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    In Berlin blüht die Kleinkunst und das ist gut so

    Wenn in diesem Sommer etwas aufgefallen ist in Berlin, dann die hohe Aktivität der hiesigen Chansonetten. Tanja Ries hat ihre Tätigkeit als Gastgeberin an neuem Ort wieder aufgenommen. In Ben Beckers „Trompete“, die vor kurzem ihr einjähriges Bestehen feierte, präsentiert sie nun wieder regelmäßig bekannte und unbekannte Kollegen. Und neuerdings auch Literatur. Solange es das Wetter zulässt im Trompetengarten und unter dem Motto „Lauschen und Grillen“. Und natürlich ist sie – singenderweise - auch selbst zu hören.

    Evi Niessner hat den Sommer auch nicht faul verbracht. Nachdem ihr aktuelles Programm „Evi und das Tier“ landauf und –ab durchgespielt ist, fand sie zusammen mit ihrem Bühnentier Mr. Leu alias Rainer Leupold Zeit, in den „Wühlmäusen“ am Wettbewerb um einen neuen Kleinkunstpreis teilzunehmen (mehr dazu siehe unten). Auch wenn es für den ersten Platz nicht gereicht hat, nutzte Evi die Begeisterung des Publikums. Sie zeigte nicht nur ihre neue, schlanke Linie, sondern auch ihre künstlerische Weiterentwicklung. In früheren Programmen war die ausgebildete Opernsägerin während den Stücken vor allem für den schönen Klang zuständig und ließ ihren manischen Begleiter die komische Seite der Musik bestreiten. Damit konnten Evis Zwischentexte nicht immer mithalten. Neuerdings prägt Leus wenn-der-Rhythmus-nur-stimmt-ist-mir-gar-nichts-peinlich-Groove nun auch ihren Gesang. Das tut der Show sehr gut, denn damit hat auch Evi wesentlich an Komik dazugewonnen – und stimmgewaltig ist sie ja wie eh und je.

    Cora Frost wiederum setzt zur Zeit auf das Gegenteil von leichter Muse: sie ist zum Film gegangen, zum ernsthaften deutschen. Gleich zweimal war sie in letzter Zeit im Kino zu sehen. In Andrea Weiss` Dokumentarfilm über die Geschwister Klaus und Erika Mann trat die Frost in einigen Spielszenen auf: als somnambule Romanfigur des drogensüchtigen Klaus Mann. Und auch in „Paradiso – Sieben Frauen in Sieben Tagen“ von Rudolf Thome wirkt sie nicht wie von dieser Welt. Mit flackerndem Blick und schleppender Stimme verkörpert sie aufs Intensivste eine Ehefrau, die ihrem Mann zum 60. Geburtstag alle wichtigen Frauen aus der Vergangenheit zu einer Party einlädt.

    Vergangenheit ist auch für die gebürtige New Yorkerin Gayle Tufts ein Thema. In ihrem neuen Programm „Miss Amerika“ denkt sie in gewohntem „Dinglish“ über die zehn Jahre nach, die sie jetzt schon in Berlin lebt. Und muss laut aufschreien: „Hilfe, ich bin zu deutsch geworden!“

    Etwas ruhiger geht Susanne alias die Popette Betancor an ihr neues Programm. Ganz bequem mit „Sitzclub (elektrisch)“ hat sie es betitelt. Äußerst gelassen könnten auch  Natascha Petz, Anette Kruhl und Mai Horlemann den drei höchst erfolgreichen Teile ihres Programms „Über Samenspender und andere R-Güsse“ einen vierten folgen lassen. Denn jetzt haben sie endlich einen richtigen Gruppennamen: Zusammen nennen sie sich neuerdings „Musenwunder“.

    Doch nicht nur die weiblichen Kräfte walteten in Berlin. Auch die Herren Künstler haben Verschiedenes vorzuweisen. Die niedlichen Schlackse von Zimtfisch, Gewinner diverser Chansonpreise, präsentierten vor kurzem ihr neues Album „Hey hey hey hey“. Und freuten sich, dass der „Tagesspiegel“ ihre eigene Einschätzung desselben teilt: „Mit Kleinkunst hat das nichts zu tun“. Den Berliner Medien deswegen Kleinkunstfeindlichkeit zu unterstellen, wäre aber komplett falsch. Schließlich hat das Stadtmagazin „Zitty“ zusammen mit der Bar jeder Vernunft vor kurzem den „Klub Komik“ ins Leben gerufen. An jedem ersten Montag im Monat treten dort in Zukunft Künstler unterschiedlichster Ausrichtung auf, moderiert wird jeweils von Jockel Tschiersch und Martin Quilitz.

    Noch ein Wort zum eingangs erwähnten neuen Kleinkunstpreis „Wühlmaus“, der Ende Juni in Berlin erstmals verliehen wurde. Gestiftet hat ihn der Meister des gehobenen Nonsens, Dieter Hallervorden. Neben Evi Niessner und Mr. Leu spielten  Otto Kuhnle, Frederic Hormuth, Christoph Brüske, Robert Louis Griesbach, Christian Habekost und das Duo Podewitz in Hallervordens „Wühlmäusen“ um das hübsche Skulptürchen. Die Jury war mit einem Ex-Kultursenator, einer Fernseh-Chefin, einem Musical-Texter, einem stellvertretenden Chefredakteur und einer Fernsehansagerin recht unkonventionell bestückt. Letztere hieß Eva Hermann und war an diesem Abend zurechtgemacht wie Fernsehkomikerin Gaby Köster. Vielleicht durfte sie deswegen die Juryentscheidung verkünden: Der so bizarre wie charmante Anarcho-Komiker Otto Kuhnle – aus dem Chamäleon-Umfeld – hat verdientermaßen das Rennen gemacht. Grund für die Wahl laut Eva Hermann: „Er war der Beknackteste von allen“.

    Die aktuellen Veranstaltungstermine der Berliner Klein (und Groß-)kunst sind unter www.berlinonline.de zu finden

    Redaktion: Susann Sitzler

     

    2001-09-15 | Nr. 32 | Weitere Artikel von: Susann Sitzler





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