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    Bernd Giesekings satirischer Jahresrückblick - "Ab dafür"

    Ab dafür! Der satirische Jahresrückblick 2015

    Bernd Gieseking

    bernd22016 begann fulminant. Til Schweiger hat uns ins neue Jahr geschossen. Ein Super Tatort – es wurden Handys erschossen. Für die, die es nicht gesehen haben – schlechte Nachrichten am Ende von Teil 1: Helene Fischer ist tot!!

    2015 war ein verrücktes Jahr. VW hat die Abgaswerte manipuliert. Unfassbar. Ein Weltunternehmen bescheißt! Das ist, als ob die Fifa korrupt wär.

    Die Experten für Brandschutz am neuen Berliner Flughafen waren gar keine! Der Berliner Tagesspiegel schrieb dazu: „Naja, eigentlich ist es ja auch kein Flughafen!“ Was für ein Jahr!

    Albert Einstein hat gesagt: „Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die menschliche Dummheit. Aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“

    Die Frage ist doch immer– sind wir bei die Guten oder die Bösen?
    Beim Sommermärchen, der WM 2006, da waren wir Deutschen die Guten. Jetzt ist das Sommermärchen wohl gekauft. Das ist böse!!

    Unser Schäuble wollte die Griechen aus der EU und aus dem Euro werfen. Grexit! Aber da kommen die Asylsuchenden zuerst an! In der Griechenland-Frage waren wir Deutschen die Bösen.

    Seit Tausende ehrenamtlich den Asylsuchenden helfen, seit Merkel sich klar positionierte, seitdem sind wir wieder die Guten.

    Wir haben nicht nur die Gelben Engel, den ADAC, wir sind plötzlich ein Volk voller Engel. Ich meine das ernst - die Welle der Hilfsbereitschaft gegenüber Flüchtlingen ist überwältigend!

    Ein Irisches Sprichwort sagt: "Ein Fremder ist ein Freund, den man nur noch nicht kennt!“

    Und die Kanzlerin hat gesagt: „Wir schaffen das!“ Und Seehofer hat gesagt: „Ja! Aber ich will das nicht!“

    Die Auseinandersetzung zu diesem Thema geht in Deutschland durch Betriebe, Freundeskreise und Familien. Und wir dürfen nicht fliehen vor der Auseinandersetzung. Und die Attentate von Paris machen auch die Notwendigkeit von Flucht nur noch sichtbarer.

    Wir dürfen diesem Mob nicht weichen, die schon stolz skandieren:
    Wir sind das Pack! Auf jeden Fall sind nicht sie das Volk.
    Aber wir sind eben auch das Land mit HoGeSa und Pegida.
    Aber wir dürfen nicht allein nach Dresden schauen.

    Die Bürgermeisterkandidatin von Köln wurde fast ermordet. Henriette Reker lag auf der Intensiv-Station, schwer verletzt von einem rechtsradikalen Attentäter. Nur 40 % der Kölner gingen zur Wahl.

    60 % der Kölner blieben also zu Hause. Die bastelten wohl lieber an den Karnevalskostümen zur nächsten Session, denn die begann ja schon am 11.11. Und da singt der Kölner wieder: „Da simmer dabei! Dat es prima!“ Nur nicht bei der Wahl. Da haben die Kölner gedacht: „Ach die Karawane zieht weiter! Kölle Alaaf!!“

    Wir erleben blinde Wut, einen menschenverachtenden Fremdenhass. Eine schreckliche „das wird man ja wohl noch sagen dürfen Stimmung“ macht sich breit und meldet sich zu Wort. Ein fatal geschickte Nazi-Szene instrumentalisiert selbst Familien und Kinder. Facebook bietet ihnen die Plattform. In Dortmund posteten die Rechten Todesannoncen mit dem Namen von kritischen Journalisten.

    Radikale Rechte agieren und agitieren schon lange und formieren sich gegen die Schwächsten der Schwachen. Inzwischen folgten längst den Worten Taten. Häuser brennen, Asylsuchende werden mit Baseballschlägern zusammengeprügelt, freiwillige Helfer werden angegriffen. Es wurde auf ein Haus mit Asylsuchenden geschossen.

    Wenn ein Politiker Stellung bezieht, wie Merkel und Gabriel es getan hat, hängt man sie an Galgen. Und hinter diesem Galgen marschieren hunderte und tausende und skandieren: Lügenpresse. Es gibt Bombendrohungen. Morddrohungen. Fast täglich brennen Unterkünfte. Nun auch bewohnte. Die ersten Menschen brannten.

    In diesen Unterkünften leben auch Kinder, die ohnehin traumatisiert von der Flucht hier ankamen. Das macht den Angriff auf die Erwachsenen dort nicht weniger schlimm. Das alles sind Angriffe auf die Zivilgesellschaft. Das ist Terrorismus.

    Beim Deutschen Karikaturenpreis 2015 – ich moderiere den seit sieben Jahren in Dresden - gewann den ersten Preis Reiner Schwalme. Er zeichnete eine Amtsstube. Dem Beamten gegenüber sitzt ein Asylbewerber. Der Beamte, leicht feist, lehnt sich zurück und sagt zu seinem dunkelhäutigen Gegenüber: „So, Sie werden also in Ihrer Heimat verfolgt! Ja, denken Sie etwa, das wird hier anders sein?“

    Das alles ist dramatisch. Aber manchmal machen sich diese Rechten auch selber lächerlich und das ist schön. Am Montag vor Weihnachten traf sich die Pegida in Dresden zum Absingen von Weihnachtsliedern. Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes. Sie sangen „Alle Jahre wieder“, „Stille Nacht, heilige Nacht“ und „Oh du Fröhliche“.

    Es mussten Noten und Textblätter ausgeben werden. Und sie kamen trotzdem nicht über die erste Strophe hinaus. Soviel zu Kulturverbundenheit und Kenntnis der Patrioten mit und von deutschestem Liedgut! Wir sollten über Ausbürgerungen nachdenken.


    Themenwechsel: Am 7. Januar wurde ein Anschlag auf Charlie Hebdo verübt, auf die Redaktion der Satirezeitschrift in Paris verübt wurde. Eine Welle der Solidarität erhob sich. Über all hieß es: Je suis Charlie!

    Da wurde mit Mord auf Wort geantwortet. Wenn auf Papier mit Kugeln reagiert wird, ist es der überflüssige Beweis, wie nötig das Wort oder die Zeichnung waren. Wie nötig sie sind. Wie wichtig diese kritische Kunst ist, auch als ein Symbol eines freiheitlichen Denkens. Es gab weitere Attentate, ein russisches Flugzeug, die Anschlagserie in Paris. Auch die Absage des Fußballländerspiels in Hannover.

    Es ist schwer, Worte zu finden. Wir dürfen nicht nachlassen, uns gegen jede Form von religiösem Wahn und Fundamentalismus, gegen Barbarei, Gewalt - und gegen Denkverbote - zu wehren – mit Worten, mit Zeichnungen, im Streit - aber nie mit Gewalt.

    „They might have the guns, we have flowers!“ Mit diesen Worten tröstete ein Vater in Paris sein ängstliches Kind nach der Anschlagsserie von Paris.

    Manche vermischen die Anschläge mit den Asylsuchenden. Beides hat aber erst einmal nichts miteinander zu tun.

    Es gibt echte Seltsamkeiten: Drei Wissenschaftlern aus Sri Lanka hat die Dänische Bahn ab Flensburg die Weiterreise verweigert. Man hielt sie für Flüchtlinge, dabei hatten sie Papiere und Fahrkarten und waren auf dem Weg zu einer Konferenz in Stockholm. Zu einer Tagung über künstliche Intelligenz.

    Alle erinnern sich an das Bild des ertrunkenen Kindes, ertrunken auf der Flucht. Die Bild-Zeitung druckte das großformatig, formatfüllend. Diese Art des in Anführungszeichen „Journalismus“ wurde zu Recht hart kritisiert. Bild schlug zurück. Sie druckte eine ganze Ausgabe ohne Fotos. Überall wo sonst die Pressefotos sind, war nur eine weiße Fläche in der BILD. Und ich habe gedacht: „Ja! Das ist ein guter Anfang. Jetzt noch ohne Text!“

    Die CSU forderte vor einem Jahr, dass zu Hause in Deutschland Deutsch gesprochen wird, eine Sprache, die 82 % ihrer Wähler noch nie gesprochen haben.
    Es ist eine verrückte Welt!
    Viele taumeln und tümeln, Pegida-Demos in Sachsen, einem Bundesland, in dem nur etwa 3 % Ausländer leben. Im Schnitt sind das 9,2.

    Und nur ein geringer Teil von denen wieder glaubt an den Islam. Und die Menschen haben Angst vor einer Islamisierung? Aber nicht vor internationalen Handelsabkommen? Nicht vor Monopolen und der Finanzwirtschaft? Verrückte Welt.

    Es wird eine gewaltige Bildungsanstrengung werden, wenn wir diese Menschen irgendwie wieder für diese Gesellschaft gewinnen wollen.
    Bildung ist der Schlüssel zu allem. Für die Flüchtlinge, die kommen. Für jeden Bürger Deutschlands, der hier aufwächst!

    Meine Lieblingskarikatur in diesem Wettbewerb übrigens ist von Harm Bengen. Ein Rechtsradikaler, ein Skinhead, ist im Weihnachtsladen und will eine Krippe. Er zeigt auf eine, mit Josef, Maria, Jesus, den heiligen drei Königen, und den Tieren.
    Er sagt zum Verkäufer: „Hammse die Krippe auch ohne Flüchtlinge, Juden, Neger und Araber?“ Sagt der Verkäufer: „Nur mit Schafen, Eseln und Ochsen?“

    Und noch eine Zeichnung von TAZ-Zeichner Tom, auch im Wettbewerb in Dresden: Ein Skater und ein Bürger. Ein erboster Bürger. Der Skater mit dunkler Haut. Der Bürger: „Geh gefälligst dahin, wo du her kommst!“
    Sagt der Skater: „Was soll ich in Dortmund?“

    Damit ab nach Dortmund. Auch kulturell ist viel passiert. In Kassel öffnete 2015 die Grimm-Welt. Die Brüder Grimm, die uns quasi zur Nation formten, indem sie unsere Sprache definierten. Sie sammelten nicht nur Märchen, sondern schrieben die erste Grammatik und arbeiteten am ersten Wörterbuch.
    Aber das wichtigste Museum Deutschlands öffnete in Dortmund. Das DFB-Museum.

    Das deutsche Fußballmuseum. Es nennt sich selber „Ballfahrtsort“! Die Sünder Beckenbauer und Netzer, die man als Brautführer erwartet hatte, waren aber gar nicht erst gekommen. Aber solange nicht Kaiser Franz diese Schwelle übertreten hat, kann das Haus nicht als eröffnet gelten. Man spürt sofort die fehlende Aura. Wie eine Kirche geweiht werden muss, so braucht dieses Haus Besuch und Segen des Kaisers.

    Immerhin gibt es eine Vitrine allein mit kaiserlichen Devotionalien, auch mit dem legendären Hairmatic-Selbsthaarschneider aus der Werbung.
    Es gibt den Fußballschuh von Mario Götze! Da könnte man sich auch gleich für den „Trierer Rock“ interessieren. Das ist angeblich die Unterwäsche von Jesus! Hab ich mir auch angesehen. Da ist nicht ein Mottenloch drin, dabei ist das Zeug 2000 Jahre alt! Wer es glaubt, wird selig! Ein Vaterschaftstest von Beckenbauer, das wär was gewesen. Aber Bälle voller Autogramme?

    Hauptsächlich geht es in diesem Museum um Bezahl-Fußball, wie man schon am Eintritt merkt. 17 Euro!!

    Ein Raum ist „Schatzkammer“ betitelt und hier stehen die vier Weltpokale.
    Ich fragte die Aufsicht: „Die sind aber nicht echt, oder?“
    „Nein“, sagt sie, „das sind Zweitoriginale!“

    Es gibt viel Beklopptes auf der Welt, Fußball ist dabei führend. Ein gruseliger Sport. In Deutschland ist er beliebt wie keine andere Sportart. Kein Wort im ganzen Museum darüber, dass dieser Sport in den Bundesligen nur noch bewacht stattfinden kann. Profispiele können nur noch unter Polizeiaufsicht stattfinden. Jedes Wochenende müssen Hundertschaften ausrücken, weil man Fußballfans nicht alleine lassen kann.

    Schiedsrichter selbst in der Kreisklasse müssen beschützt werden. Bei Jugend- und Kinderspielen müssen jugendliche Schiedsrichter geschützt werden vor durchgeknallten Eltern. Aber wir lehren unseren Kindern in Deutschlands Sportart Nummer eins das taktische Foul! Wenn du die Regel verletzt, gewinnst du das Spiel. Kein Wunder, wenn wir das den 12 jährigen beibringen, wenn die als 57-jährige die Abgaswerte bei VW manipulieren!

    Das alles kontrollierte bis vor kurzem Herr Blatter, Schweizer übrigens. Er hat 2006 das Bundesverdienstkreuz bekommen.

    Das wußte ich gar nicht. Blatter hatte diese Verleihung übrigens nicht nur angeregt, sondern gefordert. Er erwarte das, steht in Gesprächsnotizen des Bundeskanzleramts von 2005.

    In den Statuten fürs Bundesverdienstkreuz steht: "Wer seine eigene Auszeichnung anregt, kann nach den ordensrechtlichen Vorschriften nicht mit einer Verleihung des Verdienstordens rechnen." Um jemandem eine Auszeichnung abzuerkennen, müsse in der Regel eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe vorliegen. Mit anderen Worten: Wir haben es bald zurück!

    Für all das gilt der alte Gerd-Müller-Satz, er steht an der Wand des DFB -Museums:
    „Wenn’s denkst, ist eh zu spät!“

    Wir hatten ja auch jede Menge Staatsgäste. Im Juni kam die Queen von England. Die Queen wurde empfangen vom Bundespräsidenten und bekam dort ein Geschenk. Ein Bild! Ein Gemälde. Sie auf einem Pferd, als junges Mädchen, das Pferd am Zaumzeug gehalten von ihrem Vater. Das Pferd gemalt in blau, eine unschickliche, quatsch eine ganz miese Anspielung der Malerin auf den Gin-Verbrauch der Queen.

    Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, sagt der Volksmund. Aber Deutschlands grausamster Herrscher Gauck zwang die englische Königin Elisabeth die Zweite und ihren Mann, sich diesen geschenkten Gaul ausgiebig zu betrachten. Queen Mum hat in ihrem Leben schon viel hässliches gesehen, zum Teil selber geboren, aber dieses Bild übertraf sogar das Passfoto von Prinz Charles. Beinah fassungslos standen Elisabeth und Philip fast endlose drei Minuten stumm vor Leidenfrosts bläuer Mähre.
    Dann grinste Philip und sagte: „Queenie! Let’s bomb them again!“

    Let’s bomb them! Das tun wir nun auch wieder. Wir ziehen in den Krieg. Gegen den IS. Also, Ursula reitet mit uns in den Krieg, also mit allem, was noch fliegen kann, reiten wir in den Krieg! Viel ist das aber nicht!!

    Von 93 Tornados sind nur 66 in Betrieb. In Betrieb heißt aber nicht, dass sie fliegen!
    Da springt nur der Motor an! Nur 29 fliegen auch.
    Von 63 Transporthubschraubern CH-53 fliegen nur 18
    Von 28 Transporthubschraubern NH 90 fliegen nur 5

    Außerdem müssen zwei Pferde von Ursula neu beschlagen werden. Und ihr linker Absatz hätte es auch nötig. Wollen wir so nach Syrien?

    Ich bin eigentlich Radikalpazifist. Kriegsdienstverweigerer. Ich dachte schon, dass sei als Haltung nicht durchzuhalten, böse wie die Welt in Teilen nun mal ist. Aber dann lese ich im November: Bewaffneter Überfall auf eine Tankstelle in Thüringen. Täter wurde mit einem Wischmopp vertrieben. Vielleicht gibt es also doch noch andere Möglichkeiten.

    Fast schon abschließend noch meine Lieblingsmeldung aus dem Dezember: Das Gehalt von Bahnchef Grube und der anderen Vorstandsmitglieder der Bahn soll an die Pünktlichkeit der Züge gekoppelt werden. Wenn das stimmt, sind die jetzt schon kurz vor Hartz 4!

    Das Jahr hat 365 Tage und fast jeder Tag produziert mindestens eine neue Schlagzeile! Ein Auftritt hat aber nur 90 Minuten, dieser Text noch weniger, nur ein paar Tausend Zeichen! Was tun? Der Anruf von Helmut Schmidt, das Tagebuch von Joachim Sauer, das Treffen mit Totilas sind auch nicht fürs Lesen geschrieben sondern für die Bühne. Die Seehofers, den Dobrindts und Söders lass ich auch mal raus, mit denen muss ich jährlich Tage und Wochen verbringen! Zu denen will ich manchmal einfach gar nichts mehr schreiben und das wird man doch wohl mal sagen dürfen!! Soll ich hier einen One-Liner den nächsten jagen lassen? Ach, kommt einfach in eine meiner Aufführungen – und sei es zum Jahresrückblick 2016!!

    Zusammengefasst: Es war ein fürchterliches Jahr. Und Angela war unsere letzte Konstante. Aber die Silvesternacht ändert die Diskussionen – und Angelas Stellung wohl auch – gehört aber zum Rückblick 2016!! Da darf ich noch drüber nachdenken! Seit ewigen Zeiten regiert uns Angela Merkel als Kanzlerin von Deutschland. Für die meisten Bürger länger, als sie denken können.
    Konfusion, der große ostwestfälische Weise prophezeit: „Die Saurier haben nicht halb so lang überlebt wie Angela Merkel.“
    Die britische Tageszeitung Times wählte kurz vor Weihnachten Merkel zur Person des Jahres 2014. Die Times sagte, sie hielten sie für unverzichtbar. Und die Times hofft, dass sie 2017 wieder zur Wahl antritt. Das hoffe ich auch! Aber in England.

    Dann wär sie weg. Wir sind hier aber sowieso schon von allen guten Geistern verlassen. Noch nie war so viel Verlust. Kai Diekmann ist nicht mehr Chefredakteur der BILD Zeitung. Dr. Müller-Wohlfahrt verließ die Bayern. Günter Jauch hörte mit seiner Talkshow auf. Gregor Gysi hat den Fraktionsvorsitz abgegeben. Jürgen Klopp ist nach England gegangen. Stefan Raab hat aufgehört, der kreativste und Fernsehmacher seit Rudi Carell und Frank Elstner.
    Der für mich traurigste Abschied ist das Ende von „Pelzig hält sich“, die grandiose Talkshow von unserem Kollegen Frank Markus Barwasser.

    Und viele starben. Ulrich Beck und Udo Lattek, Karl Moik und Günter Grass. Unsere Kollegen Walter Mossmann und Christof Stählin. Pierre Brice, der deutscheste Franzose, den es je gab. James Last und Max Greger, Max Kruse, Egon Bahr und Helmut Schmidt. Helmut Karasek und Harry Rowohlt. Und in der Lindenstraße, zum 30. Jubiläum der Fernsehsendung starb Erich Schiller, gespielt von Bill Mockridge.

    Ach, Harry Rowohlt!!! Viele kennen ihn als den Penner in den Lindenstraße. Aber viele kennen ihn auch als Autor, noch viel mehr als Übersetzer wichtiger Werke wie „Die Asche meiner Mutter“, und viele als Vortragskünstler.
    Als Übersetzer ein Genius, als Mensch ein wahrer Kumpel. Schnief! Wie traurig!
    Harry Rowohlts „Lesungen“ waren die Sternstunden deutscher Erzählkunst. Er war ein Meister der Abschweifung. Und trank bis vor 10 Jahren pro Abend eine Flasche Whiskey auf der Bühne plus ein paar Bier oder Wein. Und wie wir wissen, er trank die leer!! Ohne dass sich seine Artikulation veränderte. Mir hat das imponiert! Er nannte das auch nicht Lesung, sondern „Schausaufen mit Betonung.“ Über den Jahreswechsel sagte er. „Silvester oder wie wir Profi-Trinker sagen: Die Nacht der Amateure!“
    Der sitzt nun da oben mit Heinrich Pachl, Hanns Dieter Hüsch, der vor 10 Jahren starb und Matthias Beltz, der dieses Jahr 70 geworden wäre. Schicken wir Grüße nach zu ihnen!

    So, das war’s jetzt. Also fast. Liest überhaupt noch jemand? Ein Resümee?

    Konfusion, der ostwestfälische Weise sagt:
    Du musst dich nicht um’s Morgen sorgen,
    wirklich schlimm wird übermorgen!


    Bernd Gieseking

    Seit 22 Jahren schaut er zurück. Ab dafür! Die Idee hatte damals Achim Frenz, heute Direktor des Museums Caricatura in Frankfurt, Museum für komische Kunst. Damals überredete er Gieseking, zwei Abende mit Radiotexten aus dem laufenden Jahr im Rahmen einer Caricatura Ausstellung zu machen. Der arbeitete damals für den WDR, u.a. für die „Unterhaltung am Wochenende“, „Zugabe“ und andere Formate und war Teil des Ensembles von „Das War’s! War’s das?“ auf HR 2, mit Thomas C. Breuer, Henning Venske und Urban Priol. Mit Thomas, Wendelin Haverkamp, Lydie Auvray & Band produzierte Bernd ein paar Jahre lang Rückblicke für WDR 5. Inzwischen ist die Zahl der Rückblicke auf Bühnen und in den Medien unüberschaubar geworden. Er selber ist auch weiter auf Tour. Dies war ein Ausschnitt, ein kleiner Blick auf den Rückblick 2015!

    Alle Infos: Bernd-Gieseking.de



     



    anz_195_Konzertina_full415|6518 TG: Monsieur Momo -TIMO_Lesniewski . Straßentheater. Clownerie . Walk Act . Varieté [mehr Infos] 
    2016-01-04 | Nr. 89 |





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