„GUTES WEDDING, SCHLECHTES WEDDING“ (GWSW)
Irgendwo zwischen modernem Ohnsorgtheater und Monty Python, denkt man sich am Ende des Abends, nachdem man im Prime Theater Wedding „Der Sommernachtstrip“ gesehen hat. Eine Ohnsorgtheater- crew auf Drogen. Das Hausbier des Prime Time Theaters ist Eschenbräu, „unfiltrierter Genuss für Berlin“. Herb und erfrischend. Passt.Der Saal ist zwar wegen anhaltender Sommerhitze nicht ganz gefüllt, aber es sind genug Leute da, um die Stimmung im Laufe des Abends Bombe werden zu lassen. Ein bunt gemischtes Publikum, Studenten, Rentner, Schüler, Weddinger und „Zugereiste“ aus anderen Bezirken haben sich hier eingefunden und müssen nicht schwitzen, der Saal ist gekühlt und gut ausgestattet, für ein Kiez-Theater erstaunlich.
Am 3. Dezember 2003 öffnete das Team seine Weddinger Türen und hat sich seitdem zu einer festen Größe in der Berliner Theaterlandschaft entwickelt. Trotz wirtschaftlichen Drucks konnten sie wachsen: Von einem Mini-Theater mit 35 Klappstühlen zu einer modernen Spielstätte mit 230 Plätzen. Im Sommer 2015 feierten sie die 100. Folge ihrer erfolgreichen Theatersitcom GUTES WEDDING, SCHLECHTES WEDDING.
Theatermitbegründerin Constanze Behrends wurde im Mai 2015 für ihre „Verdienste um ein neu belebtes Volkstheater“ mit dem „Jürgen Bansemer & Ute Nyssen Dramatikerpreis“ ausgezeichnet.
Die Theatersitcom GUTES WEDDING, SCHLECHTES WEDDING, bei der in Serienmanier eine Folge an die andere anschließt, hat sich zum Dauerbrenner entwickelt, mit einem Stamm- publikumsanteil von 60 Prozent. Die Sitcom spielt das Theater fünf Tage pro Woche, alle fünf Wochen zeigen sie eine neue Premiere.
In „Der Sommernachtstrip“ werden wir per Video auf den neuesten Stand gebracht „Was bisher geschah“. Dann geht es direkt in Ahmads Dönerbude, in der u.a. Liebeskummer-Döner verkauft wird. Das Geschäft lahmt, denn Ahmad hat leider einen „hässlichen Bruder“, Erkan, der genau gegenüber Fischdöner nach einem Geheimrezept verkauft und damit viel erfolgreicher ist. Die Schlange geht bis nach Frohnau – und das ist weit, weit weg vom Wedding.
Erzählen, was dann passiert…. ist fast unmöglich. Es geht um Lore Lei und ihren Mann Volker, einen Architekten, der im Gefängnis sitzt wegen Missplanung eines Gebäudes. Anwältin Clara Fall soll ihn rausholen und dann auch gleich noch die Scheidung von Lore Lei vollstrecken. Die Hausscheidung wird allerdings vom schwäbelnden Volker unterbrochen, der alle mit seinem Redefluss und seiner „Liebe ist alles“-Manier fertig macht. Dann gibt es noch die Berliner Jugendlichen Ezra, Ahmads Tochter, und Taifun. Mit Ezras Hilfe lockt Ahmad seinen Bruder Erkan nach Valudschistan, ein fiktives, ungastliches Land mit straff organisiertem Regime im Ostblock, um in dieser Zeit das Rezept auszukundschaften. Die sechs Schauspieler des Weddinger Teams besetzen am Abend mehrere Rollen, zeigen eine enorme Wandlungsfähigkeit, auch in ihrer Sprache.
Zwischendurch strahlt „TV Wedding“ eine Sendung über Shamanismus aus, in der es um Shaliponga geht, eine rauschbringende Wurzel aus dem Amazonas. Gängige TV-Formate, wie Sitcoms, Soaps und Krimis werden hier mit Sprachwitz auf die Bühne gebracht, Stand-up und Commedia dell’arte und Multimedia verbinden sich gekonnt.
Auch Lore Lei und ihr Mann reisen nach Valudschistan und sogar Volker muss mit. Wenn der dann angesichts der absolut unverträglichen gluten-und fleischlastigen Ernährung Magenschmerzen bekommt und Lore ihn mit Urinwickeln zu heilen versucht, wird das immer aberwitziger und das Publikum immer aufgedrehter.. Am Ende wird fast alles gut, Volker macht noch ein bisschen Werbung für die „Drei Engel für Wedding“ und die nächste GWSW-Folge 106 „Der Wedding-Express“. Hier liegt eindeutig Suchtpotenzial!
Redaktion: Katrin Schielke
2016-10-03 | Nr. 92 | Weitere Artikel von: Katrin Schielke