Zwischen dem Erscheinungsbild, das ein Kleinkünstler auf der Bühne hinterlässt, und seiner medialen Präsenz auf dem Fernsehschirm besteht oft ein gewaltiger Unterschied. Der eine oder andere Comedian wirkt ohne seine telegene Hülle ziemlich nackt. Für Wilfried Schmickler gilt das nicht. Eher ist das Gegenteil der Fall: Schmickler z. B. im Bonner Pantheon zu sehen entschädigt für so manchen unangenehmen Auftritt in den WDR-„Mitternachtsspitzen“, wo Schmickler dem hier besser auftrumpfenden Jürgen Becker immer wieder polternd dazwischenfährt. Seinen dort mitunter sehr aufdringlich wirkenden Stakkato-Redestil setzt er auf der Bühne ungleich wohldosierter und virtuoser ein.
Schmicklers neues Programm heißt „Danke!“ und wird selbstverständlich mit dem gleichnamigen geistlichen Gassenhauer eröffnet (nebenbei bemerkt: wohl das auf deutschen Kabarettbühnen meistparodierte Lied der letzten 20 Jahre). Natürlich will Schmickler nicht wirklich ein Danklied auf die politischen und sozialen Errungenschaften der letzten Jahre singen, sondern eher vor Augen führen, dass man die Vernebelungen der aktuellen politischen Klasse bestenfalls dankend ablehnen kann. Kaum jemand, den Schmickler nicht ins Visier nimmt, und dennoch liefert er keine beliebige Promi-Abwatsche. Das humane und soziale Ethos, das hinter Schmicklers Lästereien steht, ist klar erkennbar.
So ist Schmickler so etwas wie der Abraham a Santa Clara des deutschen Kabaretts: Jemand, der lieber einmal mehr als einmal zu wenig zulangt, rhetorische Brillanz an den Tag legt und dabei Grobianismen nicht abhold ist. Kabarett mit Herz, Hirn und Faust, das in dieser Qualität selten geworden ist.
Redaktion: Guido Bee
2005-06-15 | Nr. 47 | Weitere Artikel von: Guido Bee