André Eisermann sitzt heute in der 1.Reihe Mitte (Kiepenheuer & Witsch ISBN 3-462-03127-9; 302 S., 19,90 Euro) und ist ein gefragter Schauspieler, doch das war nicht immer so. Er stammt aus einer Schaustellerfamilie, die in der Pfalz und am Rhein von Rummel zu Rummel zog. Kein leichtes Leben, das die Schulbildung nicht gerade fördert und das einen eigentlich dahin formt, das Fahrgeschäft der Eltern weiter zu führen. Doch André Eisermann ging als Jugendlicher einen anderen Weg – er wollte Schauspieler werden. Seinen Weg von der Schaustellerei zur Schauspielerei beschreibt er in seinem Buch. Es war kein leichter Weg und er war kein leichter Junge, die Eltern hatten es nicht immer leicht mit ihm (und umgekehrt). Neben dem interessanten Einblick in die Welt der Rummel und Jahrmärkte besticht das Buch vor allem durch sein Bemühen um Ehrlichkeit. Hier ringt einer immer noch mit sich, zeigt immer noch Erstaunen über seinen Erfolg, offenbart Unsicherheiten, Fehler und Schwächen. Obwohl er mit 35 Jahren für einen Erinnerungsband ja noch ein wenig jung ist, ist ein sehr eindrucksvolles und spannendes Buch entstanden.
Georg Kreisler ist mehr als doppelt so alt, er hat sich Memoiren bislang immer verweigert. Lola und das Blaue vom Himmel (Edition Memoria ISBN 3-930353-18-0; 136 S., 18 Euro) ist daher auch nur eine Erinnerung an die Entstehung seines Theaterstückes Lola Blau und die Gerichtspossen darum. Zudem ist noch der Text des Stückes im Mittelteil eingebaut. Es ging vor Gericht um die Autorenschaft des Stückes, da seine frühere Ehefrau Topsy Küpers diese unberechtigterweise für sich beanspruchte. Was folgte war ein Stück aus Absurdistan. Ein (frecher) Jude in Wien vor einer Richterin gegen eine (arme) Frau, das war offenbar das Grundmuster dieser Groteske. Georg Kreisler schildert die hahnebüchenden Details mit nachvollziehbarem Zorn. Mehrere Jahre dauerte diese unsinnige Auseinandersetzung vor Gericht, Frau Küpers verlor auf der ganzen Linie. Eingestreut in den Band sind viele Gedanken und Anmerkungen, die seine Biographie betreffen. Mitunter berührt einen seine Polemik etwas unangenehm, aber er macht aus seinem Herzen eben keine Mördergrube.
Stani meint „Ich bin schuld“. Es ist seine Schuld, dass Prof. Dr. Königsberg aus Brakel einst das Licht der Welt erblickte und uns seitdem mit seinen neunmalklugen Geschichten den Kopf wäscht und uns in Rage bringt. In seinen Paderborner Reden präsentiert Kabarettist Stani auf 100 Seiten Höhepunkte aus heimatlichen, mit der Tradition der Westfalen verbundenen, Festreden.
Sei es zu 90-Jahre Paderborner Verkehrsverein, zur Eröffnung eines Kinderhauses oder die Rede zur Volljährigkeit (18 Jahre) des Kreisverbandes der Grünen. Auch ein etymologischer Ausflug in die Geschichte des Rechts anlässlich des Sommerfestes des Anwaltsvereins und Richterbundes Paderborn darf nicht fehlen. Sehr unterhaltsam, sehr pointiert, sehr anstrengend zu lesen (puh..) und zu begreifen. Aber Stani präsentiert auf seine Art brilliantes gesellschaftlich-bezogenes Kabarett aus Paderborn in bester westfälischer Tradition. Absolut lesens- und hörenswert!
(erhältlich unter www.stanisolo.de).
(Erotische) Literatur
Der literarischen Teil soll mit einer Einführung zur Geschichte der deutschen Literatur (Hörcompany / Eichborn ISBN 3-935036-18-3 5 CDs Gesamtlaufzeit ca. 5 Sdt.) durch Michael Mai beginnen. Wer rattert schon die Epochen der Literaturgeschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart herunter? Dennoch ist es hilfreich für Einordnungen, sich ein wenig darin auszukennen. Hier füllt die Hörcompany eine Lücke. Eigentlich richtet sich das Angebot an Kinder und Jugendliche, doch darunter leidet nicht die Qualität, sondern es steigert die Verständlichkeit. Es gibt einführende Texte (gesprochen von Matthias Fuchs) und Beispiele (Sprecher: Max Eipp, Hans Kremer, Ilona Schulz und Clemens von Ramin). Sie können jeder Menge lernen und sie werden feststellen, spannend ist es auch. Wer immer auch auswählt, er wählt subjektiv aus. Das macht Michael Mai natürlich auch. Daher könnte man AutorInnen nennen, die einem fehlen, andere auf die man verzichten könnte. Die aktuellen Einordnungen laden gewiß mehr zum streiten ein als die von Oswald von Wolkenstein. Was soll's, es ist ein guter, informativer und spannender Einstieg.
Ebenfalls zum Hören und zum Lernen sind die Balladen (Hörcompany / Eichborn ISBN 3-935036-23-X; 12 Tracks, 78:05 min). Fünf Typen von Balladen unterscheiden die beiden Autoren Otfried Preußler (der vom Räuber Hotzenplotz) und Heinrich Pleticha. Die Kommentare werden von Gerhard Garbers gesprochen, die Balladen rezitiert Max Eipp, dessen Vortrag man sich etwas farbiger vorstellen könnte. Wenn Sie wissen möchten, wie Theodor Fontane das Trauerspiel von Afghanistan beschreibt, hier können Sie unter der Rubrik Historische Balladen hören. Sehr interessant!
Zweifach sind die Phantasien (Ohreneule ISBN 3-359-01061-2; 16 Tracks, 54:02 min) von Wilhelm Busch und Tom Pauls. Der Dresdener Kabarettist ist immer wieder ein schräger Vogel und so gibt er die Verse Wilhelm Buschs im ganz eigenen Stil wider. Da krächzt er wie Hans Huckebein die Texte des alten Hagestolzes, der ja auch bei aller Lebensweisheit etwas sehr Verschrobenes hatte. Sie werden bei ihm neu lebendig. Der Vogel hat Humor!
Humor hat auch Walter Moers. Doch nicht nur das, er hat auch eine überschäumende, skurrile Phantasie. Wissen Sie was sich hinter der geschlossenen Tür Ihres Kühlschrankes abspielt, kennen Sie den kleinen Drachen in Ihrem Toaster? Die Schimauski-Methode (Hörcompany ISBN 3-935036-29-9; 9 Tracks, 58:56 min) klärt Sie auf: Ilona Schulz und Robert Missler sprechen die Interviews die Lydia Lindmaus mit dem genialen Prof. Dr. Albert Schimauski führt. In dieser entzückenden Kinderhörbuch-CD werden Ihnen noch ganz andere Geheimnisse offenbart (Im Vertrauen: wenn Sie mal selber im Märchenland nach dem rechten sehen wollen, hilft nur die Schimauski-Methode; doch hören Sie selbst!)
Nun ist Walter Moers aber auch für seine Ferkeleien bekannt und damit eröffnen wir die Schmuddelecke. Der Fönig (Lido/Eichborn ISBN 3-8218-2947-8; 4 Tracks, 17:38 min, Text), zum Quietschen komisch gesprochen von Dirk Bach, herrscht in einem Land, in dem "F" und "K" vertauscht gesprochen werden. Und auk einmal ist Frieg mit Krankreich. Es ist zum Fotzen, denn er wollte doch eigentlich zum Klomarft. Doch es fommt noch verwickelter. Ein föstlicher Unsinn, voller Wortspielereien.
Deutlich direkter kommt Peter Düker zur Sache: Wie ich Botschafter Teenlands wurde (Revonnah Verlag ISBN 3-934818-52-8). Ein kleines Bändchen, gerade groß genug für Schülerhosentasche, berichtet im Detail davon, wie schön es ist, wenn Mann sich mit Männlein und Weiblein vergnügt. Grenzüberschreitend lieben, belehrt uns Herr Düker nicht ohne Ironie, und alles wäre friedlicher.
Mit dem Decamerone (Ohreule ISBN 3-359-01043-4; 9 Tracks, 70:48 min) von Boccaccio (1313-1375) wenden wir uns der erotischen Hochkultur zu. Annekathrin Bürger, großartige Schauspielerin aus Berlin/DDR liest vier Geschichten aus diesem Klassiker. Erotische Geschichten von Raffinement, eindrucksvoll gelesen, das macht Lust selbst wieder einmal im nämlichen Buch zu schmökern. Umrahmt werden die Lesungen von der Musik des Susato-Ensembles. Eine genußvolle CD.
Ein gewisser Walter hat es einst recht bunt getrieben und dieses Trieben in einem Erinnerungsbuch dokumentiert, das erstmals Ende des 19ten Jahrhunderts erschienen ist: Viktorianische Ausschweifungen (Lido/Eichborn ISBN 3-8218-5218-6; 2 CDs, 5 Tracks, 73:58 min + 5 Tracks, 73:59 min). Man möchte sich fast zu dem Kalauer Ficktorianische Ausschweifungen hinreißen lassen, denn darum geht's im wesentlichen. Doch der Herr wird bei aller Obszönität nicht ordinär, es bleibt auch ein literarischer Wert des Buches. Er liefert Zeitbeobachtungen, kann Empfindungen ausdrückten und vermag zu formulieren. So läßt sich das Erotische ebenso genießen wie die Sprache. Apropos Sprache: Hellmut Krauss trifft genau den richtigen Ton.
Den richtigen Ton traf auch Helen Vita, wenn sie Unartige Lieder (fpr music 75802; 18 Tracks, 55:43 min, Texte und Infos) sang. Was gab das in den sechziger Jahren für eine Aufregung um diese zwar sehr erotischen, doch nie obszönen Lieder. Diese Leichtigkeit, diese freundliche Frechheit, diese Wortspiele, dergleichen hat es vorher und nachher in Deutschland nicht gegeben. Besser als die Vita hat's keiner mehr gemacht, die Seuse selbst mochte die allzu starre Festlegung auf diese Lieder später nicht mehr. Zu soviel Liebe dachte sich das Label gehört auch eine liebevolle Ausstattung und so ist eine angemessene Hommage an eine zu früh gestorbene Künstlerin entstanden. Es bleibt dabei: Schuld ist nur das Stehaufmännchen und der Muff.
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Der Inhalt gliedert sich in folgende Kapitel:
A.Rechtsbereiche, Muster, Arbeitshilfen, mit den Themen Rechtsgrundlagen, Urheber- und Leistungsschutzrecht, Verwertungsgesellschaften, Betriebsformen, Arbeits- und Personalrecht, Steuerrecht, Gewerblicher Rechtsschutz, Presse- und Persönlichkeitsrecht, Versicherungsrecht, Kulturfinanzierung, Veranstaltungsrecht, Vertragsgestaltungen in den einzelnen Kultursparten, Recht der Neuen Medien –
B. Gesetze: Hier findet der Leser eine Diskette mit den relevanten Gesetzestexten, Verordnungen und Arbeitshilfen, die wie der Textteil des Werkes regelmäßig aktualisiert wird und C. der Serviceteil mit einem Adressverzeichnis der wichtigsten Ansprechpartnern im Kulturbereich, ein umfangreiches Literaturverzeichnis und ein Glossar. TROTTOIR verlost zwei Ausgaben des Praxisratgebers an die LeserInnen. Schicken Sie uns einfach eine e-mail mit dem Betreff „Verlosung“ und im Textteil Ihre Adresse bis zum 23.12.2002. Wir benachrichtigen die Gewinner(Innen) am 24.12.2002. Viel Glück und frohe Weihnachten!
2002-12-15 | Nr. 37 |