Der Sommer war unberechenbar in Berlin. Kaum hatte man es endlich gewagt, Pläne für ein Picknick im Grünen zu machen, musste man wieder für ein paar Tage den Mantel aus dem Schrank holen. Da hatten diejenigen es besser, die gleich den ganzen Sommer über irgendwo anders waren. Die Entertainerin Gayle Tufts beispielsweise war auf Sylt und schrieb ein neues Buch. Titel: „Weihnacht at Tiffany’s“. Erscheinungsdatum: Oktober 2007.
Ganz anders haben sich Evi und das Tier – Evi Niessner und Rainer Leupold – den Sommer vertrieben. Sie haben sich aktiv um die nächste Generation der Berliner Musik-Comedy verdient gemacht: Evi hat im Juni ihr erstes Kind, Söhnchen Benjamin, geboren. Trottoir gratuliert herzlich!
Eine schon mehrfach tot geglaubte Berliner Bühne wurde bereits im Frühling wieder eröffnet: das ehemalige Hansa-Theater. Inzwischen heißt es Engelbrot und bietet nicht nur Bühnenkunst, sondern auch Kino, Musik und vor allem Parties. Hoffentlich hat das breitere – und hippere – Konzept in dieser eher drögen Ecke Berlins eine bessere Chance als die vielen glücklosen Vorgänger.
Ob glücklos oder nicht, auch der ehemalige Finanzminister Norbert Blüm wendet sich in diesem Herbst dem Kabarett zu. Zusammen mit dem Schauspieler und „Tatort“-Kommissar Peter Sodann hat der Ex-Politiker mit der Bifokalbrille ein gemeinsames Pogramm einstudiert, Schwerpunkt: Ost-West-Unterschiede. Klingt aufregend. Nach der Premiere im Admiralspalast geht es auf Tour durch Deutschland.
Kaum hatten wir gemeckert, weil Thomas Pigor und Benedikt Eichhorn schon etwas lange ihre alten Volumina wiederholen (Trottoir II/2007), stehen sie prompt mit dem neuen Programm „Volumen 6“ auf der Bühne der Bar jeder Vernunft. Im Juni waren die beiden in der ARD-Show „Deutschland lacht“ in einer Art Landeswettstreit für Berlin angetreten.
Auch in der Chansonszene hat nun alles seine Ordnung: Seit Kurzem gibt es den „Verein zur Förderung des neuen Berliner Chansons“, ganz ordentlich mit Satzung und Vereinszweck. Gegründet von den Damen, ohne die diese Gattung gar nicht existieren würde: Tanja Ries, Corinne Douarre und Cora Frost. Ab Herbst veranstaltet der Verein in unregelmäßigen Abständen Wohnzimmerkonzerte. Wer also seine Lieblingschansonetten und -eure mal vom eigenen Sofa aus live erleben will, kann über die Homepage des Vereins freundlich anfragen: www.neuesberlinerchanson.de
Aber Vorsicht, in der ersten Reihe zu sitzen birgt auch Risiken. So ist Zoten-Comedienne Desirée Nick mal wieder verklagt worden: von einer Zuschauerin, unter anderem wegen sexueller Belästigung. In ihrem Programm „Desi Superstar“ hatte Nick die Frau im Publikum aufgefordert, „nackt Rad zu schlagen“ und sie außerdem mit Worten so behandelt, dass diese sich gedemütigt fühlte. Vorstellen kann man sich das sehr gut. Fragt sich nur, was die Klägerin erwartet hat, als sie sich freiwillig in eine Show der für ihre nicht vorhandene Schmerzgrenze bekannten Entertainerin setzte, und dann auch noch in die vorderste Reihe.
Zum Schluss noch Neues vom liebsten Berliner Export seit Dieter Hallervorden: Kurt Krömer. Nicht nur wurde er von der Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg mit einer Goldenen DVD ausgezeichnet, nachdem von der hausproduzierten „Kurt-Krömer-Show“ 25.000 Stück verkauft worden waren. Inzwischen hat er auch schon wieder eine neue Fernsehshow bekommen. Zwar nur 30 Minuten und im Nachtprogramm versteckt, aber immerhin im Ersten. Seit Ende August ist Krömer zehn Folgen lang mit „Krömer – Die internationale Show“ in der ARD zu sehen. Auf die ziemlich humorfreie fiktive „Familie“, die in Krömers letzter Fernsehreihe „Bei Krömers“ noch dabei war, wird dabei glücklicherweise verzichtet. Krömer selber hatte zuvor auf eine Kinohauptrolle verzichtet. In der deutschen Komödie „Vollidiot“ wollte er nicht spielen, darauf hat Oliver Pocher den Part bekommen. Apropos Dieter Hallervorden: Ende August fand bei seinen Wühlmäusen schon zum 7. Mal das Große Kleinkunstfestival statt. Leider standen die Sieger zum Redaktionsschluss noch nicht fest. Informationen unter www.wuehlmaeuse.de.
Redaktion: Susann Sitzler
Mehringhof Theater
25.9.–13.10.: Horst Evers mit neuem Programm (Lesebühnen-Comedy)
17.–20.10.: Volkmar Straub mit „SprengSätze“ (Kabarett)
23.–27.10.: Marc-Uwe Kling mit „Wenn alle Stricke reißen“ (musikalisch-
literarisches Kabarett)
30.10.–03.11.: Zärtlichkeiten mit Freunden mit „Mitten ins Herts“ (Musik-
Comedy)
06.–17.11.: Mittwochsfazit (Lesebühnen-Comedy)
Kookaburra
03.–6.10.: Nils Heinrich mit „Die Texte, Lieder und Gemüse Show“ (Comedy)
12./13.10.: Franziska Traub mit „Rache ist süß. Eine Frau backt aus“
(Comedy)
15.–17./19.–21.10.: „Kookaburra – Der Comedy Club“ (TV-Aufzeichnung live)
28.10.: Open Stage
23.10.–03.11.: Sascha Korf mit „Tausendsascha“ (Comedy)
AdNr:1045
2007-09-15 | Nr. 56 | Weitere Artikel von: Susann Sitzler