Wer redet eigentlich immer noch vom Sommerloch? Das gibt es doch seit einigen Jahren schon gar nicht mehr, seit es diese unüberschaubare Masse an Festivals gibt: Theaterfeste, Musikevents, Multikultitreffen und was nicht alles noch so. Von Mai bis September reiht sich eine Großveranstaltung an die andere. Die Theaterfestivals haben sich im Ruhrgebiet inzwischen soweit gebündelt, daß man zumindest einen gemeinsamen Terminkalender an die Hand bekommt, um die Mülheimer "stücke", die Duisburger "akzente", das Bochumer "Figurentheater der Nationen - fidena", die Recklinghauser "Ruhrfestspiele", den Dortmunder "Theaterzwang", das Schwerter "Welttheater der Straße" und dieses Jahr auch die "Internationale Tanzmesse NRW" in Essen nur bloß nicht zu verpassen. Dazu gesellen sich auch diverse Kleinkunst- und Comedyfestivals, wie der Hagener "Muschelsalat", das Dortmunder "Micro!festival" und natürlich das Comedy Arts Festival in Moers. Ich habe bestimmt noch irgendein ‚event' vergessen, man möge es mir nachsehen, liebe Veranstalter. Was ich an dieser Stelle deutlich machen möchte, ist, daß es unmöglich ist, über die einzelnen Programme zu berichten, auch wenn die Teilnehmer national wie international häufig sehr hochkarätig sind. Für Künstler lohnt es sich aber bestimmt, sich bei den Städten zu bewerben und für Veranstalter (und -innen) bietet sich oft die Gelegenheit, vielleicht eine neue Perle der Kleinkunst zu entdecken.
Diesen Sommer haben sich wahrscheinlich einige Fans des gelesenen Wortes den 23. Juli dick angekreuzt, denn da traten die Herren vom Duo Tresenlesen das letzte mal gemeinsam an. Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist, haben sich Frank Goosen und Jochen Malmsheimer gesagt und gehen fürderhin jeder für sich seiner Wege. Acht Jahre haben sie uns erfreut in immer größer werdenden Häusern, haben Preise eingesackt und jetzt sogar eine 5er CD-Box "Tresenlesen, Die Werkschau (1993-2000)" auf dem Markt von ROOF Music. In Zukunft gibt es also Tresen oder Lesen eben nur noch einzeln.
A propos Preise: Der Deutsche Journalistenverband (DJV) hat Spaß an Lustigmenschen gefunden und hat in diesem September das erste Mal den "Ruhr-Pott" ausgelobt, einen neuen Kabarettpreis für Ruhrgebietskabarettisten. Neben einem hübschen Wanderpokal erwartet den/die Gewinner/in ein stattliches Preisgeld von 10.000 Mark. An einem Marathonpreisabend treten auf dem Gelände der Zeche Zollern II/VI sechs KabarettistInnen aus dem Ruhrgebiet gegeneinander an. Nominiert sind: Das Duo "Der Rest", Martin Herrmann, Kordula Völker, Markus Behr, Hans Gerzlich, Hubert Burghardt, Martin Kaysh, und das Musiktrio "Der Vorstand". Die ausgewählten haben außer den Ruhrgebietswurzeln nichts gemeinsam, von daher kann man sich bei diesem Mangel an Kriterien glücklich schätzen, nicht in der Jury zu sitzen. Der Name des/r Siegers/in erscheint in der nächsten Ausgabe.
Das Thema Offene Bühneist wichtig, denn nichts geht über Talentförderung in den Veranstaltungszentren. In NRW gibt es unzählige solcher Einrichtung und sollte mich mal die Langeweile packen, mache ich eine Liste fertig und schicke sie Interessenten gegen horrende Gebühren zu. Ma gucken, ne! Dieses Mal geht es z.B. um die Offene Bühne der "Schuhfabrik" in Ahlen. Seit einigen Jahren gibt es sie und die Ahlener nutzten sie gerne vor und auf der Bühne. Denn bei Zuschauern stehen offene Bühnen oft hoch im Kurs. Nach einiger Zeit gibt es daher oft das Problem, daß die Talente ausbleiben und man Gefahr läuft, sich zu wiederholen. Wer aus Ahlen (oder Umkreis) stammt, kann diesen Tip ja mal weitergeben. Interessenten melden sich unter: 02382-3005. Nächstes Beispiel ist das Zentrum Altenberg in Oberhausen. Ab diesem Monat gibt es dort einen Nachfolger für die TalentLachNacht. Unter dem Titel "Flutlicht" startet eine neue Newcomershow, die es sich zum Konzept gemacht hat, auch nach Talenten zu suchen die nicht weiß, männlich, Mitte 30 sind, überspitzt ausgedrückt. Damit macht es sich die Moderatorin Di McFarlane (Stand-up Komikerin aus Neuseeland) nicht ganz einfach, denn nicht nur Frauen sind selten zu finden, sondern z.B. auch Ausländer. Es ist natürlich weiterhin jede/r (!) gerne gesehen in Oberhausen (0208-859780). Der "comedycarl" (s. vorletztes trottoire) hat anhaltend großen Erfolg in Essen. Diesen Sommer gab es ihn auch als Freiluftveranstaltung. So konnten auch acts ihr Können zeigen, die sonst auf der kleinen Bühne im Foyer keine Chance haben. Mit dabei war die Band "Butterfahrt 5", die bekannte Stücke covern, aber so ganz anders als man denkt: "The final countdown" als Schlager oder der AC/DC-Klassiker "tnt" als Swing. Hörens- und wegen ihrer Liveperformance inkl. funkensprühender Gitarre auch sehenswert. Das gleiche gilt übrigens auch für den Moderator der Revue Moses Wieczorek. Der feierte Mitte August die Premiere seines Soloprogramms "Halt's Maul und sing!". Wer mit 15 gerne Heavy Metal hört, aber dann doch die Sammlung KISS-Platten aus katholisch motivierten Sorgen um deren okkulten Satansbotschaften in die Tonne kloppt, der hat über 15 Jahre später einiges zu erzählen. Liebevoll textet er eigene Themen auf die Stücke seiner alten Rock'n Roll-Heroen und beweist, daß man Iron Maiden auch unplugged auf der Wandergitarre bringen kann.
Noch ganz zum Schluß ein Jubiläum: Das Rotationstheater Remscheid feiert 10-jähriges! Anläßlich dieses Geburtstages gibt es ein großes Fest, zu dem die Betreiberin des kleinen Theaters Frau Schmidt-Wien alle Freunde dieser Remscheider Institution eingeladen hat, und das sind viele! Bald wird auch ihr dringlichstes Problem gelöst, denn die Säule, die mitten im Raum den Zuschauern die Sicht versperrt hat, wird demnächst ... ignoriert. Sie dreht einfach die Bühne an die andere Wand. Clever. Alles gute für die nächsten zehn Jahre.
Redaktion: Wiebke Doktor
2009-09-15 | Nr. 28 | Weitere Artikel von: Wiebke Doktor