Liebe Leserinnen und Leser,
im letzten Artikel (Heft Nr. 62) zu diesem Thema habe ich Ihnen viele gute Ideen und den Mut zur Realisierung gewünscht. Das meinte ich ganz ernst, denn die guten Ideen sollen sich zu Zielen entwickeln und nur realistische Ziele sind auch erreichbar.
Etliche Existenzgründer wirtschaften am Anfang einfach so „vor sich hin“, bearbeiten eine Vielzahl von verschiedenen Geschäftsfeldern mit unterschiedlichen Dienstleistungen und bieten von der Tonaufnahme über Label-Code, Künstleragentur bis zu Künstlermanagement alles an. Die zwangsläufige Folge ist eine heillose Verzettelung in diesen verschiedenen Tätigkeiten und das Verschleudern von Energie. Denn die Erfahrung hat gezeigt: „Wer auf allen Gebieten gut sein will, kann allenfalls nur durchschnittlich sein!“ Folglich sollte man sich auf seine Stärken konzentrieren, dementsprechend die Ziele des jungen Unternehmens bestimmen und daraus die Strategie entwickeln.
Klare Zielvorstellungen zu definieren ist für Gründer die erste Herausforderung. Um festzustellen, wohin Sie wollen, müssen Sie wissen, wo Sie stehen. Machen Sie eine Liste mit Ihren Stärken und Schwächen. Diese Stärken und Schwächen bergen in sich natürlich die Chancen und Risiken des Unternehmens. In der Betriebswirtschaft nennt man das die „SWOT-Analyse“, abgeleitet von den englischen Wörtern: Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats. Wobei nicht nur Ihre eigenen Stärken und Schwächen eine Rolle spielen, sondern auch die äußeren Umstände (Marktbedingungen) Auswirkungen haben, gegen die Sie sich wappnen müssen. Machen Sie sich eine kleine Tabelle wie folgt:
Bereich im Untern. Stärken Schwächen
Livekonzerte: guter Verkäufer wenig Ausdauer
Tonaufnahmen: gute musik. Umsetzung wenig Vermarktungs-
Know-how
Bereich (von außen) Chancen Risiken
Markt: steigende Tendenz viele Künstler auf d. Markt
Wettbewerb: gute u. preiswerte Ausstattung zu viele Anbieter (Studios)
Aus dieser Analyse können Sie die Zielrichtung ableiten, indem Sie Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken gegenüberstellen. Somit ermitteln Sie, wo gangbare Wege sind und Hindernisse warten. Die SWOT-Analyse zeigt Ihnen:
Konkrete Ziele sind keine abstrakten, betriebswirtschaftlichen Gebilde, sondern haben sehr viel mit der konkreten unternehmerischen Praxis zu tun. Beim künstlerisch tätigen Gründer könnte das sein, seine Darbietung und seinen Namen in einem größeren regionalen Raum (z. B. Bundesland) bekannt zu machen und zu etablieren. Für eine Agentur könnte ein Ziel sein, einen bereits im Markt etablierten Künstler exklusiv bundesweit zu betreuen usw.
Ziele im Unternehmen haben immer sowohl mit ideellen Beweggründen (der Etablierung des Unternehmens auf dem Markt) als auch mit monetären Beweggründen (Steigerung des Umsatzes) zu tun.
Um sich realistische Ziele zu setzen, legen Sie zunächst fest, was Sie erreichen MÜSSEN. Nämlich, Ihre Kosten plus einen kleinen Gewinn zu erwirtschaften. Und dann legen Sie fest, was Sie erreichen WOLLEN (z. B. Imagesteigerung, größere geografische Betätigungsfelder). Allerdings sollten Sie sehr genau prüfen, was Sie erreichen KÖNNEN (z. B. mit Hilfe der SWOT-Analyse).
Merke: Ziele, die nicht erreichbar sind, führen zwangsläufig zu Frustration und der Gründer ist schnell demotiviert. Realistische Ziele jedoch schaffen Zuversicht und legen positive Energien frei.
Zielgerichtetes Handeln erfordert klare Abläufe, d. h. Sie sollten sich eine strategische Vorgehensweise aneignen. Ihre vorhandene Energie sollte sich systematisch auf die selbst erarbeiteten Schwerpunkte (siehe SWOT-Analyse) konzentrieren. Daraus ergibt sich automatisch eine sich immer wieder ändernde Prioritätenliste der wichtigen Aufgaben, um die selbstgesteckten Ziele zu erreichen. Wichtig wäre in diesem Zusammenhang, dass Sie Ihre Ziele schriftlich definieren und festhalten. Dies erhöht die Umsetzungschancen enorm. Durch diese schriftliche Dokumentation können Sie Abweichungen und Veränderungen feststellen und entsprechend reagieren, indem Sie die eben erwähnte Prioritätenliste verändern. Den Maßnahmen, die Sie festhalten, um Ihre Ziele zu erreichen, liegt eine Strategie zugrunde. Dies ist der sogenannte „rote Faden“, an dem Sie sich orientieren. Nur dann sind Ihre Ziele sinnvoll. Strategie und Maßnahme gehören untrennbar zusammen.
Erfassen Sie also auch die einzelnen Arbeitsschritte schriftlich, um Ihr Ziel zu erreichen.
Beispiel 1: Wenn Sie ein erfolgreicher Künstlermanager werden wollen, wäre die Strategie, sich im Markt des von Ihnen angestrebten Genres umzuhören, welche Künstler zur Disposition stehen. Die erforderlichen Maßnahmen wären u. a. zu recherchieren, welcher dieser Künstler kein Management hat (Webseite anschauen), sich für Auftritte dieses Künstlers zu akkreditieren, Gespräche mit dem Künstler suchen, zu recherchieren, ob neue Veröffentlichungen oder Projekte geplant sind, ein kurzes Konzept mit Verbesserungsvorschlägen betreffend der Karriere des Künstlers zu entwerfen usw.
Beispiel 2: Wenn Sie selbst eine künstlerische Tätigkeit ausüben und Ihren Bekanntheitsgrad steigern wollen, dann wäre die Strategie, ein Promotions-Konzept zu erarbeiten, welches dieser Zielsetzung entspricht. Die Maßnahmen jedoch sind Kontakte zu entsprechenden Medien und Partnern (Printmedien, Radio, öffentlich-rechtliches Fernsehen, Regional-TV, Webradio, örtliche Veranstalter, Festivals etc.) aufzubauen, mit einer guten Story (Konzept) im Gepäck, um dieses Ziel zu realisieren.
Auf dem Weg zur gewählten Zielsetzung kommt die Kontrolle. Das bedeutet die ehrliche Frage und Antwort an sich selbst (wenn Sie allein arbeiten):
Sollten jedoch Ihre Bemühungen (Maßnahmen) zur Zielerreichung weitgehend fehlschlagen, dann war möglicherweise Ihr Ziel zu hoch gesteckt.
Beenden Sie überflüssige Aktivitäten rechtzeitig. Verschwenden Sie nicht zu viel Energie mit Zielsetzungen, die eventuell zum falschen Zeitpunkt gesetzt wurden. Korrigieren Sie die Zielsetzung; möglicherweise reduzieren Sie das ein oder andere Etappenziel. Versuchen Sie, eine Analyse (schriftlich) zu erstellen über Ihre eigenen Fehler und Hindernisse, aber auch die von außen.
Dies ist ein weiterer wichtiger Baustein, der unabdingbar ist zur raschen und strategischen Erreichung Ihrer Zielsetzung. Die schönste Strategie und die besten Maßnahmen zur Zielerreichung nutzen nicht viel, wenn Sie nicht gut organisiert sind. Es gibt einige klassische Aufgabenfelder in einem jungen Unternehmen, die besonders wichtig sind:
Zu Punkt 1: Immer wieder muss ich feststellen, dass es gerade Jungunternehmern nicht gelingt, Ordnung auf ihrem PC zu schaffen. Eingehende E-Mails sollten entweder sofort bearbeitet, gelöscht, in dem entsprechenden Projektordner (PC) gespeichert oder gar ausgedruckt werden, weil sie wichtige Dokumente darstellen. Ebenfalls scheint es schwierig, erstellte Dateien projektbezogen zuzuordnen oder als Kopie in einem Ordner abzuheften.
Bitte schaffen Sie zumindest wöchentlich Ordnung auf Ihrem PC und in Ihrer Ablage. Das erspart Ihnen später viel Zeit !
Zu Punkt 2: Der persönliche Arbeitsplatz sollte jeden Abend aufgeräumt werden. Wichtige Dinge, die am nächsten Tag erledigt werden müssen, immer obenauf legen. Erledigtes abheften oder vernichten. Halten Sie Ordnung!
Zu Punkt 3: Ergibt sich aus den ersten beiden Punkten. Wenn Sie diese beherzigen, fällt Ihnen die Organisation der anstehenden Maßnahmen wesentlich leichter und Sie können sich auf das Wesentliche konzentrieren.
Zu Punkt 4: Bitte versuchen Sie, alle zur Verfügung stehenden Kommunikationsmittel zu nutzen, und dazu gehören E-Mails, Telefonate und persönliche Treffen. Alle haben bei mir den gleichen Stellenwert. Gerade Jungunternehmer schreiben vorwiegend Mails und drücken sich vor der verbalen Kommunikation und möglicherweise auch Argumentation. Aber ich verspreche Ihnen, Sie erhalten in einem 10-minütigen Telefonat weitaus mehr Informationen (sofern Sie gut zuhören) als in 10 Mails, die Sie aufgrund des gleichen Projekts oder derselben Maßnahme schreiben!
Es gibt eine Menge Signale dafür, dass es mit der Ordnung nicht zum Besten steht. Und das kostet Zeit. Die haben Sie aber nicht als Gründer, denn Sie sollten Ihr junges Unternehmen nach vorne treiben und Ihre „Maßnahmen“ zur Erreichung der Ziele verfolgen. Deshalb hier zum Schluss ein kleiner Fragenbogen. Je öfter Sie mit „Ja“ antworten, desto mehr Gründe haben Sie, Ihre Organisation zu verbessern!
Viel Erfolg bei der Eigenkontrolle wünscht Ihnen
Gabriele Skarda
Ich brauche zu viel Zeit, meine Unterlagen/Dateien zu suchen Ja Nein
Rechnungen werden meist erst nach der 1. Mahnung bezahlt Ja Nein
Wiederkehrende Zahlungen (Strom, Versicherungen) werden vergessen Ja Nein
Ich weiß nicht, welche Verträge mit welchen Auftrittsdaten
geschlossen wurden Ja Nein
Unterlagen werden lange auf vielen Stapeln gesammelt Ja Nein
Der Tag reicht nicht, um die anstehende Arbeit zu erledigen Ja Nein
Oft ist unklar, wann ich welche Maßnahmen abarbeiten soll Ja Nein
Informationen werden zu spät ausgetauscht, es kommt zu
Missverständnissen Ja Nein
Ich habe das Gefühl, dass die Organisation meiner Tätigkeit zu
viel Zeit in Anspruch nimmt. Ja Nein
Mein Mail-Account läuft oft über, da ich die Beantwortung der
Mails nicht schaffe Ja Nein
Ich vergesse immer wieder, wichtige Kontakte an bestimmten Tagen
anzurufen Ja Nein
Ich beantworte meine Mails erst nach Tagen Ja Nein
Engagements kommen nicht zustande, weil ich es nicht schaffe,
rechtzeitig Angebote zu schreiben Ja Nein
AdNr:1002
2009-09-15 | Nr. 64 | Weitere Artikel von: Gabriele Skarda