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    Kabarett und die Preise

    Ohne Fleiß kein Preis sagt man, und an dieser Art Fleiß hat es offenbar im Kabarett Ost nicht gemangelt. Zum Beispiel bei der Magdeburger Zwickmühle, sprich Lothar Bölck und Hans-Günther Pölitz. Sie haben den Cornichon ´03, den schweizerischen Kabarettpreis, bekommen, der ihnen im Frühjahr überreicht werden wird. Den haben sie sicher nicht für nur für das aktuelle Programm „Amisiert Euch“ bekommen, das im 13. September Premiere hatte. Es ist wieder ein guter Wurf. Eine Premiere gefeierten sie im doppelten Sinne, denn nicht nur ihr neues Programm, sondern auch ihre neue Spielstätte hatten sie dabei vorgestellt. Die ist nicht weit von der alten entfernt, es ist aber kein Altbau, sondern da ist alles neu. Nur das alte bewährte Wohnzimmerprinzip haben die Magdeburger beibehalten. Eine Kneipe mit Bühne. Das neue Programm ist wie gewohnt politisch und spannend zugleich. Ihre Spielfreude ist wieder einmal ungebremst. Eine solche Art Kabarett können nur zwei Autoren und Kabarettisten stemmen. Sie streiten sich unentwegt, die Missverständnisse und Kalauer heitern die Situation auf, um dann aber unmissverständlicher Haltung zu zeigen. Letztendlich erlebt man eine Diskussion über amerikanisches Großmachtdenken und die Folgen. Politisches Kabarett bester Machart. Preiswürdig ist das allemal.

    Auch der Lachmessepreis Leipziger Löwenzahn ist an das Kabarett Ost gegangen. Gewählt wurden, und das mit großer Mehrheit, von einer Fach- und Zuschauerjury die Leipziger Gunter Böhnke und Bernd-Lutz Lange. Dieser Preis spiegelt ihre große Beliebtheit wider, gedacht hat man aber auch daran, dass sie sich mit dem Programm Zweifel Los als Duo von ihrem Publikum verabschieden werden. Seit langem war das vereinbart. Ihre Zusammenarbeit wird, wenn beide die 60 erreicht haben, ein Ende haben. Das wird im nächsten Jahr so weit sein. Eine strenge Bühnenabstinenz hat ihnen jedoch kaum einer zugetraut. So ist es auch. Sie bereiten getrennt bereits Programme mit andren Partner vor.

       Preisträger waren auch Tabea und Tobias Wollner. Sie hatten für ihre souveränen Interpretationen der Lieder aus den 20er und 30er Jahren im Oktober den Cabinet-Preis in der Sparte Musik erhalten. So ganz wollen sie jedoch nicht auf dieses Repertoire festgelegt werden. Doch ihr neues Programm ist einem Alt- und Weltstar gewidmet. Es heißt Warum nicht alles von mir, eine Marlene-Dietrich-Biografie in Liedern. Auch wenn diese Produktion erst zum 101. Geburtstag der großen Diva das Bühnenlicht erblickte, ist es ein eigenwilliges und beeindruckendes Programm. Es hatte einfach etwas mehr Zeit gebraucht, um sich im gewählten Thema richtig zu Hause zu fühlen. So genau nehmen sie es nicht, alle Lieder, die man da zu hören bekommt, hat die Dietrich nicht gesungen. Aber sie wird mit ihnen treffend portraitiert. Man lacht, man hält inne und erlebt einen Abend mit großem künstlerischen Format.

    Fette Engel hieß ein Kabarettfestival, dass das 1. Chemnitzer Kabarett im November aus der Taufe gehoben hat. Eingeladen hatte man deutschlandweit ausnahmslos die jungen Brettlhelden. Zum einen, um zu zeigen, dass es die tatsächlich gibt und zum anderen, um etwas Nachwuchsarbeit, auch aus Eigennutz, zu leisten. Die Preisträger waren Doppelpass aus Neuss, Martina Ottmann aus München und Podewitz aus Osnabrück. Mit diesem Festival haben die Chemnitzer Kabarettisten ein Podium für die junge Generation auf dem Brettl geschaffen. Das Interesse der Aktiven wie auch das des Publikums war so groß, dass man am Fetten-Engel-Gedanken festhalten will.

    Wenn von Erfurt in den letzten Monaten die Rede war, stand das Gutenberg-Gymnasium im Mittelpunkt. Der Massenmord in der Schule. Das Erfurter Kabarett Die Arche hat im November zu diesem traurigen Thema ein Programm vorgestellt. Verkehrte Werte heißt es und diskutiert weniger den Schusswaffengebrauch in öffentlichen Bildungseinrichtungen als die Werte, die für solche Gräueltaten die Kulisse bilden. Die Kabarettisten wollten sich als Teil der Stadt, wie sie selber sagen, bewusst nicht an diesem Thema vorbeidrücken. Erleben kann man eine ebenso heitere, wie sarkastische und ernste Wertediskussion, die beim Publikum viel Zuspruch gefunden hat. Kein Wunder, es ist ja auch ein gutes Programm.

       Am Ende kommen wir wieder zu den Preisen. Denn es gibt noch einen Preisträger zu vermelden. Uwe Steimle, der als der deutsche Preisträger vom Salzburger Stier ´03 gekürt wurde. Steimle ist die nicht immer ganz ernst gemeinte aber heftige Stimme des Volkes aus dem Osten mit Namen Günther Zieschong. Bekannt ist er auch als Hauptkommissar Hinrichs im Polizeiruf 110 auf dem Bildschirm. Und die Kabarettkollegen aus dem Osten sagen, endlich wieder einmal ein Preisträger aus den östlichen Bundesländern.

    Redaktion: Harald Pfeifer

     

    Premierenkalender:

    -         1. Chemnitzer Kabarett: 8.2. Vorspiel

    -         Kiebitzensteiner: 13.2. O solo matscho

    -         academixer: 16.02. Made in Deutschland

    -         Distel: 11.3. und Herkuleskeule: 12. und 13.3.
          Robinsöhne (Ensikat-Schaller-Programm)

    2003-03-15 | Nr. 38 | Weitere Artikel von: Harald Pfeifer





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