Das Stück, welches der englische Schriftsteller Oscar Wilde 1891 schrieb, feierte am 23.05.2013 in einer Neuinszenierung seine Premiere im Theater an der Rottstraße in Bochum.
Der Maler Basil Hallward ist fasziniert von dem jungen Dorian Gray, der eine schöne reine Seele besitzt und noch mehr von dessen äußerer Schönheit. Als Dorian ihm Modell steht, gelingt dem Maler ein Meisterwerk, das beider Leben verändert. Das Gemälde weckt das Interesse von Lord Henry Wotton, der als Bohème das Leben in vollen Zügen ohne Rücksicht auf moralische Werte oder menschliche Verluste genießt. An dessen Lebensstil findet Dorian schnell Gefallen. Bei einem Theaterbesuch lernt er die junge Schauspielerin Sybil Vane kennen und verliebt sich in sie. Doch ihre Liebe nimmt ein jähes Ende. Sein eigenes Bild zieht ihn nun immer mehr in seinen Bann und so halluziniert Dorian vom Verfall seiner Schönheit, bis er schließlich darum bittet, das Porträt möge an seiner Stelle altern. Der verhängnisvoll ausgesprochene Wunsch bestimmt von nun an Dorians Leben, seinen Hedonismus und Verfall. Anstelle seiner büßt nun das Bild für seine unlautere Lebensführung, indem es nach und nach die Hässlichkeit des inneren und äußeren Menschen Dorian annimmt, damit sein Äußeres selbst weiterhin in aller Jugendhaftigkeit erstrahlen kann. Seine Seele aber macht dieses Lebensszenario irgendwann nicht mehr mit und so gibt es über die zu späte Einsicht der Reue zum Schluss keine Möglichkeit mehr für eine Wiedergutmachung. Was zurückbleibt ist gänzliche Leere und nur noch der Ausweg in den Tod. In der Rückverwandlung des Bildes von Dorian Gray zur ewigen Jugend zeigt sich nur noch die Erinnerung an die einstige Schönheit im Einklang von Körper und Seele.
Regisseur Oliver Paolo Thomas‘ hat die Inszenierung nach dem Roman von Oscar Wilde, der eine kluge, äußerst originelle und sprachgewandte literarische Reflexion über Kunst und Künstlichkeit ist, in seiner neuen Fassung mit nur fünf Charakteren ausgestattet und von sämtlicher „Schwülstigkeit“ befreit. Er transportiert den Roman in unsere Zeit, in dem er sich vorwiegend auf die Dialoge konzentrierte und mit entsprechenden Stilmitteln, z.B. unter zur Hilfenahme von Rockmusik, eines Schwarzlichttheaters und diversen anderen Effekten so die „Künstlichkeit, den Hedonismus und die absolute Sinnlichkeit des Lebens“ in unserer Gesellschaft hinterfragen. Zu Recht sagt Thomas: „Heute möchte jeder alt werden, aber nicht alt sein.“
Thomas schafft mit dieser Neubearbeitung des Stückes einen Spiegel unserer Zeit. Interessant und außergewöhnlich zu gleich das Bild des Dorian Gray nicht selbst auf der Bühne auftauchen zu lassen, sondern das von den Theatermalern Frank Burkamp und Maike Prause nach und nach veränderte Gemälde als Videoperformance festzuhalten und dessen Wandlung auf einer Leinwand darzustellen. Entsprechend dem modernen Bühnenbild treten die Darsteller auf. In der Hauptrolle des Dorian Gray brilliert in dem Bochumer Theater erstmalig der Kölner Schauspieler Manuel Rittich (Bild), der dieser Figur mit außergewöhnlicher Präsenz sein Gesicht verleiht. Der Zufall wollte es, dass er diese Rolle bereits zuvor im Kölner Metropol Theater gespielt hat. Als Sibyl Vane ist Ana Purwa ebenfalls neu ins Team des Rottstraßen-Theaters dazu gestoßen und Christian Freund kommt aus dem Young’n’rotten-Jugendclub. Alexander Ritter, der den Lord Henry Wotton spielt und Maximilian Strestik als Basil Hallward, vervollständigen das Ensemble.
Wer die sicherlich in jeder Hinsicht besondere Inszenierung der klassischen Vorlage Wildes erleben möchte, hat dazu an den nachfolgenden Terminen die Gelegenheit.
Das Bildnis des Dorian Gray wird nochmals gespielt am: 14.06.2013 + 29.06.2013.
Redaktion: Hartmut Höltgen-Calvero
2013-05-30 | Nr. 79 | Weitere Artikel von: Hartmut Höltgen-Calvero