Dieses Mal führt die Szene Ruhrgebiet wirklich von einem Ende des Ruhrgebiets bis runter nach Düsseldorf. Fangen wir in Dortmund an.
In der letzten Ausgabe von Szene Ruhrgebiet wurde er schon angekündigt: der "Ruhr-Pott", ein neuer Preis, der vom Deutschen Journalistenverband ausgelobt wurde. Das stattliche Preisgeld von 10.000 Mark nebst Wanderpokal wurde am 2. September auf der Zeche Zollern in Dortmund vergeben. Ich habe mich ja schon das letzte Mal über die seltsame Zusammenstellung der der KanditatInnen gewundert und laut Teilnehmerberichten war es denn auch ziemlich chaotisch. Zehn Gruppen- und Einzelkämpfer, die in 10 bis 15 Minuten ihre Fähigkeiten zeigen sollten. Wer dies selber schon mal versucht hat, weiß, wie wenig diese Auftritte manchmal aussagen. Aber sei's drum. Die Jury war hochkarätig und sachverständig besetzt und sie hat einen Sieger gefunden: Martin Herrmann aus Dortmund, der als "Frauenflüsterer" überzeugen konnte. Er schaffte es, in seinem Auftritt einen Bogen zu schlagen und eine runde Sache zu präsentieren. Herrmann steht als der Frauenflüsterer, ein heiratswilliger, annoncenaufgebender Mann, auch regelmäßig mit Lioba Albus zusammen auf der Bühne des Cabaret Queue in Dortmund. Der Publikumspreis ging an Hans Gerzlich, der von der offenen Talentbühne bis hierher in relativ kurzer Zeit einen rasanten Aufstieg genommen hat.
Das Savoy ist tot, es lebe das Savoy (oder so). Vom Lichtspiel zum Bühnenspiel ist es in Düsseldorf nur ein kurzer Schritt: Das Savoy-Theater ist seit Ende September kein Kino mehr, statt dessen haben die Düseldorfer ein neues Theater für Kleinkunst, Kabarett und Musikveranstaltungen. Das etwas in die Jahre gekommene, leicht plüschige Ambiente bietet einen originellen Rahmen für leise, wie schrille Töne der Kleinkunstszene, aber auch die Projektoren werden nicht arbeitslos. In Zeiten der grenzüberschreitenden Künste gibt es viele Kombinationsmöglichkeiten mit Filmeinspielungen. Wie das Programm sich genau gestalten wird, muß sich im Laufe der Zeit zeigen. Jetzt heißt es erst mal: Vorhang hoch!
Langsam, aber stetig hat sich das Figurentheater auch in (West-) Deutschland das erwachsene Publikum zurückerobert. Einige haben begriffen, daß Puppe nicht gleich Kindertheater heißt. Puppenspieler, wie Neville Tranter mit seinem Stuffed Puppet Theatre haben dazu beigetragen, aber auch die jahrelange Arbeit der FIDENA (Figurentheater der Nationen) in Bochum.
In Essen macht sich jetzt eine andere Richtung des Figurentheaters auf den Weg, bekannt zu werden. Das Julius-Leber-Haus veranstaltete vom 7.-17. Oktober die ersten "Licht- und Schattenspieltage". Reinhild Gusy, die Initiatorin der Schattenspieltage und Leiterin des Julius-Leber-Hauses, plant, dieses Festival in einem zweijährlichen Rhythmus zu veranstalten. Gastspiele von internationalen Ensembles zeigten, wie abwechslungsreich diese Theaterform sein kann, für Kinder, wie Erwachsene. Gezeigt wurde klassisches Schattentheater, aber auch moderne Theaterinszenierungen, z.B. "Sex & Crime & Calosa sycophanta" (Theater Blickwechsel aus Köln), das auf einer Kombination von Projektionen, Special Effects, Objekt- und Schattentheater beruht.
Das Ebertbad in Oberhausen ist dabei, zu einem Auftrittsort erster Klasse zu werden. Monat für Monat gestalten Susanne Fünderich und Hajo Sommers ein exquisites Programm. Highlight des Jahres ist aber sicherlich ihre "Geflügelwoche", die seit einigen Jahren erfolgreich Künstler auf der Bühne vereint, die eben nicht ohne ihren Flügel auftreten. Vom 16.9. bis 14.10. trafen sich dieses Jahr die Sahnehäubchen im Ebertbad. Einer der Höhepunkte war sicherlich das Treffen der Duette: Queen B & Pigor und Eichhorn. Zwei Spitzenduos der Musikkabarettszene.
Aber auch der "Nachtflug", bei dem die Missfits KollegInnen aus der Kleinkunst präsentieren, war im September musikalisch hochkarätig besetzt: Telmo Pires mit seinem Programm "Chanson - Fado - Lieder", Etta Scollo und ihre eigenwillige Mischung aus Jazz, Blues und sizilianischen Volksliedern und Irmgard Knef, der Hildegard ihr seine Schwester.
Zum Abschluß komme ich zu meinem Lieblingsthema Offene Bühne. Schon vor Jahren gab es im Grend in Essen "music's & lyric's", initiiert von dem leider inzwischen verstorbenen Schauspieler und Musiker Thomas Koppelberg. Sein Erbe hat vor zwei Jahren der Bochumer Giampiero Piria angetreten, ebenfalls Schauspieler und Lyriker, der mit seinem aktuellen Programm "Ich kam und Sahara" humoristisch-surrealistische Wortkunst unters Volk bringt. Giampiero hat "musics & lyrics" weitergeführt. Drei bis fünf Künstler aus verschiedenen Sparten treffen aufeinander: Musiker, Literaten, Tänzer, Schauspieler und anderes buntes Volk.
Seit September ist diese kleine Kunstveranstaltung umgezogen in das Foyer des Kinocafes Endstation im Bahnhof Langendreer in Bochum. Der Eintritt ist frei, aber es wird gesammelt an den Abenden für einen extra eingerichteten Fond für erkrankte Künstler.
Im Zusammenhang mit Giampiero Piria muß auch noch ein anderer Abend genannt werden, nämlich der "Meisterabend" im Hundertmeister in Duisburg. Im Gegensatz zu vielen anderen Newcomershows, haben dort auch nichtkomische Menschen, die Möglichkeit aufzutreten, z.B. Flamecotänzer oder ernsthafte Literaten.
Wer sich zu dem einen oder anderen Abend berufen fühlt, kann sich bei Giampiero melden (0234-361322).
P.S.: Giampiero feiert übrigens am 11. Januar Premiere im Hundertmeister mit seinem Francois-Villon Abend.