Interview mit Börsenleiter der Kinderkulturbörse 2003 Claudius Beck:
Trottoir : Das große Treffen der Kinderkultur, die Kinderkulturbörse München findet nun zum 4. Mal statt. Da kann man nicht mehr von einer "Eintagsfliege" sprechen. Wie wird die Börse inzwischen von Künstlern, Agenturen und Veranstaltern angenommen?
Claudius Beck : Die Börse wurde von Anfang an gut aufgenommen als Umschlagplatz für Kinderproduktionen, als Börse, bei der die Kinderkünstler nicht nur Mauerblümchen sind und nur Stände belegen können. Bei uns gibt es den besten Überblick für Veranstalter im Bereich Kindertheater, Kindermusik und Kinderanimation. Und dass bei dieser Kulturbörse ausgezeichnete Produktionen zu sehen sind, hat sich das auch bei den Veranstaltern herumgesprochen. Wo sonst können sie an zwei Tagen 25 verschiedene Produktionen sehen. Die Hälfte der Zuschauer sind Kinder, damit eine echte Atmosphäre entsteht und die prüfenden, abwartenden Veranstalter eine Entscheidungshilfe haben.
T : Kinderkultur ist ja mindestens so vielfältig wie die Programme für die Großen. Welche Trends gibt dort zur Zeit?
Claudius Beck : Der Trend geht zum qualitativ hochwertigen, phantasievollen Programm. Die Theater, egal ob Figurentheater oder Personentheater oder auch die Musiker machen sich sehr viel Gedanken und Arbeit. Ausgefallene Programme, die mit viel Liebe und Können gemacht sind, setzen sich durch. Schlecht gemachte Kinderstücke haben auf Dauer keine Chancen. Das erkennen die Kinder und die Veranstalter.
T : Manche Aufführungen setzen inzwischen zu 100 % auf die Bekanntheit durch das Fernsehen, z.B. die diesjährige Sesamstraßen-Deutschlandtournee, die im Frühjahr in Hamburg startete (Trottoir berichtete) oder die Dauerbrenner Pumuckl, Käpt´n Blaubär, Biene Maya und die vielen Veranstaltungen mit "Der Maus". Haben Künstler mit eigenen Figuren und Geschichten dadurch einen Nachteil bei den Kindern oder bei den Veranstaltern, die ja gerne auf Experimente verzichten?
Claudius Beck : Die Stadthallenveranstalter setzen vielfach auf bekannte Namen wie Astrid Lindgreen, Petersson & Findus oder Janosch. Diese Themen sind wichtig, weil dafür auch Zuschauer gewonnen werden, die sonst nicht zur Veranstaltung kommen. Der engagierte Kinderkulturveranstalter macht aber eine vielfältigeres Programm und greift dann unter anderem auch auf bekannte Namen.
T : Wie wichtig ist Kinderkultur zum Anfassen und Mitspielen in einer Medienwelt wie heute mit CD, Video, DVD und Internet-Seiten für Kinder?
Claudius Beck : Ungeheuer wichtig und wir erleben wieder die Belebung der Livekultur. Die Kinder sind doch nicht mit Computer und Video allein zu faszinieren. Ein Schauspiel, ein Musiker, der Clown, Circus oder Spielpädagoge fasziniert doch weit mehr. Man muss nur mit offenen Augen durch die Festivals oder Messen gehen. Wo sind auf der EXPO die Massen stehen geblieben? Doch nicht vor den hunderten Videoschirmen, sondern vor den aktiven Künstlern.
T: Sollte es in den Landesregierungen (Kulturministerien) verstärkte Initiativen für Kinderkultur geben? Was können Förderprogramme für Kinderkultur erreichen, um Kinder neugierig und verantwortungsbewußt für den Umgang mit Mitmenschen und Umwelt zu machen?
Claudius Beck : Die Kinderkünstler sind im allgemeinen schlechter bezahlt, ihre Produktionen stehen auf engen finanziellen Beinen. Jede Unterstützung ist willkommen, auch die Kinderkulturbörse bekommt ganz wenig öffentliche Unterstützung und muss sich fast ausschliesslich selbst tragen.