Das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht. So war etwa die Eröffnung eines Ablegers des Berliner „Quatsch Comedy Clubs“ im Kiez-Café Keese, über die wir unlängst berichteten, nicht die letzte ihrer Art in der Hansestadt: Regelmäßige größere und kleinere Shows für Fans des gepflegten Flachsinns wachsen immer wieder aus dem Boden. Stand-up-Comedian Sebastian Schnoy zählt mit seiner „Catbird Comedy Show“ im Imperial-Theater sowie der „Schnoy-Show“ im Stadtsender TIDE-TV zwar längst zu den Urgesteinen – doch nun machen zwei seiner Mitstreiter mit neuen Klubs von sich reden.
Eine „Comedyshow zwischen Burka und Bikini“ bringt „Catbird“-Co-Moderator Kerim Pamuk auf die Bühne: „Pamuks Kümmel Klub“ feierte beifallumrauschte Premiere im von Abkömmlingen zweier Nationen voll besetzten Winterhuder Stadtteilkulturzentrum goldbekHaus. Das Konzept ist einfach, aber gut: Ausschließlich Künstler mit ausländischem Hintergrund stellen ihre Programme vor – zunächst eben Türken. Wenn dabei ein erhellender Außenblick auf uns Deutsche und unser Land geworfen werde, sei das zwar angenehm, aber nicht Pflicht, sagte Pamuk (35) zu Trottoir. Denn: „Was gut gemeint ist, ist selten gut.“ Was zählt, sei der Spaß.
Schlicht Spaß hatten die Besucher vor allem mit den „Bodenkosmetikerinnen“ Nursel Köse und Serpil Pak aus Berlin. Die beiden attraktiven und vitalen Damen ließen die Stimmung mit Rap, Bauch- und türkischem Hochzeitstanz kochen. Handfest und deftig fertigten sie ihre Gags über national geprägte männliche Zurschaustellungen des eigenen Körpers – dieses Ratespiel für das Publikum geriet zwar schon zu einer Art Kulturvergleich, doch eher einem von dünnem geistigen Gehalt.
Ganz anders der Kölner Fatih Cevikkollu, Star des Abends in puncto treffgenauer Beobachtung und souveräner, humorvoller Zuspitzung: Ob er nun Marlon Brandos „Paten“ in rheinischer Mundart karikiert oder aber den türkischen Brauch, Konsumgüter so lange in Pappkartons in der 50-qm-Wohnung zu stapeln, bis sie samt Familienanhang in dreitägiger Fahrt im brütend heißen Ford in die immer noch so angesehene Heimat verfrachtet werden – der im Hauptberuf renommierte Schauspieler Cevikkollu (34) zeigt mit Charme und Intelligenz, dass an Klischees sogar etwas dran sein darf, doch dass das dem angemessenen menschlichen Umgang keinesfalls im Wege stehen sollte. Denn, wie sagt der Türke: Jede Jeck is anners. Und Lachen befreit, wie auch die Publikumsreaktion zeigte. Wer den „Kümmel Klub“ besuchen möchte, braucht im Übrigen nicht bis nach Hamburg zu reisen: Kerim Pamuk startet im Herbst eine Deutschland-Tournee. Die Termine geben wir rechtzeitig bekannt.
Auf der anderen Seite der Alster, im Uni-Viertel, verwirklicht „Schnoy-Show“-Mitarbeiterin Klara Koch ein eigenes Projekt: Im Hinterzimmer der beliebten „Ponybar“ im verschlissenen 50er-Jahre-Stil lädt die ausgebildete Schauspielerin (25) bei freiem Eintritt jeden zweiten Freitag im Monat zur offenen „Koch-Show“ (ha!). Was bedeutetet, dass sich berufen fühlende Comedians und Kabarettisten, Impro-Mimen und Musiker – ob junge oder alte Hasen – dort einen Kurzauftritt hinlegen dürfen, bei dem prasselnder Applaus und ein Stück Kuchen aus der Hand der blonden Moderatorin als Belohnung garantiert sind.
Das Projekt nach dem Vorbild der Berliner „Scheinbar“ hat sich schnell herumgesprochen, der kleine Raum füllt sich leicht und die sympathisch-natürliche Klara Koch wirkt zufrieden: „Hier sollen junge Künstler lernen können“, sagt die Entertainerin, die bei eigenen Auftritten gern das Single-Leben thematisiert, zurzeit aber an der Mann-Frau-Thematik bastelt.
Den Reigen neuer Shows ergänzt der bewährte Lutz von Rosenberg-Lipinsky (40) mit seiner originellen „Funkomedy“. Rosenbergs Band heißt „Die musikalische Früherziehung feat. Die Paderborner Party Pomeranzen Marc, Ferdi & The Blow Job“ und die gibt es schon seit den Spätzeiten der „SchlapplachHalde“, als die eigene Bühne des Comedians 1999 im Schlachthof gastierte. Da der spätere „Feminist“ auch mal Populärmusik an der hiesigen Hochschule für Musik und Theater studiert hat, sieht er sich locker imstande, als Texter, Sänger und Moderator mit dem Oktett unter Bandleader Ferdinand von Seebach eine launige Notenmischung zu stemmen aus Funk-Rock und Volksliedern, aus Soul und Klassik.
„In erster Linie geht es uns um den Comedy-Impuls“, erläutert der Künstler. „Funkomedy“ sei Musik, bei der man lachen müsse und tanzen könne. Wer Lust bekommt, die Probe aufs Exempel zu machen, muss sich allerdings noch ein wenig gedulden – erst nach der Sommerpause ist es wieder soweit. Entweder wie bisher einmal pro Monat im Imperial-Theater, doch vielleicht auch an einem anderen Ort. Vorher ist aber bereits das neue Solo-Programm von Rosenberg-Lipinsky zu erleben: „Der letzte Mann“ geht seinen Weg ab Mai (Premiere im neuen Kehrwieder-Varieté). Wir werden berichten.
Redaktion: Ulrike Cordes