"Varieté total" im SCENARIO
Deutschlands ältestes Varieté , das Hamburger Hansa-Theater, steht vor seinem AUS. Nur ein Wunder kann das Weiterexistieren noch retten. Wir sollten die Daumen drücken. Daumen drücken kann man auch dem jüngsten deutschen Varieté. Es hat soeben in Bremen mit seinem zweiten Programm ( das dritte folgt auf dem Fuß) seine Feuerprobe bestanden, nicht nur mit Ach und Krach, sondern bravorös. Es sind die früheren Räume des „Jungen Theaters„ in der Friesenstraße 16/19 und hat den Namen varieté total. Initiiert wurde das ganze von der Varieté-begeisterten Simone Meyer-Heder und der Szene-Vertrauten und auch aktiven Künstlerin Daniela Franzen. Ihre Erfahrungen sammelte sie ausgiebig im Berliner Varieté CHAMÄLEON. In Bremen übernimmt sie aufgrund ihres qualifizierten Know-Hows die künstlerische Leitung.
Vergangene grosse Ideen waren aus verschiedenen Gründen in Bremen mit wenig Erfolg gekrönt. So existierte das doch für Bremen viel zu aufwendig herausgeputzte ASTORIA nur einige Spielzeiten und das Varieté WÜST im Bürgerhaus Weserterrassen ist inzwischen ein Memorial der Vergangenheit. Der neue Versuch, in Bremen ein auch über Bremens Grenzen hinaus etabliertes Varieté-Theater zu gründen, war eine der besten Ideen in der Bremer Kleinkunstszene.
Monatlich wird das Programm erneuert. Das aktuelle zweite Programm im Juli zeigte erstklassige Profis und gab auch dem vielversprechenden Nachwuchs eine glorreiche Chance. ...kreuz und quer und immer und mehr... lautete das Programm.
Dabei waren die LAVADOS, Irina Zadel aus Argentinien und Ricardo Gallardo aus Chile, zwei groteske Körperakrobaten. Man hielt einige ihrer clownesken Körperverrenkungen für schier unmöglich. Der Berliner Jongleur Thomas Wallborn beherrscht nicht nur die höchste Form der Jonglage. Er präsentiert alles dazu noch in einer hervorragenden Choreographie aus Spiel mit Bällen und Keulen gepaart mit sensibler untermalenden Musik. Daß die Griechin Dorice Arsenopoulou nicht nur die märchenhafte Welt des orientalischen Schleiertanzes darzubieten verstand, sondern auch noch eine schön anzuschauende und bewundernswerte Luftakrobatin ist, zeigte ihr Spiel mit den von der Decke hängenden Tüchern, in und mit denen sie wahre Kunstfiguren in luftiger Höhe zauberte. Die begleitende Trommel schlug der auch an den Abenden immer helfende „Bühnenarbeiter" Herr (Bernd) Döllemann. Ein Programm-Bonbon waren Die Engel,die beiden Berliner Chansonetten Sabine von Rotkirch und Gudrun Salag, Piano und Gesang, zwei vielversprechende Nachwuchsgrößen. Der ganze Abend lustig und intellegent moderiert von dem Komiker und Jongleur ERNST ( Holder ernst Riekers).
Eine durchaus preisgünstige Getränkekarte ( Wein : 6,ooDM) und ein geschmackvoller Fingerfoodteller für den kleinen Hunger (gefüllter Teller: 9,oo DM) machen den Abend zusätzlich zu einem angenehmen Erlebnis.
Redaktion: Klaus Groh
2001-09-15 | Nr. 32 | Weitere Artikel von: Klaus Groh