Alles wiederholt sich. Und so waren und sind auch in dieser Saison nach einer großen Anzahl mehr oder weniger weihnachtlicher Kleinkunstprogramme die Jahresrückblicke noch auf den Brettln allerorten zu sehen.
Zuvor gab's jedoch Ernsteres in Köln und Bonn zu erleben: Georg Schramm beehrte natürlich auch die großen Kabarettbühnen von Comedia und Pantheon auf seiner momentan laufenden Abschieds-Tournee "Meister Yodas Ende" (Regie: Rainer Pause). Die Monate im voraus und innerhalb weniger Minuten ausverkauften Tickets wurden - sicher ungewöhnlich für eine Kabarettvorstellung - sogar auf ebay hoch gehandelt. Dabei forderte Schramm seine ergebenen Zuschauer und -hörer auch in diesem (vorläufig?) letzten Bühnensolo, das komponiert war wie ein Theaterstück, wieder einmal gehörig mit bitteren Wahrheiten. Vorgebracht wurden die von seinen Alter Ego Lothar Dombrowski, Oberstleutnant Sanftleben & Co., Figuren, die teils auch heftig miteinander stritten.
Es gibt wohl nur sehr wenige Kabarettisten neben Georg Schramm (den kürzlich verstorbenen Dieter Hildebrandt mal nicht mitgerechnet), die so ehrlich empört über gesellschaftliche Zustände und Machtinhaber sind, dass ihnen - wie Schramm - auch nach über 25 Bühnenjahren noch erkennbar die Galle hoch kommt, den Politik so zornig macht, dass er sein Programm darüber weder mit billigen Gags würzen noch Pointen hinterherlaufen muss. Das Publikum dankte allerorten mit Standing Ovations.
Wesentlich weniger "schwer" geht es im neuen Ensemble-Programm von und mit Moritz Netenjakob zu. Der unglaublich umtriebige Kölner Comedy- und Buchautor, ein Hans Dampf in allen Gassen, schreibt seit 1991 für TV-Comedys (am bekanntesten sind vermutlich "Stromberg", "Pastewka" und "Switch Reloaded"), hat zwei heitere Erfolgsromane auf den Markt gebracht ("Macho Man" und "Der Boss") und für sich selbst, seinen Schwager, den Comedian Serhat Dogan, und weitere Familienmitglieder mehrere Comedy-Programme geschrieben. In "Meine dicke freche türkische Familie" brachten er, Ehefrau Hülya, Schwägerin Selda (sie bildete für einige Jahre das Comedy-Duo "Harem Globetrotters" mit Beate Bohr), deren Mann Tino Selbach (als Karnevalist bekannt), Schwager Serhat und Gästen ab 2005 eine heitere Comedy-Revue über deutsche und türkische Eigenheiten auf die Bühne. Das neue Ensemble-Programm "Zuckerfest für Diabetiker" ist so etwas wie die Fortsetzung, Erweiterung oder auch nur das Aufwärmen der "dicken frechen türkischen Familie", angereichert mit einigen (seit Längerem kursierenden) youtube-Videos und recht hölzernen Spielszenen. Neben Co-Autor und Mitakteur Markus Barth sind wieder Ehefrau Hülya und Schwager Serhat mit von der Partie. Herrlich überdreht war die Szene der türkischen Familie mit dem schwulen Schwiegersohn (Netenjakob) oder auch die Karnevalslieder mit türkischen Inhalten. Mit Barth, einem ebenfalls sehr gefragten TV-Comedy-Autor, hatte Netenjakob kürzlich erst einen Duo-Abend auf die Bühne gebracht.Einen Wechsel gab es bei einer Kölner Kleinkunst-"Institution", der Krimi-Nacht "Fang den Mörder", einer Mischung aus Kleinkunst, Lesung und Theater. Eigens für die seit 2001 im Gloria Theater laufende Reihe (Gastspiele gab es schon in mehreren Städten) werden Stücke geschrieben, die - in immer wechselnden Besetzungen - meist von prominenten Comedians oder TV-Größen als "Vorleser" aufgeführt werden, unterstützt von Geräuschemacher Dieter Hebben und Pianist Andras Kämmerling. Das Publikum ist angehalten mitzuraten, wer der Mörder ist. Moderiert hat bis Ende 2008 Georg Uecker, dann folgte für über drei Jahre Guildo Horn, dann Ralph Morgenstern und nun übernahm Entertainerin Hella von Sinnen die erfolgreiche Reihe.
Redaktion: Lore Ley
Einige ausgewählte Live-Empfehlungen für das neue Quartal:
Gloria Theater
19.01., 16.2., 16.3.2014: "Frang den Mörder". Ein Krimi live auf der Bühne mit Publikumsbeteiligung. Schauspiel, Lesung, Comedy- und Musik-Einlagen. Eine Institution in Köln.
Comedia Theater
21.3.2014: Trude träumt von Afrika "Best of". Verrückte Damen an Percussion-Geräten: schrullig, liebenswert … einfach crazy.
Senftöpfen Theater
31.1.2014: Johannes Kirchberg: "Ich dagegen bin dafür". Der sympathische Chansonnier aus Leipzig, der nun schon lange in Hamburg wohnt, nennt seine Kunst "unpolitisch korrektes Kabarett".
Stollwerck
30.4.2014: Markus Barth "Mitte 30 und noch nicht mal auferstanden". Barth legt als TV-Autor sonst anderen die Pointen in den Mund. Dass er sie aber noch viel besser selbst ausspricht, beweist der gebürtige Franke in seinem neuen Comedy-Solo.
Atelier Theater
7.1., 26.2., 1.4.2014: Andrea Volk "Teleshopping macht sexy". Erhellendes und saulustiges Comedy-Infotainment mit der Autorin und Komikerin Volk.
Theater am Tanzbrunnen
10.4.2014: Johann König "Feuer im Haus ist teuer, geht raus!". Der Meister des absurden Rumstotterns … Und die Locations werden auch immer größer ...
Kulturkirche
2.4.2014: Georg Ringsgwandl "Mehr Glanz!". Sehr, sehr speziell, der Mann aus Bayern. Aber ein Multitalent.
Artheater
(fast) jeden Montag: "Kunst gegen Bares". Jeder darf auftreten und sich ausprobieren. Das Publikum entscheidet, wie viel Geld es dafür gibt.
Erstes Kölner Wohnzimmertheater
5.2.2014: Bernd Gieseking "Ab dafür! - Der satirische Jahresrückblick". Giesekings Jahresrückblick hat Tradition und gehört zu den besten der Kabarett-Szene.
26.3.2014: Roberto Capitoni "Italiener weinen nicht!". Er sieht nicht so aus und ist frisch wie immer, aber Capitoni darf man nach über 30 Jahren auf der Bühne getrost als "Urgestein" der deutschen Comedy bezeichnen.
Pantheon
19.1.2014: Stenzel & Kivits "The impossible Concert". Virtuose Musikcomedy von zwei virtuosen Musikern, die es richtig können. Was die beiden mit einem Flügel veranstalten, ist unerreicht!
Haus der Springmaus
21.1.2014: HG Butzko "Geld oder Leben - Eine Reise durch den Wirtschaftswahn". Nur wenige können so gut unterhalten und gleichzeitig politisches Wissen vermitteln wie Kabarettist Butzko.
SchauspielHaus Bergneustadt
23.2.2014: Ensemble Weltkritik "Weltkritik - ein bunter Abend". Eigentlich klassisches Duo- bzw. Ensemble-Kabarett aus Leipzig, aber eben jung und unverbraucht.