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    Aus-ver-kauf !

    Kann man zu dritt ein komplettes Musical auf die Bühne stellen? Die Berliner Truppe „College Off Hearts“ hatte es vor langer Zeit bei ihrem Camping-Stück „King Kurt“ mal mit vier Leuten geschafft. Mit dem volksnahen und alltagsverwurzelten  Thema „Supermarkt“ versucht nun ein Trio aus bekannten fränkischen Bühnengrößen Heike Mix (Keuschheitsverein), Georg Königer (TBC) und Birgit Süß (Radio Gong / Mésalliance) diesen Rekord zu brechen. Zugegeben, die Musik kommt meist vom Band, aber dafür gibt’s auch A Cappella und Stepp-Einlagen. „Kasse bitte“ spielt im Sozialraum einer bekannten, wenn auch leicht verfremdeten Discounter-Kette. Zwischen zerstreuter Filial-Leiterin, schlechtgelauntem Lager-Faktotum und frustrierter Kassen-Tippse entwickeln sich köstliche zwischenmenschliche Konstellationen. Neben eigenen Melodien wie dem vielbeklatschten  „Fischstäbchen-Song“ werden „Preis-Hits“ und „Schlager-Angebote“ einfach umetikettiert: aus „Stand-By-Me“ wird z.B. „Aus-ver-kauft“. Die tragikkomische Waschmitteloper zwischen Laufband, Einkaufswagen und Fleischtheke nimmt eine unerwartete und pfiffige Wendung und endet in einem farbenprächtigen Happyend.  Die Bamberger Tageszeitung „Fränkischer Tag“ charakterisiert „Kasse bitte!“ so: „Bunt, lustig, aktuell,...viele, viele Applausstürme, ...ein rundes Bühnewerk,...eine Alternative zum Glamour von Musical-Großproduktionen.“ Nach einer erfolgreichen Sommerstaffel auf der Freilichtbühne am Schützenhof kann die Produktion nun auch außerhalb Frankens gebucht werden (0931-573290).

    Ein Stadtjubiläum – das 950. - steht in diesem Jahr in Nürnberg ganz groß auf dem Terminplan; entsprechend vielfältig und aufwendig gestaltete sich der städtische Kultursommer. Der Versuch, alle musikalischen Höhepunkte in ihrer Unterschiedlichkeit unter die gemeinsame Formel „Meistersinger-Festival“ zu stellen, erwies sich als die Quadratur des Kreises. Ein Event jedoch kam dem vagen Namen recht nahe: Der Song-Wettbewerb „Ein Lied für Nürnberg“. Vorbild und ebenso Objekt der Parodie war natürlich der „Grand Prix De La Chanson“. Aus über 100 Bewerbungen kamen schließlich 21 Lieder in die Endausscheidung am 16. Juli auf dem Nürnberger Hauptmarkt, wo sich stadtbekannte Barden, Pop- und Rocksänger mit ihren Nürnberg-Hymnen den ca.15.000 Zuhörern und einer 40-köpfigen Jury aus Stadträten und Musik-Fachleuten stellten. Von volkstümlich schmachtend über dialekt-selig rockend über multi-kulti weltoffen bis bissig rappend wurde die Nürnberger Stadtgeschichte, Eigenheiten und  wichtige Ereignisse der Gegenwart in allen Facetten verklärt, belächelt oder heftig aufs Korn genommen. Das Rennen machte Uli B. und die Verebbeliner mit „Gail Gail Gailingen“, ein selbstironischer Vergleich des Lebens in Nürnberg in Mittelalter und Gegenwart. Fazit des nachahmenswerten Chanson-Abends: die musikalischen Lokalmatadoren legten sich mächtig ins Zeug, das Publikum war begeistert und mit der CD auf der alle 21 Wettbewerbs-Songs zu hören sind, erhält man die volle Bandbreite der Nürnberg-Songs für die Sammlung. Wenn sich eine Stadt schon selbst feiert, dann ist dies wohl eine der witzigsten und authentischsten Varianten, die kulturelle Vielfalt der eigenen Bürger darzustellen.

    Noch ein neuer Stern am doch schon reichlich bestückten Himmel der Nostalgie-Shows? Drei Damen stellen sich als die Fräuleins vor - natürlich nicht ohne obligatorischen Mann am Klavier. Überfliegt man ihr Repertoire kommen Zweifel, ob aus diesen sattsam bekannten Kamellen der 20-40 Jahre ein Programm entstehen kann, dem man noch einen Funken Originalität und Witz abgewinnen kann. Doch die Fräuleins schaffen es mühelos, mit treffsicheren Blicken ins Publikum, geschwungenen Handtäschchen und einem lockeren Handlungsrahmen, der viel Platz für freche und witzige Seitenhiebe lässt, aus Klassikern wie „Ich brauche keine Millionen“ oder „Nur nicht aus Liebe weinen“ amüsante und fesselnde Bühnensketche zu entwickeln. Die handwerkliche Seite ist für ein Debütprogramm umwerfend: Drei ausgebildete Stimmen in lupenreinem, stiltreuen Satzgesang, eine minutiöse, pointierte Choreographie und drei überzeugende Bühnenfiguren, denen man die gespielten Eigenheiten jederzeit abnimmt. Der dickste Trumpf ist allerdings der umwerfende Charme mit dem die Fräuleins ihr Publikum um den Finger wickeln. Trotz einiger Abstriche für die allzu konservative Liederauswahl: eine echte Neuentdeckung, die hoffentlich nicht nur auf fränkischen Bühnen noch oft zu sehen sein wird!

    Wer glaubt, im Landkreis Wunsiedel  - hinterstes, finsterstes Oberfranken - gäbe es außer preisgünstigen Dorfkneipen nichts, was einen Besuch lohnt, sollte einmal in die Gemeinde Kaiserhammer  pilgern. Denn dort gibt es seit 1996 den rührigen Verein „Kulturhammer – Verein zur Förderung von Kultur auf dem Dorf“. Und dass damit nicht Schafkopfturniere oder Trachtenabende gemeint sind, zeigt das Programm für die aktuelle Saison. Neben Blues, Jazz, Tango und anderen Musikveranstaltungen holt man sich mit dem Claire Waldoff Programm „Ich will aber gerade vom Leben singen“ von Heike Mix & Markus Rummel sowie Markus Jerochs „Worttheater“ Berliner Hauptstadt-Flair auf die Bühne des stilvoll restaurierten Tanzsaals. Als Geheimtipp für Talentscouts gibt’s außerdem das Comedy-Duo „Herr Schill und der Unglaubliche Heinz“ mit ihrem Programm „Ein Single kommt meistens allein“ zu entdecken“. Es muss nicht immer Großstadt sein. Weiter Infos zum aktuellen Programm unter 09235-1532 oder www.kulthammer.de

    Das Theater Chambinzky in Würzburg lud im September zur Premiere einer Zauberkomödie namens „Ausgetrickst“. Das Info versprach vollmundig  „Eine völlig neue Verbindung von Theater und Zauberei“. Gegeben wurde letztlich eine klassische Dreieckskomödie im Boulevardstil, Marke „zwei Freunde stehen auf die gleiche Frau“, oder treffender „Mädchen verzaubert zwei Zauberer“. Diese haben allerdings sehr unterschiedliche Interessen der jungen Dame gegenüber. Natürlich spickt Zauberer Fantasio, der dieses Stück geschrieben hat, die Story mit Überraschungseffekten und Tricks und das macht unterm Strich aus einer eher durchschnittlichen Boulevardkomödie doch noch einen gelungenen Kleinkunstabend.

    Redaktion:Volker Peter

    2000-12-15 | Nr. 29 | Weitere Artikel von: Volker Peter





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