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    Time is Honey


     

    Mit diesem Programmtitel gastiert der Circus Roncalli derzeit in Hamburg. Die außergewöhnlichen Darbietungen machen das besondere Unterhaltungsprofil von  Roncalli aus. Wieder einmal ist es Bernhard Paul gelungen Artisten mit Seltenheitswert zu engagieren. Dabei greift der Circusdirektor sehr gerne artistische Vorbilder aus alten Zeiten auf, um deren Können wieder lebendig werden zu lassen. Circuskarrieren können auch schon einmal auf dem Fernsehsofa starten. Bernhard Paul sah in Samstag Abendsendung „Wetten dass…?“ 200_Circus_Roncalli_MichaelMichael Ortmeier (Bild links) einen jungen Mann aus Bayern, der über Flaschen lief und sagte, dass er am liebsten bei einem Circus arbeiten wolle…“ Ein kurzer Anruf des Circusdirektors direkt in der Sendung genügte und Thomas Gottschalk verkündete dem verblüfften Michael Ortmeier „Roncalli hat gerade angerufen – du hast den Job beim Circus!“ Was Michael nicht wusste: Bernhard Paul hatte seit Jahren einen Künstler gesucht, der wie Ortmeier über Flaschen läuft. Vor fast zweihundert Jahren gab es einen großen Clown namens Auriol, der über Flaschen balancierte. Angelehnt an dieses Vorbild läuft der junge Bayer jetzt jeden Abend im Original-Kostüm von Auriol über eine überdimensionale Uhr, welche gleichzeitig das Symbol des neuen Programms darstellt. Ein Mann, ein Fahrrad, eine Rotunde, die nach unten hin offen ist und die, während der Mann in die Pedale tritt und seine Runden dreht, in den Manegenhimmel gezogen wird. Der Mann auf dem Rad ist Fabricio Nogueira und er verbreitet in den Lüften unter der Circuskuppel einen Hauch von Nostalgie. Vom Leistungssport zu poetischen Meisterleistungen in der Luft. Natalia und Katherina, stellen Gegenpole aus Schwarz und Weiß dar, die in der Luft wie Magnetfelder agieren. Sie ziehen sich an und entfernen sich voneinander. Mit ihrer Luftdarbietung  wurden sie in Monte Carlo ausgezeichnet. Der eine ist der Roboter, der andere der Mann an der Fernsteuerung. Wer aber wen beherrscht muß nicht unbedingt jener an den Knöpfen sein, wenn das Gegenüber ein nicht steuerbares Eigenleben besitzt. Der Roboter und der sonderbare Clown sind Alexander Wengler, Tänzer und Choreograf aus Salzburg und Devlin Bogino, Spross einer legendären italienischfranzösischen Circusfamilie. Der Auftritt von Jemile Martinez ist nicht nur Roncallis Antwort auf den Fußball schlechthin, sondern mit seiner Jonglierkunst hat Jemile diese uralte Circustradition neu definiert. Seine Darbietung besticht aus einer Mischung von Kraft und spektakulärem Können. In der dritten Generation Circuskind, jongliert der gebürtige Engländer mit großer Spielfreude bis zu fünf Fußbälle. Höchste Körperbeherrschung und atemberaubende Beweglichkeit sind das Handwerkszeug des russischen Ausnahmekünstlers 200_Circus_Roncalli_Andrey_Andrey Romanowsky (Bild rechts), der nicht nur viele internationale Preise gewonnen hat, sondern auch Spross einer alten russischen Circusfamilie ist. Unglaublich erscheint die Performance des Faltkünstlers, der sich durch ein enges Rohr gleiten läßt. Pure südamerikanische Lebensfreude erleben die Zuschauer mit den Cendeno Brothers. Über das atemberaubende Tempo ihrer Performance mit der die vier Brüder, Brian, Kenny, Rommy und Brandon in der Manege agieren bringt einen schlicht zum Staunen. In der vierten Generation im Circus sind die jungen Ikarier aus Ecuardor diejenigen, die die Schwerkraft völlig außer Kraft setzten. Wenngleich Tiere im Circus Roncalli selten zu sehen sind, so bietet die faszinierende Freiheitsdressur von Karl Trunk poetische Momente klassischer Circuskunst. Ein Circus ohne Clowns wäre wahrscheinlich keiner. Der in Monte Carlo ausgezeichnete David Larible versteht es mit kleinen Gesten große Emotionen herzvorzurufen und mit den Zuschauern ins Spiel zu kommen. Ihm gegenüber steht der Weißclown Gensi (Fulgensi Mestres), welcher die Poesie in die Manege trägt. Wie eine Circusprinzessin schwebt, gleitet und fliegt Shirley Larible (Tochter von David Larible) an den Strapaten durch die Luft und inszeniert dort ihre ganz eigenen Traumbilder. In einer Symbiose aus Kraft und Eleganz demonstriert Encho Keryazov, der zweimalige bulgarischer Landesmeister der Sportakrobatik, Talent und großartige Körperkunst. Der Athlet wurde mit seiner Handstandequilibristik-Darbietung beim Circusfestival in Monte Carlo 2007 mit dem „Silbernen Clown“, geehrt. Wieder einmal hat Roncalli den Traum von einem Circus zwischen Nostalgie und moderner Körperkunst Wirklichkeit werden lassen.

     200_corteo_cirque_du_solail„Corteo“ heißt die neue Show des Cirque du Solail, welche gerade in Düsseldorf Premiere feierte. „Corteo“ ist der italienische Begriff für eine fröhliche Prozession bzw. eine festliche Parade, die sich der Clown imaginär einbildet. Die Show verbindet die Leidenschaft des Schauspielers mit der Anmut und Kraft des Akrobaten und versetzt den Zuschauer in eine theatralische Welt voller Spaß, Komödie und Spontaneität - an einen mysteriösen Ort zwischen Himmel und Erde.

    Ein Clown stellt sich sein eigenes Begräbnis vor, welches in einer Karnevalsatmosphäre stattfindet. Mitfühlende Engel wachen still über das ganze Geschehen. Die Circusshow stellt das Große dem Kleinen gegenüber, das Lächerliche dem Tragischen und die Magie der Perfektion dem Charme der Unvollkommenheit. Sie unterstreicht damit die Stärke und zugleich aber auch die Zerbrechlichkeit des Clowns, sowie seine Weisheit und seine Liebenswürdigkeit, um den Teil der Menschlichkeit darzustellen, der in uns allen lebt. Die Musik ist abwechselnd mal lyrisch und mal spielerisch und trägt den Protagonisten Corteo durch ein zeitloses Fest, bei dem die Illusion die Realität neckt. Der Zuschauer wird in eine bunte Welt des schönen Scheins geführt mit wundervollen Bühnenbildern, herrlichen Kostümen und anregender Musik. Zum Schluß radelt der Clown der allen in uns wohnt in den Himmel. Mit dieser Show schafft der Cirque du Solail abermals ein Fest für die Sinne.

    Redaktion: Hartmut Höltgen-Calvero


    2012-10-30 | Nr. 77 | Weitere Artikel von: Hartmut Höltgen-Calvero





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