„Mein alter Westen“ heißt der Abend mit Irmgard Knef im Berlin Story Salon (siehe Haupttext). Dabei lässt Heissig seine Figur abwechselnd an einem kleinen Tischchen sitzen, trinken – „nur Wasser“, wie sie mit schwerer Stimme versichert – und locker aus dem Leben im alten West-Berlin fabulieren. Hin und wieder erhebt sich die gebrechliche Diva und wuchtet sich an den Mikroständer. Dort singt sie im typisch knefschen Sprechgesang eigens für die Zwillingsschwester getextete Chansons.
Das funktioniert sehr gut und ist weit mehr als Imitation oder Travestie. Der 45-jährige Heissig verkörpert die fast doppelt so alte Dame mit jedem Zittern und jedem Nuscheln überzeugender. Aus mürbem Körper und hellwachem Geist entsteht trotz hoher Kalauerdichte eine spannungsvolle Einheit – und eine eigenständige, äußerst anziehende Figur. Das liegt auch daran, dass der Abend, obwohl er locker dahingeplaudert erscheint, tatsächlich ein sauber inszenierter, durchkomponierter Bühnenmonolog ist.
Natürlich hat es nie eine unbekannte Zwillingsschwester der Knef gegeben. Doch wer Heissig einmal als Irmgard Knef gesehen hat, wünscht sich, es wäre anders.
Redaktion: Susann Sitzler
2010-03-15 | Nr. 66 | Weitere Artikel von: Susann Sitzler