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    Überraschung beim Stuttgarter Besen!


    Wie jedes Jahr im April ging es im Rahmen des Stuttgarter Kabarett-Festivals wieder um den Stuttgarter Besen. Er wird vom SWR 3 aufgezeichnet und wird im Stuttgarter Renitenztheater ausgetragen. Moderator war wie im letzten Jahr Florian Schroeder. Die Stadt stiftet ein Preisgeld von 8200 Euro, das unter den vier Preisträgern verteilt wird. Hier treten immer sehr unterschiedliche Interpreten auf, Satiriker und Comedians, manchmal auch Gruppen mit dem Schwerpunkt Musikkabarett. In diesem Jahr gewann das einzige Duo in der Konkurrenz den Publikumsbesen, die Gruppe Onkel Fisch. Sie glänzten durch flotte Doppelconferencen, durch eine humorvolle Körpersprache und eingespielter Routine. Die ausgebildeten Schauspieler Adrian Engels und Markus Riedinger stehen schon seit langer Zeit auf den angesagten Kabarettbühnen.

    Völlig anders tritt Friedemann Weise auf, der den „Hölzernen Besen“ gewann. Sein Programm zwischen Politik und Privatem kommt beim Publikum gut an.

    Er schlüpft in die Rolle eines angetrunkenen, bekifften Anarchisten oder in die eines etwas weggetretenen Gitarristen. Er ironisiert, dass er zehn Berufe ausprobiert, vom Lehrer über den Politiker bis zum Metzger, um dann doch auf der Bühne zu landen.

    Die Jury unter der Leitung von Thomas Freitag prämierte die Kabarettisten, die sich am stärksten mit politischer Aktualität beschäftigt hatten. So ging der „Silberne Besen“ an Ingmar Stadelmann. Sein Schwerpunkt: Comedy und Kabarett zwischen Liebe und Hass! Er schwadroniert über ein Buch für Selbstmordattentäter und schlägt gewitzt vor, islamische Terroristen nicht mit Bomben zu bedrohen, sondern mit Schweineschnitzeln zu bewerfen.

    artbild_350_Idil_BaydarDer „Goldene Besen“ war eine umstrittene Entscheidung. Er ging an Idil Baydar, (Bild) Tochter türkischer Eltern. Sie gewann den Preis mit ihrer Kunstfigur, der prolligen Jilet Ayse. Sie spricht das Publikum direkt an, poltert, fragt, wer AfD gewählt hat, tigert über die Bühne, verunsichert mit Anmache ihr Publikum. Da geht es um Flüchtlinge und Integration, über rechte Strömungen in der jüngsten Vergangenheit. Der erste Preis war eine Überraschung, aber mit ihrer frechen und gegenwartsbezogenen Satire hat sie es geschafft. An diesem Abend gingen der Schweizer Alain Frei, Martina Brandl, Massud und Johannes Flöck leer aus.


    Einen Tag später ein völlig anderes Bild, Comedy mit klassischen Gedichten wie „Die Glocke“, vorgetragen von Bernd Kohlhepp & Uli Boettcher unter dem Titel „Der unsichtbare Hund kehrt zurück!“. Das typische Spiel zweier Komiker, die sich ständig wieder ins Wort fallen, weil ihr klassische Vortrag immer wieder durch die pflegebedürftige Tante Friedl unterbrochen wird, die unsichtbar am Rand der Bühne liegt und versorgt werden muss. Ganz besonders stechen die Gesangseinlagen im Elvis-Stil von Kohlhepp hervor. Ein amüsanter Abend, der mehr die begeisterte, die die leichtere Form der Satire bevorzugen. Der kräftige Publikumsapplaus gab ihnen Recht.


    Seit Jahren gibt es hier auch die Froggy-Night. Moderator ist der Zauberer Topas, an seiner Seite ein Prominenter, der interviewt wird und einige Kleinkünstler. Diesmal war Emil Steinberger der Prominente und der Moderator kam kaum noch zu Wort. Emil erzählte und erzählte ohne Punkt und Komma, sehr ungewöhnlich für einen Schweizer. Er streifte seine Vergangenheit vom Postbeamten über den Schauspieler, Regisseur und Autor. Kabarettist wollte er niemals werden, das hat sich einfach so ergeben. Texte bekommt er vor der Premiere gut zur Hälfte auf die Reihe, der Rest ist Improvisation, bis sich das Programm nach 20-30 Vorführungen eingespielt hat. Um 1987 hörte der heute 83jährige mit Kabarett auf, ging 1993 als Mr. Nobody nach New York, begann nach seiner Rückkehr mit Lesungen und kehrt jetzt nach 30 Jahren mit alten und neuen Nummern auf die Bühne zurück. Ein Glücksfall für Kabarettbesucher. Sehr sympathisch wirkt er auf dieser Stuttgarter Bühne, die er bald mal wieder 5 Tage bespielen wird. Karten? Fehlanzeige, die sind schon lange ausverkauft. Als Kleinkünstler ergänzten Michael Gnär, Harry und Jakob, Hans Hermann Tiedke das Programm. Auch diese Künstler kann man im Renitenz mit ihrem kompletten Programm sehen.


    artbild_250_RedelingsZwischen Kabarett und Erzähltheater ist Ben Redelings (Bild) anzusiedeln. Er trat im Merlin auf. Ben ist ein Fußballexperte, der auch schon viele Bücher zu dem Thema veröffentlicht hat. Humorvolle Realsatiren über Fußballer, das meiste ist selbst- erlebt. Ihm reicht ein Stehtisch mit einem Bier, um eine Zuhöratmosphäre zu schaffen. Das Publikum ging begeistert mit und kaufte ihm auch alle Bücher ab, die er in der Pause angeboten hat. Ein unter- haltsamer Abend für alle, die sich für diesen Sport interessieren.



    Das Renitenztheater organisierte auch in der Liederhalle die Stuttgart-Premiere von Konstantin Wecker: „Ohne Warum – Lieder von Mystik und Widerstand“.

    Das er ein toller Liedermacher und Politaktivist ist, wissen wir ja. Das seine Konzerte hauptsächlich von Lehrerinnen besucht werden, hat er auf der Bühne verraten. Aber er fordert und fördert auch junge MusikerInnen. Entweder können sie eine CD auf seinem Label machen oder er nimmt sie mit auf Tour. So sind auch diesmal neben seinen langjährigen Begleitern wie der Perkussionist Wolfgang Gleixner und der Pianist Jo Barnickel, der seit knapp 30 Jahren Wecker begleitet, zwei Überraschungen dabei: Die Cellisten Fany Kammerlander, die auch über eine ausgezeichnete Stimme verfügt, und die Sängerin und Gitarristin Cynthia Nickschas. Wenn sie wie einst Janis Joplin

    „Oh Lord, won't you buy me a Mercedes Benz ?“ anstimmt, zittert der ganze Saal, nicht vor Kälte sondern vor Begeisterung. Diesmal dauerte das Konzert nicht 4 bis 5 Stunden, sondern nur die Hälfte, trotzdem tosender, lang anhaltender Applaus auch für seinen aktualisierte Version von „Die Gedanken sind frei“!


    artbild_250_GalgenstrickeNach 2 Jahren – ihr üblicher Rhythmus – feierten die Galgenstricke in Esslingen (Bild) wieder mal Premiere. Scharfe Politsatiren von Erich Koslowski, muntere Musikattacken mit 30 bis 40 Melodien pro Song von dem satirischen Pianisten und Gitarristen Herbert Häfele. Viele Soli, die immer mal wieder von den Duos umrahmt werden. Ein locker flockiges Programm, bei dem man enttäuscht ist, wenn es schon nach 2 Stunden aufhört. Natürlich gab es auch wieder jede Menge Zugaben und alle Gäste wurden auf ein Glas Sekt und Fingerfoot eingeladen. Ein Geheimtipp für TV-Sender und Theater, die kein eigenes Ensemble haben!


    Noch eine Premiere. Im Stuttgarter Theaterhaus fand ein umjubelter Abend mit Gauthier Dance statt: NIJINSKI, ein Ballett von Marco Goecke, der auch Regie führte.

    Dargestellt wird das Leben des Ausnahmetänzers. Das Ganze ist eine Produktion des Theaterhauses e. Herausragend Rosario Guerra in der Hauptrolle als Waslaw Nijinski!


    Redaktion:
    Bruno Schollenbruch

    2016-07-04 | Nr. 91 | Weitere Artikel von: Bruno Schollenbruch





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