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    In Deutschland is wat los

    Siegfried and Roy were here! Die Weltklasse-Magier reisten Ende Oktober aus Las Vegas an die Stätte, an der 1964 ihre Weltkarriere begonnen hatte: ins Hansa-Theater am Hamburger Steindamm. In der ersten Spielzeit seit der Premiere am 15. Januar 2009 konnten die neuen Leiter Thomas Collien und Ulrich Waller vom St. Pauli Theater – in Kooperation mit dem Frankfurter Tigerpalast – das zwischenzeitlich geschlossene Traditionsvarieté glanzvoll wieder aufleben lassen. 99 Prozent Platzausnutzung zeigen, dass auch heute Varieté beim Publikum gefragt ist. Nun geht es in die zweite Spielzeit bis Ende Februar mit internationalen Spitzenakrobaten wie Aurelia Cats oder Bauchrednern wie George Schlick. Die Conference wird von Künstlern wie Horst Schroth, Sängern wie Tim Fischer und Comedians wie Olli Dittrich übernommen. Auf der von Siegfried Fischbacher (70) und Roy Horn (65) in Reihe sechs erlebten rauschenden Premierengala erübrigte sich denn auch jeder Zweifel daran, dass diese Saison ebenfalls ein Hit wird.

    De groode Bert Engel ShowDafür verabschiedete sich Collien von einem vor fünf Jahren angenommenen Kind: den Fliegenden Bauten. Im ursprünglich 1982 von Matthias Kraemer und Sebastiano Toma gegründeten Viermast-Chapiteau auf dem Kiez bestimmen nun neue Kapitäne den Kurs. Am 10. September übergaben der Sylter Mineralwasser-Unternehmer Joachim Wussow („Meerkabarett“) und sein Geschäftsführer Collien den Schlüssel an Ingo Hagemann und Guido-Marc Gosch. Zwei Namen, die in der Branche etabliert sind: Während Geschäftsmann Gosch bereits von 1999 bis 2003 Personal und Veranstaltungen der Bauten verantwortet hatte, absolvierte Hagemann etwa die Stationen GOP Bad Oeynhausen sowie Stage Entertainment mit Neue Flora, Kehrwieder-Varieté und Quatsch Comedy Club in Hamburg. Vonseiten der früheren Betreiber heißt es, man wolle sich jeweils wieder auf sein Kerngeschäft konzentrieren.

    Unter dem Motto „Genussvoll abheben“ treten die Chefs der neuen GmbH und Co. KG an.

    „Mit dem jungen Sternekoch Ali Güngörmüs bieten wir anspruchsvolles Verzehr-Theater“, erklärte Hagemann gegenüber Trottoir. Das Farbkonzept seines Zeltes ließ er bereits in warmes Gelb-Orange ändern und sorgte für weitere Verschönerungen. Die beiden Leiter hoffen, so auch den Event-Bereich ausbauen zu können. „Und auf der Bühne werden wir wieder mehr selbst produzieren – Musicals, Varietéprogramme oder auch Konzept-Shows mit Körperkünsten“, sagte Hagemann, der zwölf Monate durchspielen will. Angedacht seien auch die Comedy-Reihe „Brot und Spiele“ mit Matthias Brodowy und Gästen sowie ein Off-Theater-Festival im August. Die erste – aus dem Dresdner Theater Wechselbad übernommene – Premiere, das Musical „Ein Käfig voller Narren“, traf allerdings noch nicht auf allgemeine Zustimmung.

     Seine Tournee „Revolution“ hatte zuvor Atze Schröder in den – knallvollen – Bauten gestartet. „In Deutschland is wat los“, die Gesellschaft driftet auseinander – da nimmt der nunmehr 44-jährige Essener Kunst-Macho mit Minipli einmal mehr kein Blatt vor den Mund. Von rhythmischem Klatschen und dröhnendem Jubel empfangen, analysierte Atze messerscharf die Geschlechterverwirrung und deren fundamentale Folgen für das Vaterland: „Wir haben jetzt zwei Frauen in der Regierung“, jammerte der ewige Porschefahrer, um sich zu fragen: „Schimanski, Alfred Tetzlaff – wo sind sie hin, die echten Kerle?“ Den Hauptgrund weiß er: Sexmuffeligkeit. „Wir häkeln, wir bügeln, wir kennen den Mondkalender auswendig. Doch wer will mit solchen Männern schlafen?“ Andere Ursachen: „Weil jeder will ja n’ bisken wat Besonderes sein“ – mit Hilfe von Tätowierungen etwa. Oder Türken, die zwar in die EU wollen, aber das Familiengericht einberufen, wenn die Schwester einmal durch Kreuzberg läuft. Schröder mixt Altes und Neues, singt, rät den Fans zur Familiengründung und erweist sich insgesamt erneut als lupenreiner Prolet – aber einer mit (Locken-)Köpfchen.

    „Immer in Eile, immer wichtig – aber nie ganz richtig“: Auf die drei Göttinger Herren von Ganz schön feist ließ sich ihr eigener Text nicht anwenden, als sie im September im unweit des Zeltes gelegenen Schmidts Tivoli unter dem Titel „Klassentreffen“ Deutschland-Premiere ihres neuen Bühnenprogramms sowie ihre CD feierten. Fans von der Oma bis zum Enkel füllten die Plätze und feierten die A-cappella-Interpreten vorgerückten Alters mit ihren ausgeprägten Mittelscheiteln und bonbonfarbenen Anzügen. Denn Mathias Zeh, Rainer Schacht und Christoph Jess bewiesen wieder einmal musikalisches Format und geistreichen Stil, noch bei den abstrusesten oder gewagtesten Behauptungen. Ob es um Messies geht, Frauen, die immer nur f... wollen, um eine „Gammelfleischpartie“ oder sogar um eine „Dönerrevolution“ („Hege den Fladen und fege den Laden“): Was – bei nur wenigen, bescheidenen Instrumenten – so fundiert und charmant-subversiv rüberkommt, ist auf jeden Fall richtig. Vielleicht sogar richtig wichtig?

    Und der kleine lokalpatriotische Freudenausbruch zum Schluss: Wenn Ina Müller den Deutschen Comedypreis 2009 in der Kategorie „Beste Late-Night-Show“, Mike Krüger den Ehrenpreis der Jury sowie das Kabarettduo Henning Venske und Jochen Busse den Ehrenpreis zum Deutschen Kleinkunstpreis 2010 zugesprochen bekommen, darf man wohl auch als gern cooler Hanseat durchaus mal aus dem Häuschen geraten ...

    Redaktion: Ulrike Cordes

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    Programm: Aber bitte mit Udo! | Harry Heib und Timo Bader

    AdNr:1016, AdNr:1025 

     


     

    2009-12-15 | Nr. 65 | Weitere Artikel von: Ulrike Cordes





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