Der Winter ist die Jahreszeit, die den Kleinkunstbühnen zweifellos am meisten entgegenkommt. In den kalten, trüben Monaten nutzen viele die Möglichkeit, an kleinen, überschaubaren Orten, an denen man sich geborgen fühlen kann, etwas gute Laune zu tanken. Im Sommer dagegen müssen sich die Veranstalter schon sehr ins Zeug legen, um ihre Klientel vom Biergarten weg und in die eigenen Räumlichkeiten zu lotsen. Hier haben sich Festivals aller Art als besonders probates Mittel erwiesen. Und so wundert es nicht, dass auch in diesem Jahr der Köln-Bonner Kleinkunstsommer ein Festivalsommer ist.
So findet im Pantheon nun schon zum elften Mal in Folge ein hochklassiges A-cappella-Festival statt, an dem neben bekannten einheimischen Formationen wie den Wise Guys, Ganz schön feist und den U-Bahn-Kontrollören in tiefgefrorenen Frauenkleidern auch auswärtige Gäste wie die französische Gruppe Indigo, die britischen Magnets und das Schweizer Trio Hop O’ My Thumb teilnehmen. Im Juli startet dann das 3. Pantheon Comedy Festival, bei dem diesmal Gabi Decker, Desirée Nick, Orchester Bürger Kreitmeier, Martin Schneider und die Männerkulturen auftreten. Das Springmaus-Theater serviert wie schon im letzten Jahr unter dem Titel „Sommersprossen-Festival“ Prominente im Doppelpack. Hier kann man sich auf aparte Mischungen wie „Manes Meckenstock meets Christoph Brüske“, „Barbara Ruscher meets Vince Ebert“ und „Kay Ray meets Ken Bardowicks“ freuen. Im Klüngelpütz beschwört man wie einst Rio Reiser den „Junimond“ – durch eine Reihe von Chansonnächten, die u. a. von Tom van Hasselt, Sebastian Krämer und den derzeitigen Chanson Shooting-Stars Christiane Weber und Timm Beckmann bestritten werden. Außerdem findet hier an drei Sonntagabenden im Juli eine Sommerlesereihe unter freiem Himmel statt. Auch das Wohnzimmertheater hat sein eigenes Sommerfestival; von Juli bis September tritt hier eine Truppe auf, die von den Theaterleuten nicht namentlich benannt, aber als All-Star-Ensemble bezeichnet wird – das Publikum darf jedenfalls Leute erwarten, die aus Nightwash und Quatsch-Comedy-Club hinreichend bühnenerprobt sind. Im Umfeld des CSD wird auch in diesem Jahr in Köln das Internationale Kultur-Festival „Sommerblut“ stattfinden, auf dem sich Größen der lesbisch-schwulen Kleinkunstszene die Klinke in die Hand geben. Viele Termine der vom 19. Juni bis 6. Juli dauernden Veranstaltungsreihe sind zum Redaktionsschluss dieser Trottoir-Ausgabe noch nicht bekannt – ein Höhepunkt dürfte aber der Auftritt des deutsch-holländischen Chansonniers Sven Ratzke sein, der im Stollwerck einen charmant-verruchten Abend geben wird.
Zum Schluss noch der Hinweis auf ein paar einzelne Programme, die in besonderer Weise sommerliches Flair versprühen. Da wären etwa die von Rainer Pause und Martin Stankowski moderierten, historisch-kabarettistischen Rheinschifffahrten, die auch in diesem Jahr unter dem Motto „Völker zum Rhein, zum Rhein!“ stehen. Michi Kleiber entführt in seinem Programm „Grill bei Günni“ die Zuschauer im Eifelturm auf einen gemütlichen deutschen Campingplatz; die acht hier vorgestellten prototypischen Camper verkörpert Kleiber in Personalunion. Im Senftöpfchen schließlich will man im Sommervarieté einer in den letzten Jahren arg vernachlässigten Bühnengattung zu neuer Blüte verhelfen. Hier geben sich Akrobaten, Jongleure, Schlangenmenschen und Zauberer ein Stelldichein; die Moderation übernehmen mit den Lottis alias Joy Stick und Vivi Marode zwei alte Bekannte der Kölner Kleinkunstszene.
Es gibt also gute Gründe, auch in diesem Sommer den Biergärten und Freibädern irgendwann den Rücken zu kehren und Kleinkunstatmosphäre einzuatmen. Und kalte Getränke kann man sich ja meist obendrein einverleiben.
Redaktion: Guido Bee
22./23.6. Sven Ratzke unplugged
ab 1.7. Michi Kleiber – Grill bei Günni
17.–19.6. Festival Junimond
7.6.–20.6. 11. Pantheon A-cappella-Festival
24.6.–10.7. 3. Pantheon Comedy-Festival
26.7.–28.8. Sommervarieté
7.7.–20.8. Sommersprossen-Festival
1.7.–2.9. Wohnzimmertheater All-Stars-Comedy
2005-06-15 | Nr. 47 |