechselt sich an den Instrumenten ab.

    Für den Besucher, der keinen Vergleich zum früheren Aeros zieht, zeigt die Familie Schmidt ein Programm ähnlich dem anderer Familienunternehmen.

    Das eigentliche Gastspielereignis war die kanadische Pferdeshow „Cavalia“, die ab 25.6. gastierte und ihr Gastspiel im Zeltpalast am Potsdamer Platz bis 31. Juli verlängerte. Berlin war auch Ort der Deutschlandpremiere, die Europapremiere fand in Brüssel statt. Dorthin geht die Show aufgrund ihres Erfolgs nach dem Berlingastspiel zurück, danach ist sie ab 9. Oktober in Düsseldorf zu sehen.

    Der Gründer und künstlerische Direktor, Normand Latourelle, war von 1985 bis 1990 beim Cirque du Soleil tätig. Latourelle erkannte die Wirkung der Tiere auf der Bühne und kreierte 2003 in Quebec seine eigene Show. In den beiden französischen „Pferdemenschen“ Frédéric Pignon und dessen Frau Magali Delgado fand er adäquate Partner, letztere ist auf dem elterlichen Lusitano-Gestüt aufgewachsen und eine bekannte Dressurreiterin. Nach eigenen Angaben führt das Unternehmen 65 Pferde mit, darunter vor allem Lusitanos, aber auch Friesen, Appaloosas, belgische Kaltblüter sowie amerikanische und kanadische Rassen.

    Beeindruckend ist die Technik, die aufgeboten wird: Die Projektionen des Bühnenhintergrunds wechseln, sie zeigen außerordentlich stimmungsvolle Bilder von Herbstwäldern oder dem römischen Kolosseum (Erick Villeneuve ist der Visual Designer). Ein See in der mit Sand bedeckten Spielfläche verschwindet in Minuten, ebenso wie das Wasser des Regenvorhangs. Aus dem Podium entsteht blitzschnell eine Manege.

    Bei den Dressuren ruht die Hauptarbeit auf Frédéric Pignon und Magali Delgado. Sie reitet eine sehr schöne Hohe Schule und zusammen mit ihrer Schwester einen Spiegelritt, durch einen Wasservorhang getrennt. Pignon zeigt viele Etüden mit unterschiedlichen Pferden, dabei u. a. auch eine Dressur von zwei Lusitanos und zum Schluss eine Dreier-Kombination von zwei Andalusiern und einem Friesen. Dabei lässt er die Tiere im Wesentlichen das tun, was sie wollen, sich hinlegen, sich beschnuppern, das wirkt sehr elegisch, ist allerdings auch ein wenig lang. Der „Pferdeflüsterer“ demonstriert dabei eine große Vertrautheit und gute Verständigung zwischen zwei- und vierbeinigen Partnern.

    Ein beeindruckend schönes, poetisches Bild ist eine Quadrille mit sechs Tieren, kombiniert mit zwei weiteren Schimmeln zum Carrousel. Zwei Pferde zeigen Schulschritte auf der Stelle (unsichtbar am langen Zügel geführt). Im römischen Bild des ersten Teils, bei dem es u. a. eine römische Post mit vier Tieren gibt, ist der Sprung eines Reiters über eine in die Höhe gehaltene Stange zurück auf die Pferde der Höhepunkt. Eine Reiterei-Kombination bringt im zweiten Teil Tempo mit Wildwest- und Dshigitentricks.

    Umrahmt wird das Ganze von Akrobaten, deren Leistungen sich eher im Durchschnitt halten – mit Ausnahme von Maxime Panteleenko an den Strapaten. Neben einer Kugelbalance auf einer sehr großen Kugel und Sprungakrobatik bewegen sich Artistinnen an Bungeeseilen, um schwebend Kontakt zu den Pferden herzustellen.

    Manches, vor allem im ersten Teil, ist etwas langatmig, und trotz der Menge der mitgeführten Pferde bleibt die Bühnenfläche oft recht leer, wenn sich dort nur ein oder zwei Pferde bewegen. Das Orchester ist hinter der Projektionswand angeordnet und wird nur hin und wieder durch Spots sichtbar gemacht; die Musik und der Gesang erinnern stark an den Cirque du Soleil. In sich ist die Show durch die Wirkung der Tiere, durch die Musik und durch Bühnenbild und -technik stimmig und sie kann den Besucher, der sich für schöne Pferde interessiert, durchaus begeistern. Ab 12. September hat sich die argentinische Show „Fuerzabruta“ mit einem Zeltgastspiel am Ostbahnhof angekündigt, danach folgt am gleichen Ort ab 19. Oktober „China! China!“. Im Dezember wird zum dritten Mal Roncallis Weihnachtszirkus zu erleben sein. Das Wintergarten-Varieté unter den neuen Eigentümern Georg Strecker und Frank Reinhard präsentiert ab 12. Oktober die neue Show „Furioso! Classical Varieté Extravaganza“ und das Chamäleon hat „Soap“ bis 6. Januar 2008 verlängert.

    Redaktion: Dietmar Winkler

    AdNr:1093   

     

    2007-09-15 | Nr. 56 | Weitere Artikel von: Dietmar Winkler





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