Thilo Seibel
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2014 war ein Jahr der Krisen
Dass Wladimir Putin ein Schuft ist, ist zwar erwiesen,
aber ansonsten ist in der Ukraine noch längst nicht alles bewiesen.
Doch noch viel mehr wird uns der Islamische Staat die Stimmung vermiesen -
Lauter junge Leute, die gestern noch Michael oder Dennis hießen
Plötzlich köpfeabhackend Mohammed priesen.
Und das waren erst zwei von noch viel mehr Krisen:
wenn du als Schwarzer Mann im falschen Moment anfingst zu niesen,
hieß das: „Ebola!“ - erstaunlich, dass diesen Viren, den fiesen,
die Ausreise gelang und sie Westafrika verließen,
nur um uns die Stimmung zu vermiesen!
Noch mehr Krisen:
die Klimaberichte – sehr geeignet, die Laune komplett zu verdrießen,
während unsere Stromkonzerne den Genehmigungsbehörden für Kohlekraftwerke ganz offenbar einen bliesen.
Und jetzt hab ich keinen Bock mehr, alles zu reimen auf „iesen“!
Geht auch anders: Frieden schaffen
Macht man jetzt mit noch mehr Waffen
„Willst du im feindlichen Körper ein Loch?
Nimm dazu Knarren von Heckler und Koch!“
Die Bundeswehr – statt weltweit Schufte mit modernen Drohnen zu töten
Müssen die Soldaten zu Hause verrostete Panzerketten löten
Nein, dieses Jahr war keinen Moment lang öde
Für noch mehr Unterhaltung verhielten sich unsere Geheimdienste extra blöde
Und während die ganze Welt gebannt auf schwere Krisen schaut
Gab´s bei uns das Jahrhundertwerk: Die Pkw-Maut
„Mit mir wird es definitiv keine Maut geben“ -
außer Angela Merkel kann so was nur Franz Beckenbauer überleben
Bei uns in Deutschland heißt Krise: Die Bahn wird bestreikt!
In der ganzen Einheitsempörung hat keine Sau mehr Claus Weselsky geliked
Man gedachte des Weltkriegs vor 100 Jahren -
für Ursula von der Leyen kein Grund, an hetzenden Worten zu sparen
Dann noch 25 Jahre Fall der Mauer –
So ein schönes Ereignis, und keine Rede mit richtig Power.
Was war noch – immer billiger wurden Benzin und Milch,
endlich sind wir Markus Lanz los, diesen erbärmlichen Knilch
„Unsere Jungs“ haben gegen Polen gepatzt,
Sigmar Gabriel ist leider immer noch nicht geplatzt,
und: wichtige Bankmanager wurden für ihre Verbrechen freigesprochen -
das hat sogar noch übler als so manche Rede von Joachim Gauck gerochen.
Steigen wir ins Jahr ein mit dem maßgeblichsten – die Kriege und Krisen des Jahres.
Zunächst der Ukraine-Konflikt: ein Konflikt, in dem es eine klassische Rollenverteilung gibt: Der Böse und die Guten. Der Böse ist Wladimir Putin, die Guten sind wir, der Westen. Wir sind immer die Guten.
Aber da ist auch schon Schluß mit den Gewißheiten. Es bleiben Fragen: Wieso hat der Westen der Ukraine während der Maidan-Revolution die EU-Mitgliedschaft angeboten? Wieso wurden dann auch noch Nato-Manöver in der Ostsee abgehalten? Sind russische Kampfflugzeuge absichtlich in Nato-Luftraum eingedrungen, oder sind die russischen Flugzeuge in einem ähnlichen Zustand wie die Hubschrauber der Bundeswehr, und sie können bestenfalls noch entscheiden, DASS sie fliegen, aber nicht mehr, wohin? Womit wurde das malaysische Passagierflugzeug über der Ostukraine abgeschossen – mit Silvesterraketen? Sind wirklich russische Soldaten in der Ostukraine einmarschiert, oder ist es doch ein Ferienlager für russische Soldaten, und die kämpfen nur um die Handtücher auf den Liegen?
Der gute Westen regiert mit Sanktionen. Die USA wollen schärfere Sanktionen, obwohl Russland bereits kurz vor dem Kollaps steht, aber die USA sind ja auch weit weg vom Geschehen: In Umfragen haben 80% der Amerikaner die Ukraine zielsicher als Nachbarn von Venezuela verortet. Also in Afrika. Na, Hauptsache Italien.
Aber Europa ist nahe am Krisenherd. Da taucht sofort die bange Frage auf: Was wird aus uns, wenn der Russe aus Rache den Gashahn zudreht? Man will ja schon den bösen Russen bestrafen, aber noch lieber will man weiter warm duschen.
Dass Wladimir Putin ein Schuft ist, ist nicht erörterungsbedürftig. Aber von unserer Seite kam dann noch der Bundesgauck dazu.
Wir hatten ja viele Jahres-Gedenktage zu begehen: 100 Jahre erster Weltkrieg, 25 Jahre Mauerfall – der Bundesgauck hat überall seinen Senf dazu gegeben. Das ist sein Job. Aber 75 Jahre deutscher Einmarsch in Polen – da hätte er lieber zu Hause bleiben sollen: An genau diesem Tag vergleicht der Bundesgauck Wladimir Putin mit Hitler. Vermutlich hat man beim Bundesgauck schon vor längerer Zeit nicht nur das Gas, sondern auch die Sauerstoffzufuhr in sein Gehirn abgedreht.
Dann haben wir noch diese Steinzeit-Taliban vom Islamischen Staat, die vorher ISIS hießen. Die sind ohne Zweifel böse und dazu komplett wahnsinnig. Wir sind wie immer die Guten. Deswegen gibt es in Syrien und Nordirak jetzt Krieg gut gegen böse. In diesem Krieg macht jeder, was er am besten kann – die Amerikaner bombardieren, die Türken gucken von der Grenze aus mit Ferngläsern zu, und die Deutschen liefern Waffen. Sicherheitshalber an alle Kriegsteilnehmer.
Wem soll man jetzt vorrangig Waffen schicken – den Kurden! Die Kurden haben schon vorher gegen die Steinzeit-Taliban gekämpft, der Feind meines Feindes ist mein Freund, also her mit Waffen für die Kurden. Aber es gibt doch gute Kurden und böse Kurden: Die bösen Kurden sind die von der PKK, die Guten die Peschmerga. Jetzt liefert man den einen Waffen, den anderen nicht; die wohnen aber im selben Staat, das sind Nachbarn! Wahrscheinlich haben die unterschiedlichen Kurden zwischen ihren Grundstücken blickdichte Buchsbaum-Hecken, und so kriegen die bösen Kurden gar nicht mit, dass die guten Kurden vom Westen Waffen bekommen. Ansonsten schreibt man auf die Waffen mit Eddingstift drauf „bitte nur gegen den IS benutzen“. Manche Leute ritzen auch auf die Rückseite ihrer Kreditkarte ihre PIN-Nummer, damit sie ihn nicht vergessen... Also, Waffen für die guten Kurden. Kurz davor hat Deutschland Waffen an die islamistischen Regime in Saudi-Arabien und Katar geliefert, die genau die Steinzeit-Taliban unterstützen, gegen die man jetzt die guten kurdischen Peschmerga bewaffnet. Wer war jetzt nochmal mein Freund…?
Dann haben die Steinzeit-Taliban mittlerweile fünf westliche Geiseln vor laufender Kamera geköpft und die Bilder ins Internet gestellt. Böse und barbarisch. Und dann hat im Kampf gegen die immer mächtigeren Steinzeit-Taliban wer freundlich seine Hilfe angeboten? Assad, Syrien, Beruf Diktator. Der hat wiederum kurz davor wen mit Giftgas ermordet? Unter anderem ein paar tausend Kurden. Da muss man ganz diplomatisch abwägen: Was ist böser – köpfen oder vergasen? Und Köpfen – so was würde ein Deutscher nie machen!
Was hat in all diesen Krisen und Konflikten die Bundesregierung so getrieben?
Einige hat man permanent ertragen müssen – Ursula von der Leyen, das blondgeföhnte Verteidigungs-Grauen. Und Frank Walter Steinmeier, den omnipotenten obersten Waffenhändler. Steinmeier, ein Mann, bei dem man nie weiß: Ist das unser Außenminister? Oder doch eine von den Eulen, die immer bei Harry Potter die Post bringen?
Von der Chefin dagegen war im Grunde genommen seit der Neujahrsansprache nichts Konstruktives mehr zu hören. Da hat sie ja noch gesagt, sie ginge ab jetzt „öfter an die frische Luft“. Das ging nicht gut – sie hat sich dann beim Skifahren auf die Backe gelegt und sich einen Anbruch des Beckenrings zugezogen – heißt, sie hat jetzt einen Sprung in der Schüssel.
Dann hatte sie noch was mit Uli Hoeneß – „Dafür, dass Uli Hoeneß seine Haftstrafe angetreten hat, zolle ich ihm großen Respekt.“ Sagt die das auch über einen Bankräuber? Sie hätte genauso gut sagen können: „Dafür, dass dieser Ziegelstein die Schwerkraft akzeptiert, zolle ich ihm Respekt…
Und dann kam eigentlich nix mehr.
Können Sie sich an irgendein Detail der Regierungsarbeit erinnern?
Da war irgendwas mit Rente, ein bißchen Frauenquote – und natürlich: Die Maut. Die ist nicht mal satirefähig. Zuletzt konnte man lesen, die Maut werde jetzt „eingeführt, aber nicht erhoben“. Das klingt wie ein verunglückter Geschlechtsverkehr, ansonsten aber weder nach Verkehr noch nach Konzept.
Erstaunlich: Nach Umfragen finden 70%. der Bevölkerung Angela Merkel super. Noch erstaunlicher ist eine andere Zahl! Fast genauso viele, etwa 63% der Bevölkerung, finden die Arbeit der Bundesregierung scheiße. Auch wenn das nicht komplett dieselben sind – es gibt eine Schnittmenge von mindestens einem Drittel der Menschen, die gleichzeitig Angela Merkel super und die Arbeit der Bundesregierung scheiße finden. Das müssen Sie als Chefin der Bundesregierung erstmal hinkriegen: dass Sie mit den Produkten Ihres eigenen Ladens überhaupt nicht in Verbindung gebracht werden.
Dass die Menschen in Deutschland Angela Merkel und die Arbeit der Bundesregierung so sauber voneinander trennen können – das ist das Ergebnis jahrelanger Mülltrennung.
Apropos Müll - die CSU nimmt in meinem Jahresrückblick wegen ausgeprägt satiretauglicher Aktivitäten eine eigene Rubrik ein. Was gab es dieses Jahr?
Zunächst die Ausländerhasser-Kampagne „Wer betrügt, der fliegt“ – und man dachte sich „Ok – wenn das auch für CSU-Amigos gilt, bin ich dabei“.
Dann der Modellauto-Skandal von Ministerin Christine Haderthauer – ein sehr typischer CSU-Skandal: Man hat die Welt im Maßstab 1:8 abgebildet und trotzdem nicht überblickt.
Ferner gab es Neuigkeiten vom vor einem Jahr eingeführten Betreuungsgeld: Eine groß angelegte Studie an 100 000 Eltern hatte zum Ergebnis, dass das Betreuungsgeld Migrantenfamilien und bildungsferne Eltern davon abhält, ihr Kind in eine Kindertagesstätte zu schicken. Deren Kinder sind damit von frühkindlicher Förderung ausgeschlossen, womit das Betreuungsgeld die soziale Schichtung betoniert. Applaus, Seehofer, du Vollhorst! Aber das kümmerliche Betreuungsgeld von 100 Euro pro Monat kommt den Staat ja auch billiger als ein Platz in einer Kita. Nochmal Applaus, Seehofer – wenn es eine schwarze Null gibt, muss es ja auch eine Obernull geben.
Dafür hat das bayrische Wirtschaftsministerium unter Führung von Ilse, dem oberbayrischen Gruseldirndl, gezeigt, was es sich unter richtiger Förderung vorstellt: Und zwar ein Internet-Portal für Hardcore-Pornofilme, das offiziell vom bayrischen Staat gefördert wurde. Staatsgeld für Hardcore-Pornos - daher also der Ausdruck „Staatssäckel“.
Schauen wir lieber nach Europa. Da hatten wir die Wahl. Der Tenor zur Wahl lautete, es kam „weniger schlimm, als befürchtet“. Es ist nicht bekannt, was diejenigen befürchtet haben, die die Wahl danach als „weniger schlimm als befürchtet“ bezeichnet haben - ich fand das Wahlergebnis befürchtungsunabhängig schlimm: Riesenerfolge für Rechtsextreme, die man nicht nur wegen ihrem Bedürfnis nach wieder verschlossenen Grenzen als grenzdebil bezeichnen darf – in Dänemark, Finnland, Schweden, Niederlanden. Nicht zu vergessen Österreich mit 20% für den Loden-Nazi HC Strache, 25% für den Front National in Frankreich, und in Italien hat man als zweitstärkste Partei einen Clown gewählt, dessen politischer Kurs noch weniger identifizierbar ist als der von Horst Seehofer.
Und wir haben jetzt AfD. Partei-Alleindarsteller Bernd Lucke, das eloquente Nagetier, hat mit seinen knapp 7% der AfD den Status einer Volkspartei zuerkannt. Im Wahlkampf hat er mit weinerlicher Klassenstreber-Stimme gegreint, dass man die AfD immer als irgendwie rechts bezeichne. Vielleicht liegt es ja am Programm? Oder am Personal? Nicht nur die vielen ehemaligen NPD-Kader und heutigen AfD-Leute in Sachsen, ich zitiere AfD-Bundesvorstand Konrad Adam: „Erst spät in der Entwicklung der Demokratie wurde Besitz als rechtliche Voraussetzung für das Wahlrecht abgeschafft. Ob das aber eine gute Idee war, darf mit einigem Recht bezweifelt werden“. Eine so abgestandene Feudalismus-Phantasie hat noch nicht mal Rainer Brüderle nach drei Kisten Müller-Thurgau verzapft.
Vor allem bisherige Nichtwähler haben bei den letzten Wahlen AfD gewählt. Deshalb an dieser Stelle ein Appell: Liebe Nichtwähler, besinnt euch auf eure Kernkompetenz - und bleibt bei der nächsten Wahl da, wo ihr hingehört: Zu Hause. Danke.
Der Trend ist ohnehin schon da: Wahlen ohne Wähler. Zur Vermeidung einer Wahl mit mehr als 50% Wahlbeteiligung ließ der sächsische Ministerpräsident Tillich die Landtagswahl im Herbst genau dann stattfinden, als die Menschen noch im Urlaub, also gar nicht da waren.
Der AfD-Vorstand hat sich jetzt wenigstens auch öffentlich zu den Pegida-Marschierern bekannt. Pegida-Marschierer kämpfen gegen die Islamisierung eines Bundeslandes wie Sachsen, mit einem Ausländeranteil von 2%. Das macht auf 50 Sachsen einen Menschen muslimischen Glaubens. Das einzige, was einem da Sorgen bereiten kann, ist dass der arme Muslim, um nicht aufzufallen, präventiv im sächsischen Dialekt betet.
Pegida-Marschierer sind die, die nach denen treten, die noch weniger haben als sie selbst. Die Medien schreiben eifrig mit über „Flüchtlingsströme“ – die deutschen Medien sind schließlich fast ausschließlich in der Hand reicher Familiendynastien. Da kommt es ihnen sehr entgegen, wenn Pegida-Idioten gegen Ausländer hetzen statt gegen jene, die von der grotesken Vermögensverteilung in diesem Land profitieren.
„Pegida“ ist übrigens die Abkürzung für „plärrende Ewiggestrige gehören in den Abort“.
Man war ja überhaupt völlig überrascht dieses Jahr, dass Flüchtlinge zu uns kommen. In Syrien ist erst seit fünf Jahren Bürgerkrieg, und schon sind sie da!
Es wurden verschiedene Instrumente zur Abschreckung von Flüchtlingen eingeführt:
Flüchtlinge wurden in Deutschland von rechtsradikalem Wachpersonal „bewacht“. Da schaffst du es durch tausende Kilometer Wüste, Durst, Qualen, Gewalt, ertrinkst nicht im Mittelmeer, nach endlosen Monaten kommst du an, du hast richtig was geschafft – und dann musst du dir im gelobten Deutschland von irgendeinem tumben Vollidioten, der in seinem Leben nicht mehr auf die Kette gekriegt hat, als im Supermarkt das Regal mit dem Bier und den Energy-Drinks zu identifizieren, den Stiefel ins Gesicht drücken lassen. In einer staatlichen Anstalt. Betrieben von einer rotgrünen Landesregierung unter einer Hannelore Kraftlos, die unheimlich menschlich rüberkommt. Deren Behörden haben Leute angestellt, die sich deutlich sichtbar „Hass“ und „SS“ auf den Arm tätowiert haben. Als Personal im Flüchtlingsheim. Wieso nicht gleich Salafisten als Verfassungsrichter? Eine Mitarbeiterin einer Behörde hat ausgesagt, manche der Wachpersonal- Bewerber hätten halt grad kein Führungszeugnis dabei gehabt.
Dann hat man auch noch die Unterbringung von Flüchtlingen in Gewerbegebieten vorgeschlagen. Vermutlich, damit sie noch weniger am sozialen Leben teilnehmen können. Oder präventive Maßnahme: Damit man bei Misshandlung durch rechtsradikales Personal ihre Hilferufe nicht hört. Oder zur Abschreckung: Wenn man sich länger in einem deutschen Gewerbegebiet aufhält, denkt man doch selbst als Inländer, ob es nicht besser wäre, nach Burkina Faso zu türmen.
2014 war auch das Jahr von Ebola.
Zuerst ein paar, dann ein paar hundert und dann mehrere tausend Menschen. In Westafrika.
Da hieß es joah… Seuchenkontinent halt... Ein paar kranke Neger, wat soll´s.
Dann haben sich im Sommer zwei Europäer und zwei Amerikaner infiziert.
Sofort: Panik! Das ist ja eine Bedrohung! Wie konnte das Virus ohne gültige Papiere in Europa einreisen und hat sich dabei nicht an die Drittstaatenregelung gehalten? Spontan hat die WHO 200 Millionen Dollar zur Bekämpfung lockergemacht.
Was lernen wir daraus? Als Schwarzer bitte ganz schnell Weiße infizieren. Dann wird dir geholfen.
Nochmal zurück zur Europa-Wahl - es gab ja ein Ergebnis. Leichte Mehrheit für Konservativ, schwarzrote Koalition, und damit wird erster direkt gewählter Präsident der EU-Kommission Jean-Claude Juncker. Dieser Frischling, der immer so wirkt, als habe er die letzte Woche in der Hosentasche eines Tabaklobbyisten verbracht. Was daran liegt, dass er das auch getan hat. Bis zuletzt gab es Geschiebe und Gemaggel um den neuen Kommissionspräsidenten - der englische Premierminister David Cameron drohte gar mit dem Austritt der Briten aus der EU. Damit droht der. Die Engländer, das Land mit dem unverdaulichsten Essen und den neoliberalsten Vollidioten in der Regierung - sie haben bis heute nicht verstanden, dass in weiten Teilen des Kontinents ein Austritt Englands nicht wirklich als Drohung verstanden wird, sondern eher als Verheißung.
Und nun also: Neuanfang in der EU-Kommission! Junckers Truppe ist wahrlich ein Reigen des Aufbruchs und der Morgenröte: Kommissar für Klima, Energie und Sexismus wird Miguel Arias Canete, ein Mann mit ausgeprägten finanziellen Verbindungen zur Ölindustrie; nicht minder reizvoll schien die Idee zu sein, in Jonathan Hill einen langjährigen Bankenlobbyisten zum Kommissar für die Finanzmärkte zu machen. Eher putzig ist dagegen die Berufung der Slowenin Violeta Bulc als Verkehrskommissarin, die zwar von Verkehr keine Ahnung hat, aber immerhin zwei Tage Zeit bekam, sich einen kleinen Überblick über das gesamte europäische Verkehrssystem draufzuschaffen. Damit sie den harten kritischen Prüfungsfragen des EU-Parlaments mit der obszönen schwarz-roten Mehrheit standhalten konnte - Prüfungskriterien für Kommissare: „Wer nicht bucklig ist oder drei Augen hat, kommt durch“. Es war ja auch nicht viel Zeit, die neue Kommission sollte jetzt GANZ SCHNELL unbedingt am 1. November in Amt und Würden – warum eigentlich? Heute weiß man: Weil Anfang November die Luxemburg-Leaks bekannt wurden. Wir haben also einen neuen Chef von Europa, der über 20 Jahre lang als luxemburgischer Ministerpräsident nichts anders zu tun hatte, als seine europäischen Kollegen um ihre Steuereinnahmen zu betrügen. Und da heißt es nun: Gerade der kann jetzt einen Neuanfang in der Steuerpolitik verkörpern. Dann stellt sich Juncker also vor 28 Mitgliedsstaaten und verkündet: „Wir brauchen einheitliche gerechte Steuern. Sie sehen ja, was dabei rauskommt, wenn in einem Land so ein verlogener Beutegeier regiert wie ich.“
Sie sehen, der Mann hat Humor. Den hat er mindestens bei der Auswahl eines Kommissionsmitglied bewiesen: Günther Oettinger. Der neue Comissioner for didschitäl infraschtracktschr. Wieso Oettinger für didschitäl? Er sagte als Begründung: „Ich bin jeden Tag mindestens einmal online. Das Internet kann eine enorme Erleichterung sein. Manchmal schreibe ich mir über mein Iphone (!) selbst (!!) Termine in den Kalender (!!!).“ Das ist so, als würde man einen Mann aufgrund folgender Referenzen zum Finanzminister machen: „Ich habe jeden Tag mindestens einmal meine Geldbörse in der Hand. Geld kann eine enorme Erleichterung sein. Manchmal bezahle ich selbst beim Einkaufen Gegenstände mit Geld.“
Wäre ich krimineller Hacker oder NSA-Agent, würde ich jetzt eine angemessene Feierlichkeit mit großen Mengen edlen Schaumweins französischer Herkunft anberaumen: Das europäische Internet wird organisiert und geschützt durch einen schwäbischen Harlekin. Warum gerade Oettinger als Kommissar fürs Digitale – in einer Welt, in der alles aus Nullen und Einsen besteht, muss eben auch einer glaubhaft die Null verkörpern.
Wir kommen zum Fußball. Zunächst VOR der WM – seit dem Frühjahr wissen wir: Es gibt einen homosexuellen deutschen Profifußballer: Thomas Hitzlsperger. Also genau einen. Und der ist nicht mehr aktiv. Eigentlich gibt es also nur einen homosexuellen deutschen Ex-Profifußballer. Und viele Fans hoffen, dass Hitzlsperger erst unmittelbar nach Ende seine aktiven Zeit… dass ES dann erst über ihn gekommen ist und er also noch unschwul gekickt hat. Also gibt es im Grunde genommen gar keinen homosexuellen deutschen Profifußballer.
Es gibt nur: Einen extrem mutigen Ex-Profikicker.
Weit weniger überraschend: Es gibt einen Haufen strunzdämlicher ehemaliger deutscher Profifußballer. Z.B. Jens Lehmann, Ex-Nationaltorhüter und Hitzlspergers Ex-Nationalteam-kollege. Und dieser Jens Lehmann hat sich in der Fernseh-Talkrunde „Sky90“ Gedanken über seine Zeit mit Hiltzlsperger gemacht. Jedenfalls soweit Menschen wie Jens Lehmann überhaupt in der Lage sind, sich über etwas Gedanken zu machen. Er sagte: „Im Nachhinein ist es schon komisch, DAS über Thomas zu wissen. Weil, man hat ja auch bedenkenlos zusammen geduscht.“ Bedenkenlos, geduscht, zusammen! Damit treffen wir eines der tumbsten Schwulenklischees überhaupt: Die können ja ihre Griffel nicht bei sich behalten und fallen unter der Dusche notgeil über jeden dahergelaufenen Lehmann her. Und dann hat Jens Lehmann noch einen draufgelegt: „Auch an der Spielweise von Thomas hat man DAS überhaupt nicht gemerkt.“ Schwule Spielweise?! „Oh, da kommt das Bällchen gerollt - puff! Oh, ich hab die Latte getroffen, wie lustig, die LATTE…!“ Jens Lehmann - ein grenzdebiler ehemaliger Torwart - nirgendwo paßt besser der Begriff „Vollpfosten“.
Was war noch - vor der WM gab es neues von der Fifa: Die Katar-Entscheidung sollte „nachgearbeitet“ werden. D.h. will man jetzt intern mal rumfragen, wer denn da vor der Vergabe einer WM und dem Verbauen von Milliarden Euro vergessen hat, auf die Landkarte zu gucken. Und dann schon nach drei Jahren gemerkt hat, dass es in Katar im Sommer heiß ist.
Nur an einem ist bisher komplett abgeprallt, dass die Fifa eine kriminelle Vereinigung ist: Franz Beckenbauer, der Kosmopolit aus München-Giesing. Aber du kannst nicht im Dreck arbeiten, ohne dir die Finger schmutzig zu machen. Und deshalb tauchte dieses Jahr die Frage nach Beckenbauers Rolle bei der Vergabe der WM nach Russland auf, und ob das Zufall war, dass er nach der Vergabe der WM nach Russland einen lukrativen Vertrag im russischen Gasgeschäft bekommen hat. Dazu schickte ihm die Fifa einen Fragebogen: Den habe er aber nicht verstanden, weil: Der Fragenbogen „auf englisch“ gewesen sei. Und deswegen hat er – jagutäh den Fragebogen halt einfach nicht ausgefüllt, weil er ihn ja nicht verstanden hat, und damit war der Fall für ihn jagutäh-erledigt.
Der Beckenbauer, diese einzigartige Kombination aus Weltenbürger und Dumpfbacke, die Lichtgestalt, bei der sich im entscheidenden Moment die Birne verdunkelt. Ein Mann, der jahrelang mehrfach um die Welt geflogen ist, um mit arabischen, südamerikanischen und russischen Großkriminellen Weltmeisterschafts-Vergaben auszuhandeln, kann kein Englisch. Wahrscheinlich sprechen die arabischen, südamerikanischen und russischen Großkriminellen alle Giesinger jagutäh-Dialekt.
Es gab also Fifa-interne Ermittlungen. Und was kam dann heraus? Zwischenstand November 2014: Der Spruchkammerchef der Fifa-Ethikkommission sieht keinen anfangsverdacht für Korruption und hat das Verfahren für beendet erklärt. Der Report des Chef-Ermittlers Michael Garcia wurde so geheim gehalten wie sonst nur ein Freihandelsabkommen. Was bekannt wurde ist aber extrem unterhaltsam - die Fifa hat begründet, warum es im Fall der Russland-Vergabe keine Beweise für Korruption gebe: Die Computer für das russische Bewerbungsteam habe man nicht gekauft, sondern nur geliehen; und zwar von irgendeinem Menschen, den man leider leider gar nicht weiter gekannt habe; nach erfolgter russischer WM-Bewerbung habe man diesem Menschen die Computer zurückgegeben, und der habe dann die Computer nicht mehr gebraucht und deshalb leider leider „zerstört“.
Ja.
Das würde doch jeder von uns so machen – du leihst der Fifa Computer, und was macht man damit, wenn sie die zurückgibt? Kaputt, was sonst? Wenn ein Drehbuch-Autor so was in eine völlig gebührenhirnverbrannte Folge der ZDF-Serie wie „Der Bergdoktor“ reinschreiben würde, würde man ihm dieses Drehbuch um die an seinem Arsch angebrachten Ohren hauen.
Aber jetzt genießen wir lieber das „neue Vier-Gefühl“. Wält-mais-ta-ha!
Ab Mai nahm die Spannung zu, und es gab alles in WM-Form: WM-Zeitschriften, WM-Sammelbilder, WM-Limonade, bei Rewe gab es „Ramba-Zamba-do-Brasil“-WM-Wochen. Und da gab es sogar WM-Kartoffeln. „Ramba-Zamba-do-Brasil“ – WM-Kartoffeln im deutschlandfarbenen Sack. In jedem Sack mindestens eine Kartoffel, die das Gesicht von Thomas Müller hat.
Bis kurz vor Beginn sah es nicht so richtig gut aus für „uns“: Das Trainingslager im Dauerregen fast abgesoffen, es gab einen idiotischen Unfall bei einer Fahrt von Spielern mit Sponsoren und alle dachten „wieso fahren die mit Sponsoren herum, haben die nix zu tun?“; die Unterkunft in Brasilien wurde nicht fertig, Marco Reus hatte sich verletzt – da war es geradezu ein Lichtblick, dass wenigstens Kevin Großkreutz fröhlich in eine Hotellobby gepinkelt hat.
Und dann ging es wieder richtig los. „Schlaaaand!“- der fröhliche public-viewing-Patriotismus. Erwachsene haben sich Kinderschminke ins Gesicht geschmiert und sich in Kneipen mit Leuten verbrüdert, die sie bis unmittelbar vor dem Anpfiff mit dem Arsch nicht angucken würden.
Spätestens im Achtelfinale wurde klar: Wir sind einzigartig. Wir sind das einzige Land auf der Welt, in dem ein abgekämpfter Spieler nach einem gewonnenen WM-Achtelfinale gefragt wird, woran es gelegen habe, dass man nur gewonnen habe. Man erwartet in Deutschland nicht nur Sieg, man erwartet einen Sieg mit Vernichtung des Gegners durch deutsche Tugenden und schönem Fußball. Per Mertesacker wurde zum Internet-Star, weil er einem der schmeißfliegenartig herumschwirrenden Reportern mal was Inhaltliches an den Kopf geschmissen hat – berühmt mit „Wat wollense?“
Überhaupt, die Reporter. Der stumpfe Bela Rethy, der einschläfernde Steffen Simon und der vor sich hinnuschelnde Tom Bartels, ganz abgesehen von den beiden Flachstrullern auf dem Badeschiff in Berlin – man wünschte sich eine Rückkehr der Stummfilm-Ära. Vor allem: Es gab nicht EIN Wort über die Verhältnisse in Brasilien, keine Info über das Land, die Menschen, nichts! Man hätte genauso gut den tumben Matthias Opdenhövel in einem TV-Studio in Köln-Bocklemünd vor eine Foto-Tapete der Copacabana schwafeln lassen können. Bei abgestelltem Ton.
Und dann das Finale! Das Zitat des Abends lieferte aber der Spieler Christoph Kramer. Er bekam eins vor die Birne und fragte dann im laufenden Spiel den Schiedsrichter: „Entschuldigung, ist das hier das Finale?“ Unsere Jungs, höflich bis zum Schluß.
Dann die Siegesfeier in Berlin. Und dazu die Frage: Wann ist es eigentlich normal geworden, dass ein ganzer Haufen spätpubertierender Jungs „Atemlos durch die Nacht“ von Helene Fischer auswendig mitsingen kann!? Wieso hören junge Menschen SCHLAGER!?!
Und: Was sagt Fußball-„Wältmais-ta-ha“ über uns aus, über uns als Land – uns Exportwält-mais-ta-ha, Waffenexport-Drittplazierte, uns stärkste Wirtschaftsmacht Europas, die Flüchtlinge ohne Decken im Freien übernachten und von rechtsradikalem Wachpersonal entwürdigen läßt? Was sagt das über uns Billiglohnzahler und Kinderarmuts-Akzeptierer, dass wir uns durch den knappen Erfolg von 23 zwar sehr sympathischen, aber auch völlig überbezahlten jungen Männern wieder als „WER“ fühlen!?
Vorschlag: Wenn uns ein 1:1 gegen Irland und ein 0:2 gegen Polen dazu bringen würde, uns auch ansonsten wieder menschlich zu benehmen, dann würde ich sagen: Deal.
Nach Fußball kommen wir logischerweise zur Wirtschaft.
Zunächst eine positive Nachricht aus der deutschen Wirtschaft: 3 Jahre Haft für Thomas Middelhoff! Das arrogante Zierfischchen, die fleischgewordene Rolex-Uhr - DAS ist doch mal ein Urteil!
Was gab es noch - in einer gleichgeschalteten Medienberichterstattung hat man sich darauf geeinigt, dass Claus Weselsky das Böse ist. Man hat es immer geahnt: Das Böse spricht sächsisch. „Dieser Mann legt mit seiner Sturheit alles lahm…!“ Aber wer hat sich das Angebot der Bahn an die GdL durchgelesen? Die GdL sollte ihren eigenen Maulkorb unterschreiben. Man kann „Sturheit“ auch als „Stehvermögen“ bezeichnen. Die Medien haben Weselsky das alte Streikrecht sturmreif geschossen. In Vorbereitung auf das neue Tarifeinheitsgesetz von Andrea Nahles, dieser obereifrigen Merkel-Schülerin aus der Voreifel, die lieber wieder ihrer Kernkompetenz als Pippi-Langstrumpf-Interpretin nachgehen sollte.
Noch mehr Wirtschaft - seit September 2014 zählen zum BIP auch die Erlöse von Dealern, Zigarettenschmugglern und: Zuhältern. Die „Leistungen“ von Zuhältern werden zum volkswirtschaftlichen Einkommen gerechnet - heißt: wenn ein unternehmerisch findiger Zuhälter mehr Erlös aus minderjährigen osteuropäischen Sexsklavinnen rausprügelt, nimmt die BIP-Kurve dieselbe Richtung wie das Geschlechtsteil seiner Kunden. Man spricht ja nicht umsonst von „Marktpenetration“.
Wir bleiben bei der Legalisierung von Kriminalität: TTIP. Ein Abkommen, das das Leben von über 800 Millionen Menschen betrifft, wird im Geheimen verhandelt. Warum?! Offiziell geht es in diesem Abkommen darum, ein paar Zölle, Autostoßstangen und Blinker zu vereinheitlichen. In Wahrheit: Die USA sind schlimmer verschuldet als Griechenland, Zypern und Italien zusammen und haben ein riesiges Außenhandelsdefizit. Die müssen irgendwie mehr von ihrem Scheiß verkaufen. Und da kommen die trotteligen Europäer gerade recht. Wenn Kommissare mit der geistigen Reputation eines Günther Oettinger GEHEIME Verhandlungen führen, kommen die sich vor wie ein Dreijähriger, der mit der Detektivausrüstung aus einem Yps-Heft Fingerabdrücke nimmt.
Geheim – damit sind wir bei den Geheimdiensten. Auch da gab es dieses Jahr Neues: CIA und NSA haben im Verteidigungsministerium geschnüffelt und einen deutschen BND-Trottel dafür bezahlt, langweilige Akten aus dem NSA-Untersuchungsausschuß zu liefern. Da war die Empörung auf dem Gipfel, die NSA hatte ein Image noch unter dem von Immobilienmaklern und Kakerlaken, selbst Konservativen mit einem Brett von Berlin bis zum Atlantik vor dem Kopf begann zu dämmern, dass die NSA nicht unbedingt eine karitative Einrichtung zum Schutz vor Terrorismus ist.
Und dann – kam der BND. Sie haben Hillary Clinton abgehört. Ohne zu wissen, wer das ist. Aus Zufall. Hätten sie es bewußt versucht, hätten sie´s niemals hinbekommen. Das wäre lustig gewesen – der BND, das bedeutet „Beamtete Nachrichten-Dilettanten“, ein Dienst so doof wie Ronald Pofalla nach zwei Tagen Sauerstoff-Entzug, haha… Wenn nicht die USA jetzt hätte sagen können „Was wollt ihr Germans? Ihr hört ja auch unsere Politiker ab!“ Und schon war die Debatte über die widerrechtliche Überwachung deutscher Bürger durch die NSA wieder zu Ende. Wenn ich die USA wäre – ich würde demjenigen in der Bundesregierung, der dafür gesorgt hat, dass genau zum passenden Zeitpunkt herauskommt, dass der taubenblöde BND Hillary Clinton abgehört hat, anerkennend auf die Schulter klopfen. Ich würde diesem Menschen, der dafür gesorgt hat, auch deswegen auf die Schulter klopfen, weil Hi-Five mit Frank-Walter Steinmeier einfach scheiße-uncool aussieht.
Generalbundesanwalt Harald Range kam in Bezug auf die Vernehmung von Edward Snowden zu einer völlig überraschenden Erkenntnis: „Wir haben Edward Snowden Gelegenheit gegeben, sein Wissen über etwaige (!) Aktivitäten der NSA in D mitzuteilen – wovon er allerdings keinen Gebrauch gemacht hat.“ Es gab dieses Jahr Rekordfunde von crystal meth und anderen Drogen – hat die alle der Range plattgemacht? Dieses Angebot an Snowden muss außerhalb von Zeit und Raum stattgefunden haben.
Range hat den Fall Snowden/NSA mit diesen Worten abgeschlossen: „Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass eine systematische Überwachung stattgefunden hat.“ Nee, das war Zufall - hoppla, schon wieder ein deutsches Internetkabel angezapft!
Und nochmal Range: „Diesbezügliche Anfragen von uns an die USA wurden leider nicht beantwortet.“ Ooooch…!
Das Telefongespräch des Jahres sollte nicht unerwähnt bleiben: Es fand statt zwischen Thomas Oppermann und dem damaligen BKA-Chef Ziercke, im Rahmen des Edathy-Skandals: Sebstian Edathy wurde wegen des Besitzes von kinderpornografischen Bildern verurteilt, bevor überhaupt etwas gefunden worden war. Weil das dummerweise in die Zeit der Regierungsbildung fiel und Edathy mindestens als Kandidat für einen Staatssekretärsposten galt, wollte man vorher wissen, was denn da ist. Dazu gab es dieses Telefonat, das Thomas Oppermann so beschrieben hat: Er habe den BKA-Chef angerufen und ihn nichts gefragt, weswegen der BKA-Chef auch nichts geantwortet habe.
Das muss ein spannendes Gespräch gewesen sein. Stundelang keine Frage – keine Antwort. Spätestens in diesem Moment muss der NSA klargeworden sein, dass das Abhören deutscher Politiker nichts bringt.
Die Folgen waren ähnlich skurril wie das Gespräch: Dann wussten alle aus der SPD und der Regierung, dass Edathy Pfui ist - weil ein SPD-Mann etwas verplaudert hat, was ihm ein BKA-Mann in einem wortlosen Telefonat nicht mitgeteilt hat, und daraufhin musste dann ein CSU-Minister gehen. Das war der mittlerweile zu Recht vergessene H.P. Friedrich, der erst im Innen- und dann im Agrarministerium als Topfpflanze gedient hat. Tragisch, Friedrich musste gehen, weil er EINMAL was gewußt hat.
Wieso das alles? Da haben gestandene Leute das riskiert, was ihnen am meisten im Leben bedeutet: ihre Jobs! Wozu?
Erinnern Sie sich an den NSU-Untersuchungsausschuß? Das für BKA und alle Polizeibehörden und Geheimdienste mit Abstand am lästigsten nachfragende Mitglied dieses Ausschusses war Sebastian Edathy. Man muss den nicht mögen. Aber dieses Durchstechen seiner Nacktkinder-Bilder war die Rache des BKA an Edathy.
Und hier noch die unterhaltsamsten Ergebnisse des NSU-Ausschusses in Thüringen: Eine umfassende Neonazi-Kontaktadressliste, die die Polizei 1998 in der Garage von Uwe Böhnhardt gefunden hatte, ist erst 2011 - 13 Jahre später - in einer „neu zusammengestellten Akte“ wieder aufgetaucht – allerdings ohne genutzt zu werden. Eine Mitarbeiterin des V-Schutzes bezeichnete das als „freiwillige Erkenntnis-Isolation“. Wer wen freiwillig von was isoliert hat, geht daraus nicht hervor, möglicherweise die Beamten ihre Gehirne vom Rest ihres Staatskörpers. Das wiederum ist kein Wunder, denn der Leiter des thüringischen V-Schutzes äußerste 1999 „Verständnis für rechte Jugendliche, denn im 3. Reich war nicht alles schlecht“.
Schließen möchte ich mit meinem persönlichen Begriff des Jahres: „Social freezing“ – Firmen wie Facebook haben dieses Jahr ihren Mitarbeiterinnen angeboten, ihre Eizellen einzufrieren, um sie dann zu befruchten, wenn es der Job am besten zuläßt. Das klingt alles nach mehr Freiheit. Ist aber eine reine Problemverlagerung auf die Frau. Das Angebot von vernünftigen Betreuungsplätzen – das wäre mehr Freiheit. Ein Kindergarten ist aber teurer als ein Kühlschrank für ein paar Eizellen. Und: So entscheidet die Firma mit, wann die erwerbstätige Frau nach ökonomischen Aspekten Kinder kriegen soll. Irgendwann übernimmt die Firma auch den Sex für die Frauen. Das heißt dann nicht „social freezing“, sondern „social fucking“. Das wiederum hieß früher „Betriebsweihnachtsfeier“.
Es fehlt sicher noch wahnsinnig viel, wie der neue Krieg im Gazastreifen, der Rücktritt von Klaus Wowereit, die technische Revolution, dass sich ein smartphone jetzt einem Arsch anpassen kann, und die Tatsache, dass Menschen sich auch ohne bei einem CIA-Verhör auf einem Brett zu liegen Eiswasser über den Kopf geschüttet haben – aber aus Platzgründen muss ich mich auf das beschränken, worauf ich m meisten Bock habe. Also genau so objektiv wie eine Nachrichtensendung im Fernsehen.
Möge 2015 friedlicher werden als 2014.
Thilo Seibel