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    Den junge Mann im schwarzen Anzug mit den gegelten Haaren beschäftigen existentielle Fragen: „Wann, wie und wo lerne ich jemanden kennen? Wann vergesse ich ihn wieder? Und was soll das alles?“ Anton Le Goff hat Identitätsprobleme. Er ist dem Kampf der Geschlechter zum Opfer gefallen. Kurzum: Er ist verlassen worden. Seine Freundin Claudia ist weg, „und zwar ausgerechnet mit Brigitte, ihrer Physiotherapeutin. Ich weiß auch nicht, was die mit Claudias Körper macht“, seufzt Anton und wendet sich seinem Musiker Felix Mantel zu. „Die Physiotherapeutin mit ihrer Patientin, das wäre ja so, als wenn du mit deinem Keyboard...“

     Le Goff und Mantel gaben sich im Kellertheater der Jungen Bühne Frankfurt ein Stelldichein mit ihrem Publikum, und dass es in Frankfurt inzwischen viele echte Le Goff-Fans gibt, steht außer Frage. Ansonsten wirft Anton viele Fragen auf. „Heute schon gesucht?“, lautet der Titel dieses ungewöhnlichen Programms, und wer es erstmalig sieht, sucht vor allem in Le Goffs Gesichtszügen nach seiner wahren Identität. Denn Anton, im überzeugendem Spagat zwischen Softie und Macho, ist außerhalb des Bühnenlebens eine Frau. Mit ihrer Kunstfigur hat sich die Sängerin und Schauspielerin Maja Wolff in Mainhatten längst einen Namen gemacht. Auch ins Kellertheater kamen die Zuschauer zahlreich, um den Lebensweisheiten Antons zu lauschen. „Als Single sind sie auch Einzelhändler ihrer selbst“, gibt der frisch Verlassene zu bedenken, um sich und die Singles im Publikum gleich darauf mit den Worten aufzubauen, „aber ihr Einzelhändler liebt sie!“

     Maja Wolff  ist Le Goff, der Mann mit Gockel-Ambitionen  und verletzlicher männlicher Seele. Mit Lust, Leid und Leidenschaft erzählt, singt und stolpert Wolffs männliches Ego durch sein Single-Leben auf der Suche nach einer neuen Flamme. „Aber ich kann doch nicht einfach sagen: „Willst Du mit mir schlafen ­- Du hast doch auch niemanden“, jammert Anton und überlegt Kontaktmodelle, beispielsweise die Anschaffung eines Hundes, „vom amerikanischen Hundeflüsterer trainiert, der im Park vor Frauen im Sommerkleid mit Spaghettiträgern Kunststücke vollführt“. Ihm immer zur Seite ist Keyboarder Mantel, im Hintergrund der Produktion zogen Autor Bert Bresgen, Komponist Wolf Meyer und der Frankfurter Kultstar Jo van Nelsen als Regisseur beim neuen Programm Anton Le Goffs die Fäden. Durchaus liebens- und sehenswert, dieses Frankfurter „Original“! Maja Wolff präsentiert sich als Anton Le Goff übrigens auch am Donnerstag, 3. April, 15 Uhr mit einem Kurzauftritt bei der Kulturbörse Freiburg.

    Mit dem unfreiwilligen Single-Dasein beschäftigte sich auch eine weitere, allerdings ganz offensichtlich weibliche Protagonistin der deutschen Kleinkunstszene. Was Nessi Tausendschön ihren Zuhörern beim Kulturmenü im Sprendlinger Bürgerhaus servierte, war Lyrik der ganz besonderen Sorte, beanspruchte die Geschmacksnerven und regte die Lachmuskeln an. Mit „Wenn du mich einmal nicht mehr liebst“ waren die einzelnen Strophen ihrer Dichtkunst überschrieben, was folgte, waren witzige Selbstmordvarianten für Verlassene.

    Das Neue Theater Höchst gastierte mit seinem Weihnachtsvarieté mit Drei-Gänge-Menü im Bürgerhaus. Besonders eifrig beim Servieren waren zwei junge Kellner. Sie kleckerten und klotzten im Bemühen um die Gunst ihrer Gäste, jonglierten mit Tellern und ließen auch schon mal eine Gabel auf der Nasenspitze tanzen. Nik Schuhmacher und Till Pöhlmann boten diesen komischen Service. Die Conférence des Abends lag in den Händen der charmanten Tausendschön, die mit ihren scharf gewürzten sprachlichen und gut bekömmlichen Appetizern Lust auf mehr machte. Im weiteren Verlauf der Varieté-Show präsentierte sich die Artistin Antje Pode am Vertikalseil und jonglierte zudem mit Koffern und Handtasche. Till Pöhlmann war nicht nur im Walkact-Einsatz, sondern kreierte fulminante Bilder und Ornamente, als er in Verbindung mit Tanz und asiatischer Kampfkunst seine Leucht-Stixs durch die Luft wirbelte. Der russische Handstand-Equilibrist Iouri Tichonovitch hingegen jonglierte mit seinem eigenen Körpergewicht. Mit atemberaubendem Einsatz ließ er seine Muskeln spielen und stellte die Welt der Zuschauer auf den Kopf. Seine Landsfrau  Natalia Nikolaishvilij dagegen zeigte die weibliche Seite der Artistenkunst und präsentierte einen Tanz mit Hula Hoop-Reifen. Und Florin und Cato - das Komiker-Duo auf sechs Beinen - begeistert die Zuschauer mit Hundedressur und Slapstick. Alles in allem ein vergnüglicher Abend, wenn auch das kulturelle Menü dem Varieté-Publikum offensichtlich wesentlich besser mundete als das kulinarische Angebot des Bürgerhaus-Restaurants.

    Was geschah in Momtschilgrad? Trägt Daphne in Uruguay eine Sonnenbrille? Und sagt Daphne die Wahrheit? Fragen dieser Art standen bei der Premiere des Daphne Zahn Trios in der Frankfurter Kleinkunstbühne Frau Batz im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Programm. Mit dem Begriff „Live Dada Soap“ haben drei Künstler unterschiedlichster Couleur ihre inszenierte Geschichtensammlung im grell-bunten Dekor überschrieben. Zwischen Plastikblumen und auf giftgrünem Kunstrasen repräsentieren der Entertainer Georg Kein, die ausgebildete Clownsfrau und Impro-Theater-Spielerin Riki Breitschwerdt und der Pianist Boris Bergmann ein schrilles Trio im bonbon-farbenen Outfit. Schauspielerin Gisa Bergmann hat diese schräge Inszenierung mit in Szene gesetzt. Gespickt ist die Patchwork-Produktion mit Songs wie „Wenn man ein Gipsbein hat“ und sinnig-unsinnigen Refrains a la „Ein Gipsbein geht auch wieder weg. Wer hinkt, der zieht es durch den Dreck.“ Sicherlich nicht Jedermanns Sache, aber durchaus ein witzig-spritziges Projekt, das sicherlich noch mehr Anhänger findet.


    Vorblicke

    In Frankfurt gibt es ein neues Kulturcafé. Das Odyssee will Raum für Improvisation und Kreativität schaffen. Dazu bietet die „Offene Bühne“ an jedem zweiten Donnerstag im Monat ausreichend Gelegenheit. Infos unter Telefon (0179) 4915949.

    Auch sie sind schräge Vögel, und wahre Perlen der Kleinkunst. Ars Vitalis kommen mit ihrem Programm „wiese seen sehnse nix“ ins Neue Theater Höchst. Vom 5. bis 30. März wartet das Neue Theater dann mit dem Varieté Frühling 2003 auf. Und

    Vince Ebert präsentiert am 1. und 3. April „die jetzt aber wirklich richtig große Show“ auf der Höchster Bühne.

    Das Friedberger Café Kaktus hat zwar kürzlich den Besitzer gewechselt, Harry Thyssen  zeichnet sich aber weiterhin zuständig für ein sehenswertes Kulturprogramm. Am 21. März kommt A­chim Knorr - „und macht euch was vor“. Die Comedy-Nacht im wird dann wieder am 30. März geboten. Conférencier Vince Ebert präsentiert seine Gäste Volker Beininger, Ramona Schuhkraft und Thommy Baake. Und am 4. April steht Musikalisches mit Chuck LeMonds auf dem Programm.

    Auf der Kleinkunstbühne Fresche Keller in Ortenberg erzählt und singt Susanne Weinhöppel am 8. März über „die Stunde, in der ich alles von mir wusste!“ Und das Frankfurter Fronttheater ist am 15. März auf Einladung des kleinen Theaters im Bürgerhaus Ortenberg zu sehen. Unter dem Titel „Tatum .. Tatum .. Crack“ präsentiert sich das italienische Duo  I Pendolari dell’Essere am Freitag, 28. März im Fresche Keller.

    Also nix wie hin!

    Redaktion: Kiki Krebs

    2003-03-15 | Nr. 38 | Weitere Artikel von: Kiki Krebs





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